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#Wie man leichter Artikel unterdrückt

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Wie man leichter Artikel unterdrückt

Die Organisation Reporter ohne Grenzen warnte im Voraus vor „schwerwiegenden Folgen für die Pressefreiheit“. Doch die kleine Kammer des Schweizer Parlaments – der Ständerat – ließ sich nicht beeindrucken: Mit 32 gegen zwölf Stimmen beschloss er eine Maßnahme, die auch von den großen Verlagen und der Justizministerin abgelehnt wurde: das Wort „besonders“ wird gestrichen. Wer das Erscheinen einer Zeitung oder das Ausstrahlen einer Sendung verhindern will, muss einen „besonders schweren Nachteil“ geltend machen. Kann er das, erlässt das Gericht eine „superprovisorische Verfügung“. Künftig soll ein „schwerer Nachteil“ reichen, um ein Verbot erlassen zu können.

Dachten die Abgeordneten vor allem an ihren eigenen Schutz? Die verschärfte Regelung geht auf einen Artikel der Weltwoche zurück. Die Zeitung hatte berichtet, dass ein landesweit bekannter Walliser Minister und ehemaliger Parteipräsident der Christdemokraten Unterhaltszahlungen für ein uneheliches Kind leistet. Der Politiker reagierte mit einer „superprovisorischen Verfügung“ – die aber zu spät eintraf. Der Artikel erschien in der gedruckten Ausgabe, im Internet wurde er gelöscht. Die Zeitung war gar nicht angehört worden. Sie hatte gute Gründe für die Veröffentlichung – und im Nachhinein wurde der Artikel vor Gericht abgesegnet. Ins Gewicht fiel die Tatsache, dass der Politiker seine – durchaus schützenswerte – Privatsphäre in den Medien selbst preisgab und zuvor schon im Sonntags-Blick reumütig von einer Geliebten berichtet hatte: im Zuge eines mutmaßlichen Abkommens, das ihm die weitgehende Kontrolle über die Berichterstattung beließ.

Die „kleinen Verlage“ bespottet

Mit der „superprovisorischen Verfügung“ können Reiche und Mächtige gegen unliebsame Veröffentlichungen vorgehen. Der Aspekt, dass falsche oder ehrverletzende Aussagen durch spätere juristische Verfahren zwar dementiert und gerügt, aber kaum mehr aus der Welt geschaffen werden können, ist aktueller denn je. Diese Sorge machen die Initiatoren der Gesetzesänderung geltend. Es gehe darum, „die Gewichte ein bisschen mehr in Richtung des Schutzes berechtigter Persönlichkeitsrechte zu verschieben“, sagte der liberale Abgeordnete Thomas Hefti. Sein sozialdemokratischer Kollege Daniel Jositsch glaubt sogar, dass man den „kleinen Mann oder die kleine Frau von der Straße“ besser schützen werde. Mit „tieferen Hürden“ könnten sie sich besser gegen die Presse wehren – für die Oligarchen sei dies ohnehin kein Problem. Sie wurden von den Befürwortern vor allem als Popanz bemüht und die „armen Journalisten“ und wehrlosen „kleinen Verlage“ verspottet.

Am Schluss war man sich zumindest darüber einig, dass die Debatte oberflächlich, ja frivol geblieben war. Das Gesetz sei „weder ein Anschlag auf die Demokratie noch Zensur“, meint Thomas Hefti. Als „Gelegenheit, den Journalisten eins auszuwischen“, verharmlost es der Tages-Anzeiger. Das „Streichen eines Adverbs kann vieles verändern“, befindet hingegen Denis Masmejan, Leiter der Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen.

Für ihn etabliert die Erleichterung, gegen Presseartikel vorzugehen, eine Form von „Vorzensur“. Er fürchtet massive „Einschüchterungen“ durch Akteure, „die um jeden Preis verhindern wollen, dass ihre Namen in den Medien auftauchen“. Masmejan hofft auf die Juristische Kommission der großen Kammer, des Nationalrats. Doch angesichts der deutlichen Zustimmung der Ständeräte und der im Parlament herrschenden Stimmung scheint ein Rückzieher wenig wahrscheinlich.

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