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Wie Netanjahus Trump überzeugen konnte

Um zehn Uhr abends erscheint der amerikanische Präsident Donald Trump im Weißen Haus und verkündet mit ernster Miene, die amerikanischen Militärschläge gegen Iran seien ein „spektakulärer militärischer Erfolg“ gewesen. Die zentralen Uran-Anreicherungsanlagen des Landes seien „völlig ausgelöscht“ worden. Iran, der Tyrann des Nahen Ostens, müsse jetzt Frieden schließen. Wenn nicht, würden künftige Angriffe massiver sein – und viel leichter. An seiner Seite stehen Vizepräsident J. D. Vance, Außenminister Marco Rubio und Verteidigungsminister Pete Hegseth. An dieser Stelle hat Barack Obama einst den Tod Osama Bin Ladens verkündet.

Weiter sagt Trump in der kurzen Ansprache an die Nation, 40 Jahre habe Iran Amerika und Israel den Tod gewünscht. Mehr als tausend Menschen habe man verloren. Er habe vor langer Zeit entschieden, dass er das nicht mehr zulasse. Er dankt und gratuliert dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Man habe als „Team“ zusammengearbeitet – wie wohl kein Team es je getan habe. Man habe einen langen Weg zurückgelegt, um diese schreckliche Gefahr für Israel auszulöschen. Er richtet seinen Dank zudem an die israelischen Streitkräfte – für die „wunderbare Arbeit“, die diese geleistet hätten. Selbstredend dankt er auch den eigenen Streitkräften, dem Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs und allen, die an der Operation beteiligt gewesen seien. Am Ende werde man deren Dienste nicht mehr benötigen.

Das hoffe er jedenfalls. Es werde jetzt entweder Frieden geben oder für Iran eine Tragödie, die schlimmer sein werde als das, was man in den vergangenen acht Tagen gesehen habe. Es gebe noch viele Ziele. Die Ziele, die man jetzt getroffen habe, seien die schwierigsten gewesen. Wenn jetzt nicht schnell Frieden einkehre, werde man die anderen Ziele ins Visier nehmen. Trump dankt Gott und schließt dann mit den Worten: „Gott segne den Nahen Osten, Gott segne Israel, und Gott segne Amerika.“

Fordow zerstört oder nur schwer beschädigt?

Trotz der Zwei-Wochen-Frist, die Trump zuletzt gesetzt hatte, war es quasi ein Angriff mit Ankündigung. Am Samstagabend, nachdem der Präsident von seinem Wochenendsitz in Bedminster ins Weiße Haus zurückgekehrt war, um sich mit seinem nationalen Sicherheitsteam zu treffen, teilte Trump zunächst auf seiner Plattform „Truth Social“ mit, dass die amerikanische Luftwaffe einen „sehr erfolgreichen Angriff“ auf drei Atomanlagen vollendet habe: in Fordow, Natans und Isfahan. Die Flugzeuge seien wieder außerhalb des iranischen Luftraumes. Eine volle Bombenlast sei auf das primäre Ziel in Fordow abgeworfen worden, schrieb der Oberbefehlshaber in einer Mitteilung, die dann auch das Weiße Haus verbreitete.

Die Anlage in Fordow war das schwierigste Ziel, da sich dort eine unterirdische Anlage in einem Bergmassiv befindet. Trump gratulierte den „großartigen amerikanischen Kämpfern“. Niemand anderes hätte es tun können. Dies sei ein historischer Moment für die Vereinigten Staaten, Israel und die Welt. „Jetzt ist die Zeit für Frieden“, schrieb Trump weiter, womit er Teheran aufforderte, auf Gegenschläge gegen amerikanische Ziele in der Region zu verzichten. Washington hatte Teheran über inoffizielle Kanäle mitgeteilt, dass es sich um einen begrenzten Schlag gehandelt habe und keine weiteren geplant seien.

Als am Sonntagmorgen Verteidigungsminister Pete Hegseth und Dan Caine, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, im Pentagon vor die Presse treten, fällt die Bilanz ein wenig nüchterner aus: Eine erste Schadensbilanz zeige „schwere Schäden und Zerstörung“, sagt Caine. Eine finale Schadensbilanz werde noch folgen. Auf die Frage nach möglichen verbliebenen nuklearen Fähigkeiten Teherans bemerkt er, es sei zu früh, dies zu beantworten. Verteidigungsminister Pete Hegseth hebt hervor, insbesondere beim primären Ziel, der unterirdischen Uran-Anreicherungsanlage in Fordow, glaube man, die nuklearen Fähigkeiten zerstört zu haben. Die „New York Times“ zitiert später am Tag einen Regierungsvertreter mit dem Befund, Fordow sei nur schwer beschädigt, allerdings nicht zerstört worden.

