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#Schön, dass Sie da sind!

„Schön, dass Sie da sind!“

Weihnachten ist vorbei, Silvester auch – das neue Jahr liegt da wie das offene Meer. Die Weite lockt, die Tiefe schreckt, und sicher ist nur, dass ein Mensch ganz allein dort draußen verloren wäre.

Weil das so ist, treffen Menschen zu Beginn eines neuen Jahres besonders gern andere Menschen. Das nennt sich dann Neujahrsempfang. Die nächsten Wochen sind voll davon, in jeder Stadt lädt irgendwer irgendwen dazu ein oder gleich jeden, der will.

Direkt am Neujahrstag zum Beispiel ludt die Gemeinde Brunsbek – das ist in Schleswig-Holstein – alle Bürger ins Dorfgemeinschaftshaus ein. Beginn war um elf Uhr morgens, herausfordernd für alle noch Verkaterten, aber zugleich verlockend: Wenn doch alle Herausforderungen des neuen Jahres bloß von dieser Art wären!

Am 5. Januar feiert die Handwerkskammer Cottbus ihren Neujahrsempfang, drei Tage später der Yachtclub Potsdam, am 10. Januar der Bundespräsident und am 12. Januar noch einmal der Bundespräsident. Denn während er beim ersten Termin siebzig Ehrenamtliche aus allen Teilen des Landes empfängt und mit ihnen zu Mittag speist, hat er zwei Tage später das Diplomatische Korps zu Gast, also die Botschafter anderer Länder in Deutschland.

Am 17. Januar lädt der CDU-Kreisverband Vechta zum Empfang ins Restaurant „Big Dutchman“, wo „mit guter Stimmung und einem hochkarätigen Gast“ – es handelt sich um den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Niedersächsischen Landtag – das neue Jahr eingeläutet werden soll. Am 22. Januar feiert die Berliner Kleingartenkolonie am Stadtpark I, drei Tage später der Bundesverband der Vertriebsmanager und noch einmal zwei Tage später der Alumni-Verein der Universität Konstanz. Ja und?

Höchst brisante Szenen

Das ganze Jahr über gibt es irgendwelche Feste, Empfänge, Zusammenkünfte. Aber zu Jahresbeginn liegt noch mehr in der Luft als bloß der Feinstaub vom Böllern und der ewige Wunsch, das eigene Netzwerk zu erweitern.

Als Ministerpräsident von Niedersachsen empfing Gerhard Schröder, SPD, 1997 rund 1300 Bürger, um das neue Jahr zu feiern.


Als Ministerpräsident von Niedersachsen empfing Gerhard Schröder, SPD, 1997 rund 1300 Bürger, um das neue Jahr zu feiern.
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Bild: Picture Alliance

Es ist die Chance zum Neuanfang, und auch wenn am Ende des neuen Jahres die meisten so weitergemacht haben werden wie immer, haben doch viele die Hoffnung, nicht zu jenen Meisten zu gehören. Sondern zu den Wenigen, denen es gelingt, tatsächlich neu anzufangen oder zumindest ein bisschen etwas anders zu machen als bisher. Und Zeugen dafür, dass einem das gelingt, trifft man beim Neujahrsempfang.

Dabei ist diese Art der Zusammenkunft höchst politisch. Denn wo etwas beginnt, geht es stets auch um Macht. Wer wird künftig mehr Einfluss nehmen, wer wird neuer Freund, neuer Feind? So zeigen Zeitungsberichte über Neujahrsempfänge der vergangenen Jahrzehnte, dass dort neben Sekt und guten Wünschen auch Brisantes verhandelt wurde.

Im Jahr 1969 etwa entdeckte ein Mitarbeiter des Bundespräsidial­amtes beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Lübke im letzten Moment ein hochempfindliches Richtmikrofon, das ein Unbekannter in der Nähe der plaudernden Diplomaten aufgestellt hatte. So konnte in letzter Sekunde verhindert werden, dass ein Gespräch von Lübke mit dem sowjetischen Botschafter Zarapkin aufgezeichnet wurde.

Neue Krawatte für Chruschtschow

Beim Neujahrsempfang im Kreml wiederum schenkten die in Moskau lebenden Pressekorrespondenten der westlichen Staaten 1963 dem so­wjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow eine be­sonders schöne Krawatte, woraufhin Chruschtschow bekundete, er sei entzückt, und versprach, den Schlips bei ­seiner nächsten Pressekonferenz umzubinden.

Zu jenem Zeitpunkt hatte er schon mehr als zwei Jahre keine Pressekonferenz mehr für die westlichen Korrespondenten gegeben, was weder auf den Mangel an Krawatten noch an Anlässen zurückzuführen war. So diente der Neujahrsempfang auch als Gelegenheit zum Austausch, den es eigentlich nicht geben sollte.

Zwei Jahre zuvor wiederum, 1961, hatte der sowjetische Botschafter in Bonn, Smirnow, auf dem Neujahrsempfang des Bundespräsidenten für das Di­plomatische Korps seinem Wunsch Ausdruck verliehen, noch vor seinem wenige Tage später beginnenden zweimonatigen Heimaturlaub den Bundeskanzler Adenauer zum Gespräch zu treffen. Und siehe da: Er war erfolgreich. Nicht am selben Abend zwar, aber noch vor seiner Abreise. Eine Stunde lang sprachen Adenauer und Smirnow, ein amtliches Kommuniqué wurde nicht veröffentlicht.

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