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#Malerinnen 1500 bis 1900: Kunst ist keine Frage von Rock oder Hose

Wer hat Angst vor tiefstem Judithblutrot? Das Arp-Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen feiert Werke europäischer Malerinnen, die von der Kunstgeschichtsschreibung lange ignoriert wurden.

Auf ihrem Selbstbildnis von 1840 lächelt uns die Spanierin in dem Empirekleid und der glitzernden Haarkrone eher mild und wissend denn schalkhaft an. Sie hätte durchaus Grund zum Triumphieren, schließlich war Victoria Martín Barhié zum ersten weiblichen Mitglied an der Kunstakademie von Cádiz gekürt worden. Aber die Schülerin des akademischen Malers Manuel Montano schien zu ahnen, dass es noch dauern sollte, bis ihr in dieser Institution andere Frauen folgen dürften.

Es vergingen tatsächlich weitere zwölf Jahre, bis auch Studentinnen offiziell zugelassen wurden. Ihr eigener Ruhm währte dagegen nur kurz. Sie hinterließ der Akademie neben dem hinreißenden Selbstporträt eine Geburt Christi, eine Susanna im Bade und eine allegorische Darstellung von Amor und Psyche. Damit bewies sie ihre meisterliche Beherrschung der Gattungen. Auf der historischen Bühne der Malerei verschwand diese Maestra dennoch spurlos.

Heute sehnen sich Museen und der Markt nach Künstlerinnen

In die Nähe einer Akademie ist die Antwerpener Künstlerin Catharina Ykens zwei Jahrhunderte zuvor gar nicht erst gekommen. Ihr Vater, Bruder, Ehemann und Onkel waren Maler, was zu dieser Zeit genügen musste. Im Umfeld von Rubens legte sie ihren Schwerpunkt auf Blumengirlanden, die im Geiste der Gegenreformation Maria huldigten. Später malte sie Vanitasbüsten von weiblichen Totenschädeln auf dem Körper prunkvoll gekleideter Damen. Bei ihrer „Gitarre spielenden jungen Frau in einer Girlande“ könnte es sich um die Darstellung des Gehörs oder gar um ein Selbstporträt handeln.

Die Weintrauben, Pflaumen und Feigen stehen in voller Blüte. Auch die Porträtierte verströmt jugendliche Frische, und doch schwebt auch bereits die bleierne Stille der drohenden Unsichtbarkeit über ihr. Heute, da Museen und der Markt nach Geschlechtergerechtigkeit streben und unermüdlich nach Werken von Künstlerinnen fahnden, häufen sich Ausstellungen, die den lange nicht Beachteten, obwohl zu ihren Lebzeiten hoch anerkannt, ihre Reverenz erweisen.

Schaut man genauer hin, scheint der Diskurs selbst immer wieder aufs Neue vom Vergessen bedroht, denn auch das Nachahmungsecho, das die legendäre Ausstellung „Women Artists: 1550–1950“ von 1976 in Los Angeles nach sich zog, war nicht von langer Dauer. Linda Nochlin und Ann Sutherland setzten zwar einen epochalen Prozess in Gang, aber erst wieder im Zuge des MeToo-Erdbebens trägt ihre Initiative verlässlich nachwachsende Früchte. Immerhin zeigte die Ausstellung von 1976, dass es nicht nachlassender Anstrengungen bedarf, um Leben und Werk von Künstlerinnen im kollektiven Gedächtnis zu verankern.

Etwa gerade im Kunstmuseum Basel, wo „Geniale Frauen“, darunter Hofmalerinnen, Lehrende, Unternehmerinnen und Verlegerinnen aus dem sechzehnten bis achtzehnten Jahrhundert den Beweis erbringen, dass der Ausnahmefall einer professionellen Karriere je nach Herkunft und Land häufiger vorkam, als man geläufig annimmt, von den im Barock zu den Akademien zugelassenen Italienerinnen wie etwa Artemisia Gentileschi bis zu Sofonisba Anguissola, die bereits in der Renaissance am spanischen Hof in Madrid protegiert wurde. Beide hat man zuletzt neben der Manieristin Lavinia Fontana, die als begnadete Netzwerkerin die Malerwerkstatt des Vaters übernahm und sich im Ehevertrag zusichern ließ, dass ihr Mann für die elf Kinder und den Haushalt zuständig war, immer wieder in Einzel- und Gruppenschauen gesehen, stets unter dem Vorzeichen lange ignorierter Altmeisterinnen. Und natürlich fehlen sie nicht in Remagen.

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