Samstagmorgen hatte sich angedeutet, dass Trump handeln würde

Caine unterstreicht noch, zum ersten Mal seien bunkerbrechende Bomben zum Einsatz gekommen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die B-2-Tarnkappenbomber in der Operation „Midnight Hammer“ durch die iranische Flugabwehr erkannt worden seien. Es sei kein Feuer auf sie gerichtet worden. Auch Marschflugkörper vom Typ Tomahawk seien eingesetzt worden – abgefeuert von U-Booten.

Schon am Samstagmorgen amerikanischer Zeit hatte sich angedeutet, dass Trump handeln würde. Amerikanische Medien berichteten, dass B-2-Tarnkappenbomber, die bunkerbrechende Bomben tragen können, den Luftwaffenstützpunkt Whiteman im Bundesstaat Missouri verlassen hätten. Sie hätten sich auf den Weg nach Westen über den Pazifik begeben, hieß es unter Berufung auf Regierungsvertreter und Flug-Tracking-Dienste. Die Quellen hätten aber darauf verwiesen, dass es keine Anordnung zur Vorbereitung eines Angriffs gegeben habe.

Nur die amerikanischen Streitkräfte verfügen über die Tarnkappenbomber des Typs B-2, die als Einzige in der Lage sind, 13,6 Tonnen schwere sogenannte Bunkerbrecher-Bomben abzuwerfen, die nötig sind, um tief unter Erde, Fels oder Beton liegende Ziele zu treffen.

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Die amerikanische Luftwaffe verfügt über rund 20 dieser Flugzeuge, die eine Zuladungsgrenze von gut 18 Tonnen haben. Regulär sind die Tarnkappenbomber mit einer Reichweite von bis zu 9600 Kilometern ausschließlich auf dem Luftwaffenstützpunkt Whiteman stationiert. Dieser ist rund 11.000 Kilometer Luftlinie von Fordow entfernt. Caine bestätigt am Sonntag, sieben B-2-Bomber seien eingesetzt worden. Auf dem achtzehnstündigen Flug seien sie mehrfach aufgetankt worden. Als sie den Pazifik überquert hatten und über Land flogen, seien sie von anderen Kampfflugzeugen eskortiert worden.

Gewichtige MAGA-Stimmen hatten Trump kritisert

Vor den ersten Angriffen der israelischen Streitkräfte auf Iran hatte Trump Netanjahu noch von Militärschlägen abhalten wollen. Noch sah er eine Chance für eine diplomatische Lösung. Als der Ministerpräsident insistierte, es gebe eine historische Gelegenheit für einen Militärschlag, gab Trump nach, sagte aber zunächst, er werde nicht helfen. Nach den ersten Erfolgen der israelischen Streitkräfte lobte er die Operation als „exzellent“. Als Teheran mit Gegenschlägen antwortete und Drohnen sowie ballistische Raketen zum Teil den israelischen „Iron Dome“ durchbrachen, unterstützten die US-Streitkräfte in der Region den Verbündeten bei der Luftabwehr.

Kurz nach Beginn des G-7-Gipfels in Kanada wurde deutlich, dass Trump eine direkte Intervention erwägt. Er verließ das Treffen in Kananaskis vorzeitig, um mit seinem Sicherheitsteam in Washington über die Lage zu beraten. Trump hatte noch am Donnerstag hervorgehoben, dass er innerhalb der nächsten zwei Wochen über ein mögliches Eingreifen in den israelisch-iranischen Krieg entscheiden wolle. Noch war offen, ob er mit der Verlegung der Bomber nur den Druck auf Iran erhöhen wollte. Ende vergangener Woche hatte es auch von amerikanischer Seite noch Versuche gegeben, eine diplomatische Lösung zu finden. Trump hatte jedoch eine „bedingungslose Kapitulation“ verlangt.

Gewichtige Stimmen in Trumps MAGA-Bewegung warnten Trump vor dem sich anbahnenden Militärschlag. Tucker Carlson etwa kritisierte, er lasse sich von Israel in einen Krieg hineinziehen und gefährde sein Vermächtnis. Trump reagierte empfindlich – ignorierte die Warnungen aber letztlich. Das Weiße Haus unterrichtete wichtige Kongressmitglieder über den Militärschlag – allerdings nur die republikanische Seite. Die Demokraten beklagten, dass sie nur oberflächlich benachrichtigt worden seien. Von deren Seite kam dann auch Kritik am Einsatz. Nancy Pelosi etwa, die frühere Sprecherin des Repräsentantenhauses, warf Trump vor, ohne Mandat des Kongresses gehandelt zu haben.

Trump telefonierte nach dem Militärschlag sogleich mit Netanjahu. Die Israelis waren zudem vorher über das amerikanische Eingreifen informiert worden. Zu Beginn des Krieges gegen Iran habe er den Israelis versprochen, dass die iranischen Atomanlagen „auf die eine oder andere Weise zerstört werden“, sagte Netanjahu kurz nach den amerikanischen Angriffen in der Nacht zum Sonntag. „Dieses Versprechen wurde gehalten.“

Netanjahu spricht von „Frieden durch Stärke“

Für den Ministerpräsidenten ist das amerikanische Bombardement die Erfüllung eines alten Traums. Über Jahrzehnte warnte der 75 Jahre alte Politiker vor einer iranischen Atombombe und forderte, diese Möglichkeit müsse verhindert werden – notgedrungen am besten mit militärischen Mitteln, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten. Er sprach im amerikanischen Kongress und in der Generalversammlung der Vereinten Nationen, mahnte und drohte.

