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#„Wir im Norden haben einfach einen Vorsprung beim Glück“

„„Wir im Norden haben einfach einen Vorsprung beim Glück““

Am Sonntag wählt Schleswig-Holstein einen neuen Landtag. Im sogenannten Glücksatlas belegt das Land regelmäßig einen Spitzenplatz. Warum ist das so, Herr Jensen?

Die Forschung ist sich relativ einig, dass der größte Teil des Glücks – oder der Zufriedenheit, wie wir Forscher lieber sagen – auf den Genen beruht. Sie entscheiden zu 50 Prozent, ob das Glas für uns eher halb voll oder eher halb leer ist. Und da haben wir im Norden einfach einen Vorsprung, weil wir einen gemeinsamen Genpool teilen mit den Skandinaviern.

Und die sind glücklicher?

Ja. Das hat damit zu tun, dass man das Leben im Norden ein bisschen lockerer sieht, nicht so aufgeregt, nicht so hektisch. Emotionale Gelassenheit spielt da eine wichtige Rolle, die ist sehr glücksfördernd. Und dass man die schönen Seiten des Lebens genießt und sich freut, wenn die Sonne scheint und einem der Wind um die Nase bläst.

Das klingt schön, aber auch ein bisschen romantisierend. Es gibt in Schleswig-Holstein ja durchaus Probleme: niedrige Löhne, weite Wege zur Arbeit, zu wenige Kita-Plätze. Wie passt das zusammen mit der hohen Zufriedenheit?

Natürlich gibt es Probleme. Aber da fragen wir Schleswig-Holsteiner eher: Was kann ich daran ändern? Und wenn wir nichts ändern können, dann kümmern wir uns auch nicht weiter darum. Das zeigt auch der klassische norddeutsche Panikausbruch: Oh ha. (Lacht.) Wenn es mal ein bisschen stürmt, ist das für uns nicht so wild. Und was man ganz klar sagen muss, auch wenn es banal klingt: Geld spielt bei der Zufriedenheit keine so große Rolle – wenn die eigene Existenz ausreichend abgesichert ist. Denn mit mehr Geld wachsen auch die Ansprüche.

Für seine Glücksforschung stützt sich der Kieler Mathematik-Professor Uwe Jensen auf die Daten des „Sozioökonomischen Panels“. Die Studie, die seit 1984 läuft, wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erstellt. Dabei werden jährlich etwa 30.000 Teilnehmende in 15.000 Haushalten befragt – und zwar im Prinzip immer dieselben Personen.


Für seine Glücksforschung stützt sich der Kieler Mathematik-Professor Uwe Jensen auf die Daten des „Sozioökonomischen Panels“. Die Studie, die seit 1984 läuft, wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin erstellt. Dabei werden jährlich etwa 30.000 Teilnehmende in 15.000 Haushalten befragt – und zwar im Prinzip immer dieselben Personen.
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Bild: privat

Im Nachbarbundesland Hamburg sind die Durchschnittsbruttolöhne aber deutlich höher als in Schleswig-Holstein. Reicht das nicht, um Neid zu wecken?

Das hat keinen großen Einfluss. Sie vergleichen Ihren Wohlstand ja wahrscheinlich auch nicht mit einem Tennisstar oder mit jemandem aus dem Fernsehen, sondern eher mit dem der Nachbarn oder der Kollegen. Das ist der Normalfall. Niemand schaut sich die Durchschnittseinkommen an und denkt dann: Oh, wir in Schleswig-Holstein sind aber arm dran. Das wäre ja schrecklich.

Ist das ein Plädoyer für Genügsamkeit?

Die zufriedenen Leute sind nicht diejenigen, die das Beste haben wollen, sondern die, die aus dem, was sie haben, das Beste machen. Und darin sind die Menschen im Norden gut.

Was kann man sich neben Gelassenheit und Genügsamkeit noch von den Norddeutschen abschauen, um zufriedener zu sein?

Wie gesagt, zu 50 Prozent sind die Gene entscheidend für die Zufriedenheit. Auf sie haben wir keinen Einfluss. Zu 20 Prozent sind die Lebensverhältnisse entscheidend – Gesundheit, Alter, Einkommen und so weiter. 20 Prozent hängen davon ab, wie aktiv ich bin, wie ich meine Freizeit gestalte, welche Ziele und Einstellungen ich habe. Und 10 Prozent sind das sogenannte Tagesglück – also das, was mir am konkreten Tag der Befragung widerfährt. In den Daten sehen wir, dass die Menschen im Norden relativ sportlich sind. Ein Tipp wäre also: Öfter mal rausgehen, nicht zu Hause am Fernseher hängen und Chips futtern. Sich mit Leuten treffen, sich bewegen, vielleicht mal mit dem Rad zur Arbeit fahren statt mit dem Auto.

Ministerpräsident Daniel Günther, der mit seiner CDU auch nach der Landtagswahl die Regierung anführen will, scheint diese norddeutsche Glücksformel gut verinnerlicht zu haben. Er tritt in der Öffentlichkeit nicht nur unaufgeregt auf, er teilt auf seiner Internetseite auch seine Laufstrecken.

Politiker wie er, die die Dinge eher gelassen angehen, pragmatisch sind und nicht so viel Tamtam machen, passen auf jeden Fall ganz gut zu den Schleswig-Holsteinern.

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Am 8. Mai 2022 finden die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein statt. Vergleichen Sie die Antworten der Parteien mit Ihren Standpunkten.

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Was kann die Politik denn für die Zufriedenheit der Menschen tun?

Die Leute direkt glücklicher machen, das kann die Politik nicht. Aber sie kann sich natürlich darum kümmern, dass für die Grundbedürfnisse gesorgt ist. Corona hat schon ganz schön reingehauen, was die Zufriedenheit angeht, mit Homeschooling, Sorgen um die Gesundheit und die eigene Existenz. Dasselbe droht auch jetzt, durch den Krieg in der Ukraine und seine Folgen für uns in Deutschland. Da kann die Politik schon eine Menge tun, damit es im Leben der Menschen nicht zu großen Einschnitten kommt.

Würde ein Umzug nach Schleswig-Holstein mich eigentlich automatisch zu einem glücklicheren Menschen machen?

Nein, das wird nicht klappen, denn wesentliche Teile für die Zufriedenheit stecken ja schon in uns selbst. Wenn jetzt ein Unzufriedener, sagen wir mal aus Sachsen-Anhalt oder Bayern, nach Wesselburen zieht, dann macht es nicht knacks und er ist zufrieden. Denn so groß ist am Ende der Einfluss der Landschaft, von Wind, Wasser und flachem Land, nicht. Viel entscheidender sind die Persönlichkeit, und die Lebenssituation, ob jemand Familie und Freunde hat, ob er Wertschätzung erfährt und am Abend das Gefühl hat, etwas Sinnvolles getan zu haben. Am Ende kann es sogar sein, dass die Person nach dem Umzug weniger zufrieden ist, weil sie die Berge vermisst und es grässlich findet, dass man hier bei uns kilometerweit gucken kann.

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