#Wie nah sollten sich Stars und Fans kommen?
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Simone de Beauvoirs Ansicht, dass eine gute Beziehung nur zwischen zwei gleichberechtigten, freien Partnern möglich sei, klingt nicht sehr aufregend, hat sich aber hier und da als Erfolgskonzept erwiesen. Die Beziehung zwischen Popstar und Fan ist naturgemäß unausgewogen, das macht sie ja spannend. Die Musik ist der Kitt. Man kann auf Stars alles Mögliche projizieren, Dinge, die man sich von einer perfekten Partnerin oder einem idealen Partner wünscht, Intellekt, Leidenschaft, eine einfühlsame Seele oder Eigenschaften, die man selbst gern hätte, eine gewisse Draufgänger- oder Divenhaftigkeit vielleicht. Kate Hudson alias Penny Lane drückte es vor 23 Jahren als Groupie im Film „Almost Famous“ so aus: „Berühmte Leute sind einfach interessanter.“
Furchtbar kompliziert
Früher haben wir aus Mädchenzeitschriften die Adressen für Fanpost übernommen und an Take That geschrieben. Mir kam das schon damals bedenklich vor, die Briefe waren ein Stochern im Nebel, sie liefen immer auf eine Lobrede auf jemanden hinaus, von dem man keine Ahnung hatte. Und als Antwort gab es dann Autogramme. Autogramme sind die ultimative Absage an Nähe.
Wenn man nun Popstars auf Instagram mit ihren Kindern bei Geburtstagsfeiern sieht, so wie Amanda Palmer, kann man schon auf die Idee kommen, dass sich die Distanz zwischen Stars und Fans verringert habe. Dass man richtig nah an seinen Idolen dran ist und immer up-to-date. Und wer das Geld hat, kann sich mit VIP- und Spezialgästekarten bei Konzerten praktisch auf die Bühne einladen, ohne dafür Groupie-Voraussetzungen erfüllen zu müssen.
Aber egal, ob nun Geld oder sexy Fetischkleidung die Voraussetzung sind, dieser Schein von Intimität ist ein Problem. Mit jeder Spezialbehandlung wird die Verbindung zwischen Stars und Fans komplizierter, mit mehr Erwartungen bepackt. Und wer als Fan besonders engagiert auf der Suche nach der Illusion von einer einzigartigen Popstar-Gefolgsperson-Beziehung ist, kann auch mal aus den Augen verlieren, was sich überhaupt noch gut anfühlt. Wenn die Künstler, der Aura ihrer Musik beraubt, menschlich dann noch Idioten sind, die von ihrer Verantwortung nichts hören wollen, wird alles furchtbar kompliziert.
Es mag sich altertümlich anhören, aber der kurze Blick einer Musikerin, eines Sängers auf der Bühne kann mehr wert sein als eine ernüchternde Beobachtung beim V.I.P-Event oder auf einer After-Show-Party, wenn unser Star aus dem Glitzerlicht der Scheinwerfer getreten ist. Projektionen können durchaus dem Selbstschutz dienen, das merken jetzt auch viele Rammstein-Fans.
Penny Lane riet jedenfalls in „Almost Famous“: „Wenn du jemals einsam bist, geh in den Plattenladen und besuch dort deine Freunde.“ Sie hat sich dann selbst nicht daran gehalten. Aber es wäre eine sichere Chance auf kleines, echtes Glück gewesen. Und mehr kann man doch wirklich nicht verlangen.
Elena Witzeck schreibt hier alle vier Wochen über Pop. Stellen Sie Ihre Frage an [email protected]
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