Wissenschaft

#Widerspricht Staatssekretär Franke seinem Minister? – Gesundheits-Check

Heute war die Petition der Homöopathen zum Erhalt der Homöopathie als Kassenleistung im Petitionsausschuss des Bundestags. Dazu ein paar Eindrücke:

Eingangs trug Dr. Stefan Schmidt-Troschke für die Petenten die gängigen Argumente der Lobby vor: Die Menschen wollen Homöopathie, sie haben damit gute Erfahrungen gemacht, Homöopathie sei kostengünstig, es gäbe Evidenz, man nehme den Menschen Wahlfreiheit, die Kassen würden auch andere alternative Methoden erstatten.

Kein Wort von ihm dazu, dass viele Menschen auch keine Homöopathie wollen, dass viele auch keine guten Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht haben, dass Studien nicht wirklich belegen, dass Homöopathie kostengünstig ist und vor allem, dass die Evidenz nicht gezeigt ist, ganz im Gegenteil. Zu alledem kann man den wissenschaftlichen Sachstand beim Informationsnetzwerk Homöopathie nachlesen, ich will das nicht zum hundertsten Mal wiederholen.

MdB Annika Klose, SPD, hat klug nachgefragt, wie es denn mit Blick auf die Präferenzen der Patient:innen um deren Aufklärung beschaffen sei.

Prof. Diana Steinmann, ebenfalls für die Petenten da, gab darauf keine Antwort, dafür hat sie ihre eigenen Erfahrungen als junge Mutter mit der Homöopathie berichtet, die Argumentation der Lobby noch einmal wiederholt, auf ihre biomedizinische Kompetenz verwiesen und betont, die Studien würden der Homöopathie Recht geben.

MdB Simone Borchardt, CDU, plädierte angesichts der geringen Ausgaben der Kassen für die Homöopathie für die Beibehaltung als Kassenleistung und fragte – ernsthaft – nach, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage die Streichabsicht des BMG denn beruhe. Bei solchen Fragen frage ich mich nichts mehr. Anne Liewald, Referentin im BMG, verlas dazu ein schriftliches Info-Statement, alles ganz korrekt.

MdB Corinna Rüffer, Grüne, fragte das BMG, ob es auch andere nicht gut mit Evidenz versehene Behandlungen im Blick habe oder nur die Homöopathie, sowie die Petenten, was das für die sprechende Medizin bedeute. PStS Edgar Franke aus dem BMG ging darauf nicht weiter ein. Frau Prof. Steinmann sprach sich für eine Stärkung der sprechenden Medizin insgesamt aus.

MdB Christian Bartelt, FDP, fragte, wie die Evidenz verbessert werden könnte. Auch eine etwas seltsame Frage. Herr Schmidt-Troschke sprach sich mehr Nutzung von Real-World-Daten aus.

MdB Gereon Bollmann, AfD, sagte wörtlich, Homöopathie sei ja wirksam, weil sie nicht naturwissenschaftlich wirken soll und fragte ebenfalls, wie man für mehr Evidenz sorgen könne. Er führte dann noch das bekannte Argument an, dass Homöopathie auch bei Tieren wirke, wo es doch keinen Placeboeffekt gebe. AfD-Niveau halt.

MdB Sören Pellmann, Linke, fragte die Petenten, ob sie angesichts der von ihnen zitierten Studien die wissenschaftliche Methodik anerkennen und wie sie dann die Bewertung von Jürgen Windeler, Ex-IQWIG-Chef, sehen, der die Homöopathie als spekulativ und widerlegt betrachtet. Herr Schmidt-Troschke hat das als „Meinung“ bezeichnet. Es gehe darum, „harte Forschung“ zu machen. Chapeau! Das muss man sich trauen.

MdB Annika Klose hat in einer zweiten Fragerunde die unterschiedlichen Anforderungen an die Zulassung angesprochen und mit Blick auf die Beliebtheit der Homöopathie, ob es nicht mehr Aufklärung bedürfe. Da war das BMG blamabel schwach: PStS Franke sagte zunächst, die Antworten würden nachgereicht, die Fachabteilung sei heute ja nicht da. Dann ergänzte er, seine Frau sei eine Anhängerin der Homöopathie gewesen. Es sei wichtig, die Menschen auch über die Vorteile (!) der Homöopathie aufzuklären. Viele Menschen hätten positive Erfahrungen gemacht. Homöopathie könne gerade im Bereich der Kindermedizin einiges leisten. Etwas später sprach er sich noch dafür aus, die „ideologischen Schützengräben zu verlassen“. Letzteres war vermutlich nicht an die Homöopathen gerichtet. Mir scheint, Herr Lauterbach hat Gesprächsbedarf im eigenen Haus.

MdB Andreas Mattfeldt, CDU, fragte ebenfalls nach Studien gegen die Homöopathie und dann – aufschlussreich – nach möglichen Insolvenzen von Pharmafirmen durch das Verbot. Dass Krankenkassengelder dafür da sind, Firmen zu helfen, würde er aber vermutlich trotzdem verneinen.

MdB Rüffer griff in der zweiten Runde die subjektive Wirksamkeitsbewertung von PStS Franke noch mal auf und fragte nach, ob die Streichung nun endgültig vom Tisch sei. Franke ging darauf nur ausweichend ein, der Bundestag würde das entscheiden.

Interessant ist vielleicht noch eine Bemerkung von Prof. Steinmann: Man habe doch seit Jahrtausenden Erfahrung mit medizinischen Verfahren und könne jetzt nicht alles nachprüfen, schon gar nicht für jedes einzelne homöopathische Mittel. Abgesehen davon, dass es zur Homöopathie nicht Jahrtausende von Erfahrung gibt (zu welchen Verfahren überhaupt?), gibt es dazu eben genug „Erfahrung“ im Sinn von Studien ohne Wirksamkeitsnachweis über Placebo hinaus, so dass man gute Gründe hat, die Kostenerstattung durch die Kassen zu streichen.

Insofern: Eine Runde mehr auf dem Karussell der bekannten Argumente Pro und Contra, abgesehen von der persönlichen Erklärung von PStS Franke, was den Nutzen von Homöopathie angeht. Wer sich die Anhörung selbst anhören will: Sie soll dauerhaft in der Mediathek des Bundestags verfügbar sein.

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