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#Wie sieht der Krieg im ukrainischen Fernsehen aus?

„Wie sieht der Krieg im ukrainischen Fernsehen aus?“

Wie sieht der Krieg im Fernsehen aus? Nicht hier, aus der Distanz der deutschen Nachrichtensendungen und Talkshows, sondern auf den ukrainischen Kanälen, direkt aus Kiew, wo es kein anderes Thema mehr gibt. Im Internet kann man sich einen Einblick verschaffen, dort sendet der Nachrichtensender Ukraine 24 mit englischer Live-Synchronisation. Und wie sich dort, zum einen, der absolute Ausnahmezustand abbildet, in deprimierenden Berichten von der Front, in Interviews aus den Luftschutzkellern und in dröhnenden Ermutigungsclips rund um die Uhr, und andererseits die Routinen der Fernsehberichterstattung Normalität ausstrahlen, macht den ganzen Wahnsinn dieses Krieges auf besonders gespenstische Weise anschaulich.

Harald Staun

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Längst ist jedes Programmschema aufgegeben, die Genres laufen wild durcheinander: Da sind, zum Beispiel, die regelmäßigen Ratgeberbeiträge, wie man sie von Unwetterwarnungen kennt, nur dass sie jetzt den Zuschauern erklären, wie man sich am besten verhält, wenn eine Bombe einschlägt: „Verstecken Sie sich nicht unter Bäumen oder in Häusern, sondern legen Sie sich auf den Boden“, sagt die Expertin. „Wenn Sie in einem Haus feststecken, gehen Sie hinter einer zweiten Wand in Deckung. Achten Sie darauf, dass ihr Schutzraum zwei Ausgänge hat.“

Da ist der Bericht über eine Privatschule, die nun ihre Kurse für alle online stellt und vom Direktor im unbekümmerten Marketing-Jargon angepriesen wird: „Für uns stehen die Kunden an erster Stelle.“

Da ist das Interview mit einer Frau in einem Vorort von Donezk, die erzählt, dass die Jungen alle weg sind, aber wo soll sie denn schon hingehen? Und zwischendurch muss sie sich kurz die Ohren zuhalten und zieht den Kopf ein, weil die Bomben so laut und nah sind.

Ein Hund mit Zugangskarte

Da sind die Tierschützer, die Haustiere vor dem Verhungern retten, aus Wohnungen befreien, in denen sie ihre Besitzer nur für einen Tag allein lassen wollten und dann nicht mehr nach Hause konnten. Nachdem sie die Tür aufgebrochen haben, versiegeln sie sie wieder, es muss ja alles seine Ordnung haben. Auch die Tiere aus den Heimen am Stadtrand müssen sie evakuieren, für einige haben sie Asyl gefunden, in Polen oder Schweden. Ein Hund lebt nun im Sender, er hat eine eigene Zugangskarte.

Da ist, immer mal wieder, ein Witz, ein Pointe, ein kurzes Lachen.

Da ist die Reportage über ein Unternehmen, das bisher Skateboards produzierte und nun Barrikaden gegen die Panzer zusammenschweißt. Und der Außenreporter redet so jovial, als ob er gerade irgendein lustiges Start-up vorstellt.

Da sind die Durchhaltevideos in Dauerschleife, zusammengeschnitten aus den erbaulichen Szenen des Krieges: Panzerabschüsse, heiratende Soldaten, tanzende Soldaten, Kiew bei Nacht, hellblaue Kampfjets, Frauen, die Brot backen, Bilder von Demos in aller Welt, die Hymne.

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Da ist Evgeny Sinelnikov, Moderator einer bekannten Reiseshow, die in Russland so beliebt ist wie in der Ukraine. Tagelang war er in seinem Haus in Butscha gefangen, eingekesselt von der russischen Armee. Sinelnikov erzählt, wie schwer es für ihn ist, sein russisches Publikum zu erreichen: Sie müssen therapiert werden, sagt er.

Und dann ist da ein Ökonom aus Kiew, der zu der Wirksamkeit der Sanktionen gegen Russland befragt wird. In ein paar Monaten werden sie bankrott sein, sagt er. Und wenn der Krieg zu Ende ist, hätte die Ukraine die Chance, das Land zu modernisieren, zur treibenden technologischen Kraft zu werden, ihre Städte neu zu erfinden, dezentralisiert und ohne Stau. „Wir werden das Land unserer Träume bauen.“

Ja, sagt die Moderatorin, wenn wir verhindern, dass die falschen Leute an die Macht kommen. „Lasst uns vereint bleiben. Sonst wird alles nur schlimmer. Sonst werden wir einen schlimmeren Feind hervorbringen, als es Putin ist.“

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