Israel ging im Laufe der Jahre mit verschiedenen Mitteln gegen Irans Atomprogramm vor: Iranische Atomforscher wurden ermordet, Zentrifugen durch ein Computervirus lahmgelegt. 2012 stand eine von Netanjahu geführte Regierung schon einmal kurz davor, Iran anzugreifen. Aber Obama lehnte das ab. Das Atomabkommen mit Iran im Jahr 2015 während der Präsidentschaft des Demokraten war für Netanjahu ein Tiefpunkt, Trumps Ausstieg daraus 2018 eine Verheißung. Aber auch Trump setzte zu Beginn seiner zweiten Amtszeit vor allem auf eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Iran – zum Verdruss Netanjahus.

Am 13. Juni griff Israel schließlich ohne amerikanische Beteiligung Iran an. Nach einigem Hin und Her schloss Trump sich der Attacke nun an. Netanjahu pries den amerikanischen Verbündeten für diese Entscheidung jetzt ausgiebig. Seit Kriegsbeginn am Freitag vor einer Woche habe Israel „Erstaunliches geleistet“, sagte er in einer englischen Videoansprache, die in der Nacht veröffentlicht wurde. „Aber bei der heutigen Aktion gegen Irans Atomanlagen war Amerika wirklich unübertroffen. Es hat etwas geschafft, was kein anderes Land auf der Welt schaffen konnte.“

In einer etwas später veröffentlichten hebräischen Videoansprache hob Netanjahu hervor, dass die Vereinigten Staaten „in voller Abstimmung“ mit der israelischen Armee gehandelt hätten. Trump und er selbst sagten oft: „Frieden durch Stärke“, verkündete Netanjahu und führte aus: „Zuerst kommt die Stärke, dann kommt der Frieden.“ Die amerikanischen Angriffe könnten dazu beitragen, die Region in eine Zukunft des Wohlstands und des Friedens zu führen. Er dankte Trump, auch im Namen des israelischen Volkes und „der Kräfte der Zivilisation“.

Washington: Trump strebt weiter keinen Krieg an

Auch Oppositionspolitiker lobten die amerikanischen Angriffe. Yair Lapid sprach von einer „historischen Nacht für den gesamten Nahen und Mittleren Osten“. Ebenso Benny Gantz, der auf der Plattform X schrieb, die Welt sei jetzt ein sichererer Ort. Die Zeitung „Haaretz“ zitierte am Morgen einen „israelischen Offiziellen“ mit der Aussage, Israel sei nun „bereit, über ein Abkommen zu verhandeln“. In den vergangenen Tagen hatten Vertreter der Regierung in Jerusalem Verhandlungen mit dem Regime in Teheran noch ausgeschlossen. Außenminister Gideon Saar hatte am Mittwoch gesagt, die Angriffe würden fortgesetzt, bis Israel seine Ziele erreicht habe.

Die unmittelbare Reaktion aus Iran erfolgte am Sonntagmorgen. Gegen acht Uhr ertönten wieder Warnsirenen in weiten Teilen Israels. Kurz darauf schlugen mehrere Raketen ein. 27 Geschosse waren laut israelischen Angaben in zwei Salven aus Iran abgefeuert worden. An mehr als zehn Orten im Zentrum und im Norden Israels seien Raketen oder Raketenteile niedergegangen. In der Stadt Haifa schlug offenbar eine fehlgeleitete Abwehrrakete ein. Unter anderem wurde ein Altersheim beschädigt. Von mehr als 80 Verletzten landesweit war die Rede. Kurze Zeit darauf verkündete die israelische Armee, sie fliege neue Angriffe im Westen Irans.

Schon in der Nacht hatte Israel seinen Luftraum geschlossen und die Flüge ausgesetzt, mit denen im Ausland gestrandete Israels seit einigen Tagen zurückgebracht werden. Nach den amerikanischen Angriffen wollte man für Gegenschläge gewappnet sein. Was jetzt geschehe, liege in den Händen Irans, sagte der in „Haaretz“ zitierte Regierungsmitarbeiter. Sollte Teheran sich dazu entschließen, als Vergeltung amerikanische Militärbasen in der Region anzugreifen, sei Israel bereit, den Krieg auszuweiten.

In Washington hebt Hegseth hervor, bei der amerikanischen Operation sei es nicht um Regimewechsel gegangen. Trump strebe keinen Krieg an. Auch er warnt Teheran vor Vergeltungsschlägen. General Caine unterstreicht, dass der Schutz der amerikanischen Stützpunkte im Irak, in Syrien und am Golf verstärkt worden sei. Er fügt hinzu: „Wir werden uns verteidigen.“

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