Wissenschaft

#Softe Roboter-Muskeln entwickelt

Video: Ausgelöst durch Strom oder Licht, kann das thermoresponsive Hydrogel mit integriertem Graphen-Netzwerk Bewegungsaufgaben erledigen. © Margarethe Hauck

Kräftig und dennoch geschmeidig: Von natürlichen Muskeln inspiriert, haben Forscher Hydrogele in leistungsstarke Motorik-Elemente verwandelt, die sich durch elektrischen Strom oder Wärmestrahlung aktivieren lassen. Das hauptsächlich aus Wasser bestehende Material wurde dazu mit feinen Röhrchen-Strukturen ausgerüstet. Sie ermöglichen schnelle Änderungen des Wassergehalts und damit des Volumens, um Bewegungsaufgaben auszuführen. Das neuartige Konzept könnte nun Entwicklungen in der Soft-Robotik voranbringen, sagen die Wissenschaftler.

Hartes Metall und steife Kunststoffe haben lange die Entwicklung der Robotik geprägt – doch bereits seit einiger Zeit hat dort eine Technologie Einzug gehalten, die sich an den eher sanften Konzepten und Materialien der Natur orientiert: Entwicklungen der Soft-Robotik ermöglichen Anwendungen, die herkömmliche Systeme mit ihren starren Strukturen nicht bieten. Denn sie können mit empfindlichen Objekten umgehen oder sich flexibel und zerstörungsfrei in komplexen Umgebungen bewegen. Dadurch besitzen sie vielfältiges Anwendungspotenzial etwa in der Industrie oder Medizin. Zur Bewegung dieser Systeme kommen Einheiten zum Einsatz, die die Funktion von Muskeln übernehmen. Dabei gibt es bereits Konzepte, die auf pneumatischen oder hydraulischen Effekten beruhen. Ein Forscherteam unter der Leitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) widmet sich hingegen dem Potenzial von Hydrogelen als motorische Einheiten in der Soft-Robotik.

Es handelt sich dabei um Gebilde auf der Grundlage von Polymerstoffen, die enorme Wassermengen aufnehmen können. Sie ähneln damit dem Aufbau und der Konsistenz von Körpergeweben wie Muskeln. Prinzipiell können thermoresponsive Hydrogele auch zu wiederholten Kontraktionen angeregt werden. Ab einer Temperatur von 32 Grad Celsius geben sie Wasser ab und verringern so ihr Volumen um bis zu 90 Prozent. Sinkt die Temperatur, nimmt das Hydrogel das Wasser dann wieder auf und kehrt zu seiner ursprünglichen Größe zurück. „Im Grunde haben diese Hydrogele damit schon das Potenzial, wie ein menschlicher Muskel zu funktionieren“, sagt Erst-Autorin Margarethe Hauck von der CAU. Doch für den Einsatz als weiche Antriebselemente für neuartige Soft-Roboter eignen sich die bisherigen Hydrogele nicht. Denn der Prozess der Volumenänderung ist viel zu langsam für die meisten praktischen Anwendungen.

Feine Kanälchen integriert

Um den Ablauf der Veränderung des Wassergehalts zu beschleunigen und steuerbar zu machen, haben die Materialforscher nun ein Netzwerk aus winzigen Röhrchen in ihre Hydrogele integriert. Die Mikro-Leitungen werden dabei durch Zinkoxid gebildet und verfügen über eine dünne Graphen-Beschichtung. „Unser Ansatz folgt dabei dem Vorbild der Natur“, sagt Seniorautor Fabian Schütt von der CAU. „Pflanzen und Tiere besitzen vernetzte, hierarchisch aufgebaute Kanalsysteme für einen effektiven Stoff- und Flüssigkeitstransport, wie etwa das Kapillarsystem im Menschen. Nach diesem Prinzip können wir auch die Eigenschaften von weichen Materialien verbessern“, sagt Schütt.

Wie die Forscher erklären, kann das Wasser durch die miteinander verbundenen Röhrchen sehr effektiv aus dem Hydrogel ab- beziehungsweise hineinfließen und ermöglicht so eine schnelle Änderung des Volumens. Die Graphen-Beschichtung des feinen Netzwerks macht es außerdem elektrisch und thermisch leitfähig. So können die Forscher das Hydrogel durch Strom oder Strahlung effektiv erwärmen und somit die Volumenänderung auf Knopfdruck steuern. „Damit lässt sich das Material deutlich schneller als bisher verkleinern und vergrößern“, sagt Co-Erstautorin Lena Saure von der CAU. Schütt ergänzt dazu: „Dies ist ein entscheidender Aspekt, wenn es um die praktische Anwendung solcher weichen Aktoren geht. Wir arbeiten nun auch daran, diesen Prozess weiter zu beschleunigen“.

Durch Strom oder Licht aktivierbar

Das Team konnte die Leistungsfähigkeit des Konzepts bereits durch Beispielanwendungen verdeutlichen. So kann etwa ein Greifer aus diesem Material durch Aktivierung mittels Lichtenergie einen Gegenstand packen, anheben und durch die Abkühlung anschließend wieder freisetzen. „Dies verdeutlicht, dass die Steuerung des Materials auch kabellos und sehr flexibel funktionieren kann“, sagt Saure. Das Hydrogel zeichnet sich auch generell durch seine Anpassungsfähigkeit aus, betonen die Entwickler: Ein anderer Aufbau der inneren Röhren oder eine höhere oder niedrigere Konzentration des Graphens verändern die Reaktionszeiten oder die ausgeübten Kräfte.

„Zum ersten Mal können wir ein Hydrogel sowohl mit Geschwindigkeit als auch mit Kraft bewegen. Zusammen mit seinen responsiven Eigenschaften, mit denen es selbstständig auf äußere Reize reagiert, bringt uns das einen entscheidenden Schritt näher zu intelligenten, leistungsfähigen Materialien für die Soft-Robotik“, sagt Co-Autor Rainer Adelung von der CAU. Durch die gewebeähnlichen Eigenschaften des Hydrogels sehen die Forscher dabei vor allem Anwendungspotenzial im medizinischen Bereich: etwa in der assistierten Chirurgie oder in der künstlichen Gewebekonstruktion.

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Fachartikel: Fachartikel: Advanced Materials doi: 10.1002/adma.202302816

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