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#Wie Wärme den herbstlichen Blätterfall beeinflusst

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Bäume aus? Verlieren sie durch höhere Temperaturen im Herbst früher ihre Blätter? Oder könnte die Erwärmung auch dazu führen, dass die Bäume im Herbst länger grün bleiben und somit mehr CO2 binden? Eine Studie zeigt nun, dass es bei der Antwort auf diese Frage auf den Zeitpunkt der Hitze ankommt: Treten hohe Temperaturen schon vor der Sommersonnenwende auf, verlieren die Bäume ihr Laub früher. Wird es dagegen später im Jahr warm, verschiebt sich der herbstliche Blätterfall nach hinten.

Bäume spielen mit Blick auf den Klimawandel eine wichtige Rolle: Bei der Fotosynthese nehmen sie viel CO2 auf und speichern es in Biomasse. Doch wie wirkt sich die globale Erwärmung auf diese CO2-Fixierung aus? Manche Studien haben nahegelegt, dass sich die Vegetationsperiode bei höheren Temperaturen verlängert und damit auch die Bäume im Herbst länger grün bleiben und somit potenziell länger Gelegenheit haben, CO2 zu binden. Andere wiederum kamen zu dem Ergebnis, dass Wärme die Bäume im Frühjahr zwar eher austreiben lässt, aber auch für einen verfrühten herbstlichen Blätterfall, also eine vorzeitige Seneszenz sorgt – womöglich, weil das jährliche Wachstumspotenzial früher ausgereizt und die Kohlenstoffspeicher gefüllt sind.

Gegenteilige Effekte der Temperatur

Ein Team um Constantin Zohner von der ETH Zürich ist dem Phänomen nun genauer auf den Grund gegangen. Dazu bestimmten die Forschenden zunächst mit Hilfe von Satellitendaten aus den Jahren 2001 bis 2018, wann die Wälder der nördlichen Hemisphäre in den jeweiligen Jahren austrieben, wann die Blätter begannen, sich herbstlich zu verfärben und wann sie abfielen. Diese Daten kombinierten sie mit Informationen über Bodenbeschaffenheit, Kohlenstofffluss, Klima und Tageslänge. Zudem führten sie eigene Experimente durch, indem sie junge Buchen künstlich zu verschiedenen Zeitpunkten im Jahr kühleren oder schattigeren Bedingungen aussetzten.

„Unsere Daten zeigen, dass die Erwärmung zu Beginn und am Ende der Saison entgegengesetzte Auswirkungen auf die Blattseneszenz hat, wobei eine Umkehrung nach dem längsten Tag des Jahres, der Sommersonnenwende, eintritt“, berichten die Zohner und sein Team. Traten bereits vor der Sommersonnenwende hohe Temperaturen auf, begann sich das Laub im Herbst früher zu verfärben. Jedes Grad mehr im Frühling und Frühsommer verschob den Beginn der Seneszenz um rund zwei Tage nach vorne. Nach der Sommersonnenwende, also ab Ende Juni, sorgten höhere Temperaturen dagegen dafür, dass die Bäume ihre Blätter länger behielten – im Schnitt rund 2,5 Tage mehr pro zusätzlichem Grad.

Blätter länger bunt

Zudem beobachtete das Team, dass auch die Zeitspanne zwischen der ersten Verfärbung der Blätter und deren Abfallen von der Temperatur abhängt: War es im Spätsommer und Herbst kühl, warfen die Bäume ihre bunten Blätter nach kurzer Zeit ab. Herrschten in dieser Zeit jedoch warme Temperaturen vor, verlängerte sich diese Phase: Zwar begannen die Blätter in warmen Jahren schon früh, sich zu verfärben, doch der Prozess schritt langsam voran. Bis die letzten Blätter von den Bäumen gefallen waren, dauerte es trotz des früheren Beginns oft länger als in kühleren Jahren.

Damit vereint die aktuelle Studie die Ergebnisse früherer, scheinbar widersprüchlicher Untersuchungen: „Jetzt ist klar, dass wärmere Temperaturen und eine erhöhte Vegetationsaktivität vor der Sommersonnenwende einen früheren Beginn der Seneszenz bewirken, während wärmere Temperaturen nach der Sonnenwende in Übereinstimmung mit früheren Studien das Fortschreiten der Seneszenz verlangsamen“, erklärt das Team. „Das bedeutet, dass die Seneszenz weiterhin früher beginnt, aber langsamer voranschreitet.“

Anpassung an strenge Winter?

Ein Grund dafür, dass die Bäume je nach Zeitpunkt so unterschiedlich auf Wärme reagieren, könnte aus Sicht der Forschenden die Anpassung an saisonale Klimazonen mit strengen Wintern sein. „Die beobachtete Reaktion ermöglicht es den Bäumen, den Verlauf der Jahreszeiten zuverlässig zu antizipieren und sich auf die Winterruhe vorzubereiten, lange bevor die Temperaturen zu sinken beginnen“, schreiben Zohner und sein Team. „Der Sonnenwende-Schalter in der physiologischen Reaktion der Bäume auf die Temperatur kalibriert ihre jahreszeitlichen Rhythmen und vermittelt, wie sie auf warme oder kühle Temperaturen reagieren, jetzt und in Zukunft.“ Verbesserte Modelle der Pflanzenentwicklung unter den Bedingungen des Klimawandels sollten deshalb zukünftig auch die unterschiedlichen Effekte der Erwärmung vor und nach der Sommersonnenwende einbeziehen, so die Forschenden.

Quelle: Constantin Zohner (ETH Zürich, Schweiz) et al., Science, doi: 10.1126/science.adf5098

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