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#„Wir vertrauen ihm unser Leben an“

„Wir vertrauen ihm unser Leben an“

Die Mannschaft American Magic wird weiter vor Auckland um den Platz als Herausforderer für den America’s Cup segeln. Zwar ist ihr Boot nach dem spektakulären Kentern im letzten Rennen am Sonntag sehr schwer beschädigt. „Wir werden ‚Patriot‘ aber in den nächsten elf Tagen reparieren“, sagte Skipper Terry Hutchinson am Morgen in Auckland. Damit soll sie in das Halbfinale der Herausforderer vom 29. Januar an wieder einsteigen.




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Christoph Hein

Christoph Hein

Wirtschaftskorrespondent für Südasien/Pazifik mit Sitz in Singapur.

Der sichtlich bewegte Spitzensegler, der wie seine Mannschaftskollegen ungeschoren davon gekommen war, hatte sich die Nacht um die Ohren geschlagen. Um Mitternacht wurde das Wrack an Land gehievt, von drei Uhr morgens an der Rumpf mit Ultraschall auf weitere Schäden geprüft. „Gott sei Dank ist die Elektronik unbeschädigt, die Batterien sind nicht ausgelaufen und das Hydraulik-System blieb geschlossen“, sagte Hutchinson. Vor allem aber sei die Mannschaft wohlauf. „Als erstes haben wir uns mit Messern losgeschnitten“.

Kurz vor ihrem ersten Sieg hatte die „Patriot“ im letzten Lauf des Tages an der letzten Luvtonne in eine starke Böe gewendet, hob sich meterhoch aus dem Wasser, landete unsanft und kenterte. Es habe möglicherweise ein technisches Problem beim Auffieren des Großsegels gegeben, sagte der Amerikaner. Er hat elf Weltmeisterschaften gewonnen und ist viermal um den America’s Cup gesegelt – 2007 als Taktiker für das Team New Zealand.

Die neuen Boote vom Typ AC75 seien am leichtesten zu kontrollieren, wenn sie schnell seien, denn dann fliegen sie stabil auf der Leekufe. Es sei auch deshalb wichtig, ständig „auf’s Gaspedal zu drücken“, sagte der Skipper. „Wenn wir ein Rennen fahren, fahren wir halt ein Rennen.“ Allerdings häufen sich nach inzwischen zwei Kenterungen vor Auckland die Fragen nach dem Bootstyp – schon vor dem Unfall drängten insbesondere Amerikaner darauf, für den nächsten America’s Cup wieder zu eher traditionellen Kielbooten zurückzukehren.

Hutchinson stellte sich am Morgen vor seinen Steuermann, den Neuseeländer Dean Barker. „Dean hat die richtige Entscheidung getroffen, um die linke Tonne zu wenden“, sagte Hutchinson. An der rechten Tonne habe im Vergleich zu wenig Wind geherrscht. Der Wind auf der linken Seite aber habe in wenigen Sekunden von 13 auf 23 Knoten zugelegt, die Jacht nach der Wende damit sofort auf „rund 47 Knoten“ (87 Stundenkilometer) beschleunigt. „Sie verzeiht nichts“, sagte der Taktiker.

Barker sei vollkommen unnötig ein viel zu großes Risiko eingegangen, monieren Kritiker. Auch in seinem Heimatland ist er nicht unumstritten und war vor Jahren als Steuermann des Teams New Zealand aussortiert worden – woraufhin er sich erst von Japanern und dann den Amerikanern als Legionär engagieren ließ. „Ich habe ihm gesagt, sei Dean Barker und sonst gar nichts. Ich weiß, dass durch seinen Venen etwas Eiswasser läuft“, sagte Hutchinson.

Zurückgeschaut werde nun nicht mehr – „wenn wir eine Entscheidung treffen, treffen wir sie, und das als Team.“ Barker bleibe in der Mannschaft unumstritten: „Wir vertrauen ihm unser Leben an.“ Um seinen Steuermann zu entlasten, schob der Skipper nach: „Es war eine ganze Kombination von Ereignissen, die zum Kentern geführt hat.“

Allerdings bleiben die Reparaturen eine große Herausforderung. Aus dem Ersatzrumpf werde wohl ein Stück herausgeschnitten, dass dann in die „Patriot“ eingesetzt werde. Auf dem Wasser hatte es eine Weile gedauert, bis die Männer begriffen, wie schwer ihr Schiff beschädigt war. „Einer sah ein Stück Kohlenstoff aus dem Rumpf treiben, da wussten wir, dass sie ein Leck hat“, sagte Hutchinson.

Das metergroße Leck auf der Backbord-Seite des Rumpfes scheint durch das Brechen der Innenkonstruktion der „Patriot“ beim Aufprall auf die Wasseroberfläche entstanden zu sein. Das Boot sei sehr schnell vollgelaufen, obwohl die Mannschaft bemüht war, das Loch mit einer Fock zu stopfen. Als immer mehr Rettungsboote die „Patriot“ erreichten, die fast 20 Kilometer vor dem Hafen auf der Außenbahn trieb, konnten 16 Pumpen und Schwimmkörper eingesetzt werden, um sie über Wasser zu halte.

Barker machte während der stundenlangen Rettung einen sehr niedergeschlagenen Eindruck. Team New Zealand lieferte den erschöpften Seglern Pizza, während der zerstörte Rumpf über Stunden in den Hafen geschleppt wurde. „Wir haben unglaubliche Hilfe von allen unseren Konkurrenten und deren Teams bekommen“, sagte der Amerikaner. „Auch an Land bietet uns wirklich jeder all seine Ressourcen an.“ Dies sei ein Zeichen für die gute Seemannschaft und den Zusammenhalt auch konkurrierender Spitzensegler.

Eigentlich ist der America’s Cup, in den Sponsoren Dutzende Millionen von Dollar pumpen und bei dem es um Milliarden Dollar für Wirtschaft und Tourismus geht, eher berüchtigt dafür, dass sich Teams gegenseitig mit Prozessen überziehen. Ohne die Bootsbauer und Techniker der anderen Mannschaften aber würde die „Patriot“ wohl nicht in nur elf Tagen wieder auf dem Wasser erwartet werden können. „Hätte ich gesagt, wir segeln nächsten Freitag wieder, hätte ich wohl eine Meuterei ausgelöst“, sagte der Amerikaner mit Blick auf die nächsten Matchraces.

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