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#Wie mißt man die Bizarrität eines Wahlkreises? – Mathlog

Wie mißt man die Bizarrität eines Wahlkreises? – Mathlog

Das Zuschneiden von Wahlkreisen entlang den Interessen der jeweils stärkerem Partei ist in den USA – wegen des dort geltenden Mehrheitswahlrechts – eine gerne geübte Praxis.
Obwohl der Supreme Court schon 1986 diese Praxis als nicht verfassungsgemäß verurteilte, hat er sich bisher stets geweigert, konkrete Zuschnitte zu verhindern. 2004 entschied der Supreme Court unter Richter Scalia sogar, dass solche Klagen nicht justiziabel seien, weil es keinen handhabbaren Standard gäbe um das „gerrymandering“ von Wahlkreisen festzustellen. Das Gericht schloß aber nicht aus, dass es solche Standards in Zukunft geben könne, mit denen sich also messen ließe, ob ein Wahlkreis unnatürliche Grenzen hat.

Experten sprechen hier von Kompaktheitsmaßen und betonen, dass es keine mathematische Definition von Kompaktheit gäbe. Mit dem mathematischen Begriff von Kompaktheit hat das offensichtlich nichts zu tun.

Die Juristen Daniel Polspy und Robert Popper hatten schon 1991 in einer Arbeit “The Third Criterion: Compactness as a procedural safeguard against partisan gerrymandering” das Kompaktheitsmaß $PP(D)=frac{4pi A(D)}{C(D)^2}$ vor, wobei A den Flächeninhalt und C den Umfang ds Gebietes D bezeichnet. Mathematiker erkennen hier natürlich die isoperimetrische Gleichung, derzufolgen $PP(D)le 1$ ist und Gleichheit nur für den Kreis gilt (Bild unten). Eine Komission in Arizona griff diesen Test 2000 auf. Der Supreme Court, wie gesagt, war 2004 nicht überzeugt.

Stephanopoulos und McGee – ein Jurist und ein Politikwissenschaftler von der Universität Chicago – schlugen 2014 ein “efficiency gap” vor, welches die Anzahl der verschwendeten Stimmen zählt – Stimmen entweder für einen unterlegenen Kandidaten oder für einen klaren Sieger, der die Stimmen nicht gebraucht hätte. Das scheint vielen als das beste Maß für die Ungerechtigkeit von Wahlkreisen zu gelten.

Die Autoren sahen ein „efficiency gap“ von mehr als 7% als kritisch an. Nachdem auch einige Gerichte dieser Ansicht folgen schrieben Boris Alexeev und Dustin Mixon – diesmal zwei Mathematiker – eine Arbeit „An impossibility theorem for gerrymandering“ um zu beweisen, dass man mit bizarren Formen trotzdem nur ein kleines “efficiency gap” erhalten kann:

In 2018, the U.S. Supreme Court considered a proposed mathematical formula to help detect unconstitutional partisan gerrymandering. We show that in some cases, this formula only flags bizarrely-shaped districts as potentially constitutional.

Das ist nicht besonders überraschend und zeigt eigentlich nur, dass das „efficiency gap“ ein besseres Maß ist als das mit der isoperimetrischen Ungleichung erhaltene: es gibt ja, wie in der Arbeit bewiesen, ungerechte Wahlkreiszuschnitte, die von der Geometrie nicht erkannt werden.

Trotzdem wird diese Arbeit immer wieder mal eingesetzt als Argument gegen alle Versuche, gerrymandering zu verhindern. Zuletzt vergangene Woche im Quanta Magazine in einem Artikel When Math gets impossibly hard:

That is, it is mathematically impossible to always draw districts that meet certain Polsby-Popper and efficiency-gap fairness targets.

Wenn beide Maße dasselbe messen würden, bräuchte man ja auch nicht darüber diskutieren, welches besser ist.

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