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#Ich habe Sex, ich habe Hunger, ich will alles verstehen

Ich habe Sex, ich habe Hunger, ich will alles verstehen

Mareice Kaiser hat mit „Das Unwohlsein der modernen Mutter“ ein be­reits viel beachtetes Buch vorgelegt. In einer Mischung aus persönlichem Erfahrungsbericht und historischen Seitenblicken analysiert die Autorin die Sorgen der Mutterschaft im noch jungen 21. Jahrhundert. Mütter sind das Sprungbrett, doch Kaisers Blick reicht weiter: Der Text ist ein Debattenbeitrag, der sich gegen strukturelle Benachteiligung wie „mutterschaftsbedingte Lohneinbußen“ richtet und ein Bewusstsein dafür wecken möchte, welche Last die Sorge für Kinder, alte und behinderte Menschen mit sich bringt.

Vieles klingt bekannt, etwa die Kri­tik daran, dass Frauen in Partnerschaften häufig für die Kleinigkeiten des Alltags zuständig sind und Mütter online gern vereinfachend als hy­perkompetente Working Mum, asexuelle Maria oder Yummy Mummy kategorisiert werden. Natürlich darf auch Orna Donaths 2015 erschienene Studie „Regretting Motherhood“ nicht fehlen, für die Frauen interviewt wurden, die es bereuten, Kinder bekommen zu haben.

Mangelhafte oder gar keine Verweise

Kaisers Vorschläge für mehr Familienfreundlichkeit sind dann auch so allgemein und konsensfähig, dass kaum jemand widersprechen kann: mehr Zeit für Familie, Freunde, Kultur, eine Arbeit, die Spaß macht, aber nicht zu viel Raum einnimmt – und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Widersprüche gibt es dennoch. Warum liest sich die ideale Woche einer Millennial wie die einer halbtags arbeitenden Gattin mit dem Staat in der Rolle des Versorgers? Wie verträgt sich die vage antikapitalistische Haltung mit der beschriebenen intensiven Nutzung eines Vorzeigeprodukts des Kapitalismus, nämlich der Dating-App und ihrer Wisch-und-weg-Technik der permanenten Optimierung?

Mareice Kaiser: „Das Unwohlsein der modernen Mutter“.


Mareice Kaiser: „Das Unwohlsein der modernen Mutter“.
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Bild: Rowohlt Polaris Verlag

Der Grund, warum das Buch nicht überzeugt, liegt jedoch nicht nur am Inhalt. Folgt man den Endnoten, stellt sich heraus, dass an einigen Stellen fremde Texte ohne Anführungszeichen wortwörtlich oder na­hezu wortwörtlich wiedergegeben werden, und dies mit mangelhaften, zum Teil auch gar keinen Verweisen. Einige Beispiele: Kaiser zitiert aus Johanna Haarers Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von 1934, das noch bis 1987 unter dem Titel „Die Mutter und ihr erstes Kind“ verlegt wurde.

Viele Ungenauigkeiten

Ihre Quelle ist nicht das Buch selbst, sondern die Ausgabe 39/2019 des Zeit-Magazins, in dem ein Interview mit Haarers Tochter Gertrud Haarer veröffentlicht wurde. Kaiser gibt jedoch nicht nur jene Stellen aus Haarers Buch wieder, die das Zeit-Magazin zitiert, sondern auch die Überleitungen der Zeit-Autoren. So heißt es bei Kaiser: „Haarer propagiert darin eine strenge und unerbittliche Erziehung von Kindern, und zwar von Anfang an: Mutter und Kind sollen direkt nach der Entbindung getrennt werden, das Kind soll der Mutter im Wochenbett ‚nur zum Stillen gereicht‘ werden.“ Im Zeit-Magazin ist zu lesen: „Und sie propagiert eine strenge Erziehung des Kindes von Anfang an. Mutter und Kind sollen direkt nach der Entbindung getrennt werden, das Kind wird der Mutter im Wochenbett ‚nur zum Stillen gereicht‘.“

Wenig später liefert Kaiser eine Kurzdarstellung der Situation der Mütter in der DDR, die nahezu wortgleich mit zwei Texten ist, auf die nicht verwiesen wird. Der erste Teil gleicht dem Text „Ostdeutsche Mütter sind häufiger berufstätig“ von Hedda Nier, veröffentlicht als Erläuterung einer Statistik des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von Statista am 2. Oktober 2019. Der daran an­schließende Teil ist fast wortgleich mit dem Bericht „Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland und ihre langfristigen Auswirkungen“ von Anke Domscheit-Berg vom 9. November 2016, der auf der Website der Heinrich-Böll-Stiftung verfügbar ist.

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