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#Wie die Currywurst zum Symbol eines Kulturkampfs wird

Wie die Currywurst zum Symbol eines Kulturkampfs wird

Ein Raunen ging durch die Republik: VW will die Currywurst mit Pommes abschaffen. Beim genauen Hinsehen handelte sich um eine einzige Kantine, die ihr Angebot auf vegetarisch umstellt – ansonsten wird das klassischste aller deutschen Fast-Food-Gerichte weiterhin serviert. Von einem Niedergang der Wurst ist also noch nichts zu sehen. Die Aufregung in den sozialen Medien war trotzdem gewaltig und es machten sich Fronten auf, die einen kulturellen Spalt ahnen lassen, der sich durch die Gesellschaft zieht. Ein Kommentar von Jacek Slaski.

Wurst des Anstosses: Currywurst mit Pommes. Foto: Imago/Schöning
Wurst des Anstosses: Bei VW soll die Currywurst mit Pommes verschwinden. Foto: Imago/Schöning

Currywurst mit Pommes Schranke: Gemeinsamer Nenner

Dafür ist Herta Heuwer nicht gestorben! Die legendäre Berliner Imbissbetreiberin hat irgendwann in den 1950er-Jahren erstmals ihre Spezialcurrysoße auf eine Brühwurst geklatscht und gilt seitdem als Erfinderin der Currywurst. Kein anderes Gericht, außer dem Döner, hat Berlin seitdem derart nachhaltig geprägt. Currywurst und Pommes Schranke, also mit Ketchup und Mayo, sind so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner der Alltagsernährung. Eine Selbstverständlichkeit, die sich nicht nur in der Stadt, sondern im ganzen Land etabliert hat. Ein Siegeszug.

Doch plötzlich wird sie in Frage gestellt. Angefangen hat alles vor wenigen Tagen, als eine Nachricht für Schlagzeilen sorgte und heftige Debatten auslöste. Der Grund ist die Entscheidung einer einzigen VW-Kantine, auf die Currywurst zu verzichten. Sie steht nach einer Lesart für den „alten weißen Mann“. Sie ist also überholt, konservativ, ungesund, schädlich, unangenehm. Ganz so wie Verbrennermotoren, Zigaretten und lineares Fernsehen. Ein Relikt der Vergangenheit (auch, wenn wir an Berlins besten Currywurst-Buden auch immer noch gern einkehren, zugegeben).

Schnell melden sich die Betroffenen, also alte weiße Männer, zu Wort. Warum soll etwas was früher gut war, nicht mehr gut sein? Die linksgrüne Diktatur will uns nun auch die Wurst nehmen. So und ähnlich lauten die Argumente der wurstkonservativen Fraktion, auf der anderen Seite steht die „woke“ Generation. Junge Menschen, die das Gendersternchen gut finden, Fleischkonsum ablehnen und innovative Geschlechtskonzepte pflegen. Junge gegen Alte, fortschrittlich gegen rückwärtsgewandt, das sind die Positionen. Über dem Diskurs schweben die Kritik an Tierhaltung und die Gefahren des Klimawandels.

Die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Ob neue Mobilitätskonzepte, Geschlechterpolitik, Energieerzeugung oder eben Ernährung, auf all diesen Feldern wird es zwangsläufig gewaltige Umbrüche geben. Alles ist im Fluss, hat mal ein kluger Geist gesagt, Veränderung lässt sich nicht aufhalten, das ist ein evolutionäres Gesetz. Sonst würden wir ja immer noch mit Holzspeeren nach Mammuts werfen und in Höhlen hocken. Das ist weder gut noch schlecht, das ist einfach so.

Wir können weniger Wurst essen oder gesündere Wurst

Was sich aber mit Veränderungen tun lässt, ist diese zu gestalten. Wir können weniger Wurst essen oder gesündere Wurst, wir können Wurstbuden als Kulturgut ansehen so wie Opernhäuser und Sprechtheaterbühnen, die ja angesichts von Filmen, Serien und digitalen Angeboten, theoretisch auch als Auslaufmodelle abgewickelt werden könnten. Aber wir wollen das nicht, wir wollen bestimmte kulturelle Errungenschaften erhalten und das ist gut so.

Denn nicht alles was einst gut war ist heute zwangsläufig schlecht, da haben die alten weißen Männer nicht unrecht. Und nicht alles was neu ist ist automatisch gut. Auch das ist ein Irrtum. Doch die Wurst wird wohl irgendwann in Zukunft eine andere Rolle haben, auch wenn sie erst einmal in nur aus einer VW-Kantine verschwindet, steht sie auf dem Prüfstand. Es liegt an uns, die Sachlage genau zu prüfen und in einem Konsens, der möglichst beide Perspektiven einschließt, zu finden.


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