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#Wie uns Corona fürs Leben prägt

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Wie uns Corona fürs Leben prägt

Lena Kah steckte mitten in den Abiturvorbereitungen, als die globale Gesundheitskrise über sie und alle anderen hereinbrach. Sie hatte noch wenige Wochen Unterricht vor sich an ihrem Dortmunder Gymnasium, nach den Osterferien wäre die Schule in NRW für den Abijahrgang zu Ende gewesen. Die schriftlichen Prüfungen hätte es kurz nach Ostern gegeben, dann die mündlichen und danach wäre die gute Zeit gekommen, die freie Zeit, die sie mit ihren Freunden hätte verbringen können, mit Feiern und mit Reisen, mit Zeugnisverleihung und mit dem Abiball. Hätte, wäre, Coronavirus.

Maja Brankovic

Maja Brankovic

Redakteurin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, zuständig für „Der Volkswirt“.

Stattdessen begann, wie Lena Kah es nennt, die „Hängepartie“. Sie erinnert sich, wie Merkel damals zu ihrem Volk sprach und sagte: „Die Schulen bleiben zu“ und Laschet dann zu seinem Volk sprach und sagte: „Die Schulen bleiben offen“ und sie und ihre Mitschüler sich fragten: „Ja was denn nun?“ Wie sie und alle anderen erst nicht wussten, ob sie ihr Abitur überhaupt schreiben würden und wie die Prüfungen dann kurzfristig doch stattfanden, und sie kein gutes Gefühl bei der Sache hatte, wegen der Gefahr der Ansteckung, aber auch wegen des verpassten Stoffs. Sie erzählt, dass sie unter ihre Schulzeit keinen richtigen „Schlussstrich“ habe ziehen können. Sie spricht von einer verlorenen Zeit. „Es lässt einem keine Ruhe, wenn man nicht weiß, was in der Zukunft liegt“, sagt die 18-Jährige heute. Das Blöde ist: Dieses Gefühl wird ihr und ihrer Generation vermutlich noch Jahrzehnte erhalten bleiben.

Je länger die Corona-Krise dauert, desto klarer wird: Den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wird kaum jemand entgehen, nicht die Jungen und auch nicht die Alten. Millionen Menschen zittern um ihre Arbeit, etliche Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand. Selbst wenn alles glattläuft, dürfte die Wirtschaftsleistung erst 2022 wieder auf Vorkrisenniveau sein, rechnen die Ökonomen vor. Doch sie wissen auch: Die Krise wird uns noch weit über ihr offizielles Ende hinaus verfolgen, unsere Persönlichkeiten und unsere wirtschaftlichen Entscheidungen für immer verändern. Denn in Rezessionen haben wir Menschen uns bislang immer anders entwickelt als in Zeiten des Booms. Die Narben der Krise verblassen zwar mit der Zeit. Aber vor allem die Erfahrung besonders heftiger Krisen tragen wir ein Leben lang mit.

Ökonomen haben die Folgen von Wirtschaftskrisen in alle erdenklichen Richtungen untersucht. Eines sei an dieser Stelle schon verraten: Es zählt die Lebenserfahrung, nicht nur die Jahre der Jugend und des frühen Erwachsenenlebens. Die aber schlagen besonders rein. Zum einen befinden wir uns dann in einem Alter, in dem richtungsweisende Entscheidungen fallen. Wir wählen eine Ausbildung, einen Beruf, knüpfen Beziehungen, wählen einen Partner. Zum anderen ist es das Alter, in dem sich nach Ansicht von Psychologen ein Bewusstsein über sich selbst und die Welt entwickelt. In dieser Zeit bilden wir die zentralen Ansichten darüber aus, wie Wirtschaft und Gesellschaft funktionieren.

Mehr Sympathie für Umverteilung

Was eine frühe Krisenerfahrung mit diesen Ansichten macht, haben die Ökonomen Paola Giuliano von der University of California in Los Angeles und Antonio Spilimbergo vom Internationalen Währungsfonds anhand amerikanischer Langzeitumfragen untersucht. Das Ergebnis ihrer 2014 erschienenen Studie war bemerkenswert: Menschen, die in den „prägenden Jugendjahren“ eine tiefe Rezession erlebten haben später Umverteilung deutlich stärker befürwortet als Menschen, die diese frühe Krisenerfahrung nicht machten. Zwar beeinflussen auch viele andere Faktoren unsere Einstellung zur Umverteilung. Arbeitende, verheiratete, wohlhabende und gebildete Menschen sowie Männer sehen sie skeptischer als Arbeitslose, Unverheiratete, Arme, Ungebildete und Frauen. Doch eine Rezession in der Jugend wirkt sich immerhin halb so stark aus wie die Tatsache, im Moment der Befragung arbeitslos zu sein.

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