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#Wie das Eis auf Enceladus bebt

Wie das Eis auf Enceladus bebt

An den berühmten „Tigerstreifen“ von Enceladus rumpelt es: Forscher liefern Hinweise darauf, wie das Schwappen des Ozeans im Inneren des Saturnmonds zu Beben an den Spalten in seiner Eiskruste führt. Aus Untersuchungen an Schelfeis der Antarktis geht hervor, dass die stärksten Erschütterungen durch Dehnungsspannungen im Rahmen von Gezeiteneffekten auftreten. Daraus konnten die Forscher Rückschlüsse auf die seismischen Aktivitäten im Eis des Saturnmondes ziehen. Wie sie erklären, könnten eines Tages direkte Messungen der Eisbeben Aufschluss über die Dicke des Panzers geben, der den potenziell lebensfreundlichen Ozean einhüllt.

In den letzten Jahren avancierte der kleine Saturnmond Enceladus immer mehr zu einem Promi unter den Himmelskörpern unseres Sonnensystems. Denn man geht davon aus, dass sich unter seinem Eispanzer ein Ozean aus flüssigem Wasser befindet. Bemerkbar macht sich das Reservoir durch Eisfontänen, die aus Rissen am Südpol des Mondes austreten. Der Raumsonde Cassini gelang es sogar im Vorbeiflug etwas Wassereis aufzuschnappen, das aus diesen „Tigerstreifen“ genannten Strukturen entweicht. Die Analysen zeigten: Das Wasser ist salzig und enthält organische Moleküle. Damit gilt der Mond als ein potenzieller außerirdischer Lebensraum. Erst kürzlich hat eine Studie neue Hinweise darauf geliefert, dass das in den Wasserdampf-Fontänen nachgewiesene Methan tatsächlich von Mikroben stammen könnte.

Klar scheint: Die möglicherweise lebensfreundliche Wärme im Inneren des Mondes sowie die Risse in seinem Eispanzer sind letztlich auf Gezeitenkräfte zurückzuführen. Während Enceladus seine Bahnen um Saturn zieht, wird er durch die Gravitationseffekte regelrecht durchgeknetet. Dadurch entsteht Reibungswärme und es kommt zu Verformungen und Rissen, aus denen offenbar auch Wasser herausgedrückt werden kann. Es liegt nahe, dass mit dieser geologischen auch eine seismische Aktivität verbunden ist. Detailinformationen zu den möglichen Beben im Eis gibt es aber nicht. „Es fehlen bisher auch direkte Informationen über die Dicke des Eises. Die Erforschung von Eisbeben könnte diesbezüglich Einblicke liefern“, erklärt Kira Olsen vom NASA Goddard Space Flight Center in Greenbelt.

Vergleichender Blick auf Irdisches

Um Hinweise darauf zu gewinnen, wie sich das Eis im Bereich der Tigerstreifen von Enceladus bewegt, wandten sich Olsen und ihre Kollegen der Untersuchung von Beben in den schwimmenden Schelfeisflächen in der Antarktis zu, die den Effekten der Gezeiten ausgesetzt sind. Da einige ihrer Oberflächenmerkmale den Strukturen auf dem Saturnmond ähneln, können sie Rückschlüsse auf Prozesse im Eis von Enceladus ermöglichen, erklären die Wissenschaftler. Im Rahmen ihrer Studie analysierten sie Daten, die von Seismometern entlang des Ross-Schelfeises des südlichen Kontinents gesammelt wurden, und verknüpften diese mit Satellitenbildern der strukturellen Merkmale des dortigen Eises. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf zwei Seismometer, die in der Nähe von großen Rissen auf der Eisplatte platziert waren.

Die Untersuchungen verdeutlichten dabei den Zusammenhang der seismischen Aktivitäten und den Spannungen, die entlang der Risse auftreten. Die meisten Eisbeben traten demnach auf dem Ross-Schelfeis auf, wenn das Eis im Bereich der Risse aufgrund der Wasserbewegungen der Gezeiten gedehnt wurde. Diese Ergebnisse projizierten die Wissenschaftler anschließend auf die Tigerstreifen von Enceladus, die den Rissstrukturen im irdischen Schelfeis auffällig ähneln: Sie entwickelten Modelle, aus denen hervorgeht, welche seismischen Aktivitäten dort auftreten könnten.

Ein Satellitenbild des Forschungsgeländes auf dem Ross-Schelfeis in der Antarktis (oben) zeigt zwei Risse im Eis, die durch Gezeiteneffekte entstanden sind. Unten: Blick auf die Tigerstreifen im südpolaren Terrain von Enceladus. (Bild: AGU/ JGR: Planets)

Es rumpelt und knackst

Aus den Modellen geht hervor, dass der Höhepunkt der seismischen Aktivität an den Tigerstreifen auftritt, wenn sich Enceladus in seiner Umlaufbahn 100 Grad nach der nächsten Annäherung an Saturn befindet. Dabei kommt es in dem Bereich am Südpol offenbar zu starken Dehnungsspannungen. Verantwortlich für diese Belastungen ist den Forschern zufolge, dass sich der Ozean unter dem Eis ähnlich wie Wasser in einem wabernden Ballon verhält. Die Eisbrüche entstehen dann an den Stellen mit der höchsten Belastung. Wenn die Spannungen dort überwiegend kompressiv sind, erreicht die seismische Aktivität nur 50 Prozent der Spitzenwerte, geht aus den Modellsimulationen hervor. Heftig und schlagartig sind die Eisbeben aber auch bei den Belastungsspitzen nicht, betonen die Wissenschaftler: „Es rumpelt und knackst wohl eher fortlaufend im eisigen Untergrund“, so Olsen.

Mark Panning vom California Institute of Technology in Pasadena, der nicht an der Studie beteiligt war, sieht in den Ergebnissen einen wichtigen Schritt zum Verständnis der geologischen Prozesse auf dem geheimnisvollen Saturnmond und darüber hinaus. „Die Studie zeigt Möglichkeiten auf, um zu untersuchen, wie die geologische Aktivität mit seismischen Effekten auf Enceladus und anderen gezeitenaktivierten eisigen Welten verbunden sein könnte: Analogien zu irdischen Strukturen und Effekten können uns Hinweise liefern“, kommentiert der Wissenschaftler.

Abschließend betonen Olsen und ihre Kollegen, dass seismische Daten eines Tages auch wichtige weitere Einblicke in die eisigen Welten mit warmen Herzen geben könnten: „Unsere Ergebnisse sind wertvoll für zukünftige Landemissionen zu Enceladus oder anderen eisbedeckten Welten, wo die seismische Aktivität uns Hinweise liefern könnte, was unter dem Eis liegt“, schreiben die Wissenschaftler.

Quelle: American Geophysical Union, Fachartikel: Journal of Geophysical Research – Planets, doi: 10.1029/2021JE00686

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