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#Wie es echt nicht gewesen sein kann

„Wie es echt nicht gewesen sein kann“

Ein Klassiker unter den Betrübnisgründen für Menschen, denen es sonst eigentlich ganz okay geht, betrifft die Qualität heutigen Handwerks. Ein guter Klempner ist ja kaum mehr zu bekommen, nicht zu reden von einem Bäcker, der weiß, was ein Teig ist. Und gibt es den Beruf des Maurers überhaupt noch?

Eine neue deutsche Komödie wagt zu dieser Klage nun einen lustigen Befund: In „Die Geschichte der Menschheit (leicht gekürzt)“ von Erik Haffner sind die Könner mit den geschickten Händen entweder schon vor sehr langer Zeit in China verloren gegangen (wo sie mit Berliner Schnauze die Themenverfehlung bei der Errichtung eines sehr bescheidenen chinesischen Mäuerchens verteidigen), oder aber sie schrauben im Weltraum planlos an etwas herum, gleichsam „Dark Star“ im eigenen Oberstübchen bei Horst Konopke und seinem Kollegen Jürgen. Gute Handwerker sind also überall, nur nicht hier und jetzt in Deutschland.

Es ist verführerisch, diesen Verdacht gleich auch auf den Film anzuwenden, der ihn mit Witzigkeit bekräftigt. Denn das Metier, in dem man Menschen zum Lachen zu bringen versucht, ist ja in hohem Maß von ähnlichen Tugenden geprägt, mit denen ein Schreiner sein Material bearbeitet – oder der Schmied ein glühendes Eisen? Humor beruht sicher bis zu einem gewissen Grad auf Inspiration (oder auf einem Impuls aus dem Unbewussten). Wenn aber ein Vollprofi des deutschen (Fernseh-)Unterhaltungsbetriebs wie Erik Haffner sich über die Geschichte der Menschheit hermacht, muss man eher von glühenden Bleistiften ausgehen und viel Radiergummi, bis alle Gags so sitzen, dass man sie der deutschen Lachenmacherprominenz für Kurzauftritte vorlegen kann.

Falco hätte das vielleicht gerockt, aber Alexander Schubert sieht nicht aus, als ob er sich in der Vergangenheit wirklich locker machen möchte.


Falco hätte das vielleicht gerockt, aber Alexander Schubert sieht nicht aus, als ob er sich in der Vergangenheit wirklich locker machen möchte.
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Bild: Pantaleon Films/Warner Bros

In den Sketchen, aus denen „Die Geschichte der Menschheit (leicht gekürzt)“ besteht, machen jedenfalls bis auf die auffällig fehlende Anke Engelke und den sonst oft durchaus branchensolidarischen Solitär Michael „Bully“ Herbig gefühlt alle mit, die in den letzten Jahren die einschlägigen Formate bevölkert haben. Erik Haffner kommt auch aus dieser Ecke, er war bei „Ladykracher“ dabei oder bei „Pastewka“, der Kinofilm wäre jetzt also, um im Bild zu bleiben, sein Gesellen- oder gar sein Meisterstück. Beim Drehbuch ist ihm Chris Geletneky zur Hand gegangen, der auch als Creative Producer geführt wird, Roland Slawik und Claudius Pläging haben weitere Autoren-Credits. Man kann sich also einen Schreibraum mit vier Männern vorstellen, die vor der Frage saßen: Wo fängt man bei einer Geschichte der Menschheit am besten an, vorne oder hinten?

Das Gag-Potential wird ignoriert

In diesem Fall entschied man sich für weiter hinten bis sehr weit vorn, je nachdem wie man das hier zählen möchte. Christoph Maria Herbst spielt einen Wissenschaftler der NASA, der Außerirdischen als Hologramm aus dem Jahr 1977 erscheint. Damals wurde eine Sonde auf den Weg gebracht, die eine goldene Schallplatte enthielt, auf der die damalige Menschheit ihre besten Errungenschaften eingraviert hatte. Dass auf dieser auch der UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim zu hören ist (so sie jemals irgendwo abgespielt wird), hat im Grunde Gag-Potential, wird von Haffner und Co. aber ignoriert.

Stattdessen hebt nun, vor drei putzigen Aliens, die wie aus Disney plus gestohlen wirken, eine Leistungsschau der Menschheit an oder ein Durchlauf durch die Stationen der Zivilisation in episodischer Form. Da wird dann zum Beispiel eine frühe Weichenstellung der Evolution (zwischen maskulinistischer Dämlichkeit und genderbalanciert progressiver Gruppendynamik) durch Steinschlag entschieden. Oder die drei Stars der antiken Philosophie geben ihre Weisheiten im Stil eines Popkonzerts zum Besten – in acht Minuten, ohne Zugabe, und Axel Prahl macht als Sokrates den Frontmann. Oder Michelangelo erregt mit einem David einen Skandal, bei dem das Membrum so deutlich erigiert ist, dass man es für ein Sexspielzeug halten könnte – welchselbiger Zweck sich schließlich auch nahelegt, nachdem es versehentlich abgetrennt wird.

Dass die Titanic in jener schicksalhaften Nacht von einer Schnupper-Praktikantin gesteuert wurde, ist ebenso exklusives Humor-Wissen dieses Films wie der Umstand, dass bei den Planungen für das Attentat auf Adolf Hitler auch jemand mit am Tisch saß, der meinte, es ginge um eine tatsächliche und auf Gelingen ausgerichtete Geburtstagsfeier für den „Führer“.

Aus solchen Konfusionen ergibt sich in guten Fällen etwas Lustiges oder zumindest etwas Abgründiges, wie bei den unverkennbaren Vorbildern für Haffner, bei Monty Python. Aber auch nur in die Nähe eines legendären Sketches wie desjenigen über den tödlichen Witz kommt „Die Geschichte der Menschheit (leicht gekürzt)“ in keiner Sekunde. Woran das liegt? Damit könnte man Historikerkommissionen beauftragen, die sich komparatistisch Max Goldts „Monolog des morganatischen Maurers“ neben Meister Konopke bei Haffner vornehmen würden, um festzustellen, dass es gewisse Unterschiede zwischen feinem Humor und Gag-Gewitter gibt.

„Die Geschichte der Menschheit (leicht gekürzt)“ hat Elemente eines Prominentenaufmarsches (guck mal, Pastewka ist kaum wiederzuerkennen mit der ollen Maske) bei einem Karneval mit vielen naheliegenden Nummern. Wer dafür ins Kino geht, riskiert eine Erfahrung von Befremdung. Im Fernsehen kann das dann später getrost rauf und runter spielen.

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