Wissenschaft

#Wie Küsten das Klima schützen

Küstengebiete in verschiedenen Regionen der Welt leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Eine Studie zeigt, dass die meisten Ökosysteme an Küsten mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre aufnehmen als sie abgeben. Besonders wirksam sind tropische Küstenfeuchtgebiete mit Mangrovenwäldern und Seegraswiesen, aber beispielsweise auch polare Fjorde. Lediglich die Küsten Europas und Russlands geben netto Treibhausgase ab – vor allem durch viele Flussmündungen, die Nährstoffe vom Land mitbringen. Die Erkenntnisse können dazu beitragen, den Küstenschutz in Klimaschutzstrategien einzubeziehen und sinnvoll zu gestalten.

Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) tragen zur globalen Erwärmung bei. Neben menschlichen Emissionen spielen aber auch natürliche Puffer wie Ozeane, Wälder oder Gewässer eine wichtige Rolle im Treibhausgas-Haushalt der Erde. Sie können große Mengen an Treibhausgasen speichern und so als Senke wirken. Gerade bei steigenden Temperaturen geben viele dieser natürlichen Senken allerdings vermehrt Treibhausgase ab und verstärken die Erwärmung dadurch zusätzlich. Unter den aktuell herrschenden Bedingungen sind die Ozeane eine CO2-Senke, während Seen und Flüsse im Inland mehr Treibhausgase abgegeben als sie aufnehmen. Unklar war allerdings bislang, welche Rollen die Küstenregionen einnehmen.

Studien zu Küsten-Ökosystemen weltweit

Ein Team um Judith Rosentreter von der Southern Cross University in Australien hat nun erstmals auf globaler Ebene ausgewertet, welchen Einfluss Küstenstruktur und -bewuchs auf die Aufnahme und Abgabe von Treibhausgasen haben. Dazu wertete das Team Studien von 738 Standorten aus, bei denen der Austausch von Gasen zwischen Küstenökosystem und Atmosphäre zwischen 1975 und 2020 untersucht und publiziert wurde. „Zu verstehen, wie und wo Treibhausgase in Küstenökosystemen freigesetzt und absorbiert werden, ist ein wichtiger erster Schritt zur Umsetzung wirksamer Klimaschutzstrategien“, sagt Rosentreter.

Für zehn Regionen der Welt – darunter Nord- und Südamerika, Europa, Afrika, Russland, Ost-, West-, Süd- und Südost-Asien sowie Australien – analysierten die Forschenden, wie sich Klima, Hydrologie und vorkommende Pflanzen darauf auswirken, ob die jeweiligen Küstengebiete unterm Strich mehr Treibhausgase aufnehmen oder abgeben. Dabei berücksichtigten sie sowohl strukturelle Merkmale wie Flussmündungen, Lagunen und Fjorde als auch verschiedene Arten der Vegetation, darunter Mangrovenwälder, Seegras- und Salzwiesen.

Mangrovenwälder als CO2-Senken

Die Ergebnisse: Besonders effektive CO2-Senken sind Mangrovenwälder. „Hochproduktive Mangrovenwälder tragen mit 60 Prozent den größten Teil zur globalen CO2-Aufnahme durch Küstenvegetation bei“, berichten die Forschenden. Rund 359 Millionen Tonnen CO2 werden jährlich durch Mangrovenwälder gespeichert. Das gleicht bei weitem aus, dass dort zeitgleich rund 340.000 Tonnen Methan und 8.900 Tonnen Lachgas freigesetzt werden. „Da Mangrovenwälder vor allem im tropischen Südostasien vorkommen, trägt diese Region 37 Prozent zur globalen CO2-Aufnahme durch Mangroven bei, gefolgt von Afrika mit 20 Prozent und dem tropischen Nord- und Südamerika mit jeweils 15 Prozent“, erläutert das Team. Auch Seegras- und Salzwiesen nehmen mehr Treibhausgase auf als sie abgeben.

Bei den restlichen Küstenstrukturen hingegen zeigt sich ein gemischtes Bild. Flussmündungen, Deltas und Lagunen geben von allen drei untersuchten Treibhausgasen mehr ab als sie aufnehmen. Zu den Gründen zählt zum einen, dass die Flüsse zahlreiche Nährstoffe aus dem Landesinneren mit sich führen – darunter Kohlenstoff und Stickstoff aus den Überresten von Tieren und Pflanzen sowie aus der agrarindustriellen Düngung von Feldern. Zudem können sie zusätzlich Nährstoffe aus den Sedimenten lösen, die ebenfalls von Mikroorganismen zu Treibhausgasen umgewandelt, im Wasser gelöst und schließlich in die Atmosphäre freigesetzt werden. „Darüber hinaus kann der beträchtliche Einfluss der Gezeiten die Wasserturbulenz und damit die Gasübertragungsgeschwindigkeiten erhöhen, was wiederum das CO2-Entweichen aus Gezeitensystemen verstärkt“, erklären Rosentreter und ihr Team.

Acht von zehn Regionen als Treibhausgas-Senken

Fjorde dagegen geben zwar in geringem Maße Lachgas ab, nehmen dafür aber große Mengen CO2 auf. „Unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass Fjorde auf der ganzen Welt bis zu 40 Prozent des CO2 aufnehmen, das sonst aus Gezeitensystemen, Deltas und Lagunen freigesetzt würde“, sagt Co-Autor Bryce Van Dam vom Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht. „Der Großteil, nämlich 86 Prozent dieser wichtigen CO2-Aufnahme durch Fjorde, stammt aus der nordamerikanischen Region, vor allem aus Grönland.“ Grönland gehört zwar politisch zu Dänemark, wird aber geografisch zum nordamerikanischen Kontinent gezählt.

Insgesamt macht die Kombination verschiedener Faktoren die Küstenregionen Südostasiens zur größten Senke für Treibhausgase, insbesondere durch die dort vorherrschenden Mangrovenwälder und Seegraswiesen. An zweiter Stelle steht Nordamerika, das in tropischen Küstengebieten ebenfalls ausgedehnte Flächen mit Mangroven, Seegras und Salzwiesen beherbergt und in den polaren Regionen durch Fjorde zur Aufnahme von Treibhausgasen beiträgt. „Wenn wir alle drei Treibhausgase berücksichtigen, sind die Küsten in acht der zehn von uns untersuchten Weltregionen Netto-Senken für Treibhausgase“, sagt Rosentreter. Die einzigen Ausnahmen bilden Europa und Russland, wo der negative Effekt von Flussmündungen und Gezeitensystemen gegenüber der Aufnahme durch Pflanzen und Fjorde überwiegt.

Implikationen für den Klimaschutz

Aus Sicht der Forschenden lassen sich aus der Studie wichtige Implikationen für den Klimaschutz ableiten. So gelte es, Ökosysteme mit Mangrovenwäldern und Salzwiesen zu schützen und wiederherzustellen, um die CO2-Aufnahme durch diese küstennahen Feuchtgebiete zu erhöhen. Zusätzlich sei es wichtig, Nährstoffeinträge aus organischen Stoffen und Abwässern in Küstengewässer zu verringern und so das Ausgasen abzuschwächen. „Die künftige Rolle der Küstenökosysteme als Senke oder Quelle von Treibhausgasen in den einzelnen Weltregionen wird davon abhängen, ob bewährte Verfahren zur Verringerung der CH4- und N2O-Emissionen bei gleichzeitiger Verstärkung der CO2-Aufnahme angewandt werden“, so das Forschungsteam.

Quelle: Judith Rosentreter (Southern Cross University, Lismore, New South Wales, Australia) et al., Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-023-01682-9

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Wissenschaft kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!