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#„Wir könnten in vier Wochen am Ziel sein“

„Wir könnten in vier Wochen am Ziel sein“

Hohe Fallzahlen? Fürchtet euch nicht! Was bis in den Herbst hinein von dem einen oder anderen Virologen und Kassenärztelobbyisten in Corona-Talkshows und der Boulevard-Presse als mutige Corona-Strategie propagiert wurde, ist längst disqualifiziert. Die Lockerungslautsprecher sind verstummt. Und ihre Idee, hohe Infektionszahlen könnte das Gesundheitssystem locker stemmen, solange sie stabil bleiben, ist von der traurigen Wirklichkeit eingeholt. Politisch ist die epidemiologische Schnapsidee längst einkassiert, und nun ist sie auch wissenschaftlich zur Randerscheinung geworden – zugunsten einer ins Gegenteil weisenden europäischen Vision. Auf Initiative der Göttinger Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann haben sich mehr als dreihundert europäische Wissenschaftler, Gesundheitsfachleute und Vertreter von Institutionen im Krankensektor einer Publikation im international renommierten Medizin-Journal „Lancet“ angeschlossen, in der eine gemeinsame „Strategie zur raschen und nachhaltigen Reduktion der Covid-19-Fallzahlen“ gefordert wird.

Joachim Müller-Jung

Joachim Müller-Jung

Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

Das Ziel ist, ganz konkret: Möglichst schnell auf eine Fallzahl von maximal zehn Neuinfektionen pro Million Einwohner und Tag zu kommen – und zwar kontinentweit. Für Deutschland heißt das: Den verschärften Lockdown fortsetzen, bis man wieder bei dreistelligen Fallzahlen pro Tag ankommt, und nicht wie derzeit weit im fünfstelligen Bereich. „Bei so hohen Zahlen wie jetzt lässt sich die Zahl der Toten nicht reduzieren“, sagte Priesemann bei der virtuellen Ankündigung der europäischen Initiative, zu der außer ihr die Genfer Virologin Isabella Eckerle und die Wiener Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack anwesend waren.

Verringerung der Fallzahlen hat nur Vorteile

Die drastische und dauerhafte Verringerung der Fallzahlen hätte nur Vorteile. Sechs davon werden in der Lancet-Publikation ausgeführt: Geringe Fallzahlen retten Leben, sie sichern Arbeitsplätze und Unternehmen (sich schnell erholende Volkswirtschaften wie Australien zeigten das), die Ausbreitung könne damit effektiver kontrolliert werden, sie erlaubten zudem Planbarkeit, die Quarantäne und Kontaktnachverfolgung seien überhaupt nur so durchführbar, und nicht zuletzt bleibe den Menschen die unselige Debatte um eine populationsweite, durch Infektionen herbeigeführte Immunität – die vieldiskutierte Herdenimmunität – erspart. „Es muss aufgehört werden, diesem Phänomen nachzujagen, wir sollten nichtmal mehr darüber sprechen“, forderte Prainsack. Gleiches gelte für wissenschaftlich völlig unhaltbare Ideen von Immunpässen. Die Politik hoher Fallzahlen, auch wenn man sie stabil hoch halten wolle, seien viele vermeidbare Covid-19-Opfer: „Im Moment müssen wir wohl noch bis Neujahr mit steigenden Totenzahlen rechnen“, sagte Priesemann.

Die oberste Prämisse sollte sein, so heißt es in dem Lancet-Papier, ausnahmslos in ganz Europa niedrige Fallzahlen durch koordiniertes Vorgehen zu erreichen. Wenn in einem einzelnen Land geringe Infektionszahlen erreicht sind, genügt das nach Ansicht der Autoren nicht, weil durch die offenen Grenzen jederzeit wieder erhebliche Viruseinträge ins Land kommen könnten. Der„Ping-Pong-Effekt“ durch reimportierte Corona-Infektionen drohe jederzeit bei auch nur teilweise hohen Fallzahlen in Europa. „Wir müssen dem Virus den Weg abschneiden“, sagte Priesemann, und das gilt insbesondere jetzt auch innerdeutsch im Lockdown. „In vier Wochen könnten wir am Ziel sein“, die Infektionszahlen auf die zehn Fälle pro Million und Tag zu drücken. Dazu allerdings müsste die Virusverbreitung konsequent und an allen Stellen durch Kontaktreduktion bekämpft werden – auch in den Schulen, bei der Arbeit und im Verkehr. Bisher fehlen für viele dieser Bereiche definierte Ziele, immer noch würden zu viele Ausnahmen in Europa gemacht.

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