#„Viele Menschen haben das Gefühl, die Welt arbeite gegen sie“
„„Viele Menschen haben das Gefühl, die Welt arbeite gegen sie““
Seine globalen Geschichten haben Ramin Bahrani zu einem der wichtigsten neuen Regisseure Amerikas gemacht. Jeder seiner Filme, ob „Goodbye Solo“ oder „99 Homes“, wurde auf internationalen Festivals ausgezeichnet. Jetzt hat der 45-Jährige den Erfolgsroman „The White Tiger“ adaptiert. Der Film ist gerade bei Netflix gestartet.
Herr Bahrani, Sie sind iranischer Amerikaner. Hat die Kultur Ihrer immigrierten Eltern noch Bedeutung für Ihre Arbeit?
Ja, und zwar fundamental. Ich bin geboren und aufgewachsen in North Carolina, studiert habe ich in New York und lebe auch jetzt noch dort. Aber ich habe drei Jahre meines Erwachsenenlebens in Iran verbracht. Dass ich die Welt durch zwei verschiedene Paar Augen sehen kann, hat meine Identität immens geformt, später auch meine Arbeit. Das iranische Kino hat mich beeindruckt, seitdem ich ein Teenager war. Für mich gehört das alles zusammen – all diese Einflüsse machten mich zu der Person, die ich jetzt bin.
Sie wurden in Amerika sozialisiert. Woher kam Ihr Entschluss, längere Zeit im Land Ihrer Eltern zu leben?
Mit Anfang zwanzig wollte ich für ein paar Wochen nach Iran reisen, zum ersten Mal überhaupt, zusammen mit meinen Eltern, die 25 Jahre nicht mehr dort waren. Nach sechs Wochen flogen sie zurück in die Vereinigten Staaten, während ich beschloss, etwas länger zu bleiben. Daraus wurden drei Jahre.
Was zog Sie in die für Sie fremde Heimat Iran?
Ich wollte mehr über mich erfahren, wollte wissen, was meine Eltern geprägt hatte und wo all das herkommt, was sie mir mitgegeben hatten, ob Sprache, Werte, Literatur oder Märchen, alle Geschichten meiner Kindheit. Es war an der Zeit, mich mit der Vergangenheit meiner Familie auseinanderzusetzen und einen tieferen Bezug zu meinem kulturellen Substrat zu entwickeln. Ich wollte wissen, was mich mit Iran verbindet und welche Kultur meine Filme nährt.
Wie endete diese Identitätssuche?
Ich habe eine klarere Vision davon, wer ich als Künstler bin. Ich war schon immer gut darin, dort hinzuschauen, wo sonst niemand hinschaut, in die Abgründe, die Ritzen und Ecken. Ich zeige gern Menschen, die man sonst nicht in Filmen sieht – die Unterschicht, die Immigranten, die Arbeiterklasse. Diese Leute sah man bei mir schon in „Man Push Cart“ oder „Chop Shop“, nun mündet alles in „The White Tiger“. Ich habe mehr als fünfzehn Jahre gewartet, um diesen Film machen zu können.
Woraus besteht Ihr intellektueller und cineastischer Kosmos? Sind soziale Fragen der rote Faden in Ihren Filmen?
Zum Teil, ja. Ich konzentriere mich zunächst auf interessante Charaktere. Die Geschichten entwickeln sich dann aus diesen Figuren: pakistanische Männer in „Man Push Cart“ oder in „Chop Shop“ hispanische Kinder, die auf einem Schrottplatz in Queens leben. In „Goodbye Solo“ ging es um einen schwarzen Taxifahrer in North Carolina, der aus Senegal stammt. „99 Homes“ drehte sich um weiße Arbeiter, die ihr Zuhause verlieren. Mich interessieren soziale Schichten, weil wir auf der ganzen Welt beobachten können, wie viel Wut sich dort anstaut. Viele Menschen haben das Gefühl, dass die Welt gegen sie arbeitet.
Kann es sein, dass Sie, der Amerikaner mit dem makellosen Englisch, immer noch die sensiblen Antennen des Immigranten besitzt?
O ja, natürlich. Bis heute tun sich die Menschen in meiner Umgebung schwer, meinen Namen korrekt auszusprechen oder zu schreiben. Ich erinnere mich auch noch genau an das seltsame Gefühl, wie es 1979 war, während der Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft in Teheran in North Carolina zu leben.
Aber 1979 waren Sie doch noch ein Kind …?
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