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#Wo ist das Sommerferiengefühl von früher hin?

Wo ist das Sommerferiengefühl von früher hin?

Es gibt dieses Gefühl, nach dem ich mich seit Jahren sehne. Es fühlt sich nach leichtem Sonnenbrand und klebrigen Fingern an, riecht nach Chlor und Sonnencreme und schmeckt nach süßem Wassereis und Pommes rot-weiß. Ich kann mich eigentlich kaum an die wenigen Auslandsurlaube erinnern, die ich mit meinen Eltern als Kind und Teenager unternommen habe, obwohl gerade diese Erlebnisse ja viel aufregender für mein junges Gemüt gewesen sein müssen. Ich weiß dagegen aber noch sehr genau, dass sechs Wochen Sommerferien das Beste an der Schule, ach, wenn nicht sogar das Beste am Kindsein waren.

In meiner Erinnerung schien immer ausnahmslos die Sonne und wenn sie das aus irgendeinem Grund nicht tat, wartete ich Süßigkeiten futternd vor dem Fernseher, bis sie wieder rauskam. Im Garten meiner Oma sah ich den Brombeeren und Himbeeren beim Wachsen zu, bis sie endlich reif waren, um sie ungewaschen in den Mund zu stecken. Und die einzige Tätigkeit, für die ich täglich verantwortlich war, war Softeis holen beim Eisladen um die Ecke. Oh, wie süß war doch das Leben…

Den ganzen Tag im Freibad liegen, Musik aus dem Walkman hören, dummes Zeug reden und sich um nichts Sorgen machen, nicht unbedingt sechs Wochen lang, aber vielleicht zwei oder drei – das ist, was ich will.

Mag sein, dass ich diese Zeit in meiner Erinnerung auch ein bisschen verkläre, aber hey, darum soll’s ja überhaupt nicht gehen. Denn wonach ich mich sehne sind natürlich nicht Pommes rot-weiß als einziges Nahrungsmittel und hautalternder Sonnenbrand (man wird ja nicht jünger!), sondern diese Unbeschwertheit der Kindheitstage – gerade im Sommer. Den ganzen Tag im Freibad liegen, Musik aus dem Walkman hören, dummes Zeug reden und sich um nichts Sorgen machen, nicht unbedingt sechs Wochen lang, aber vielleicht zwei oder drei – das ist, was ich will.

Klar, ich könnte natürlich auch einfach in den Urlaub fahren, irgendwo in den Süden an einen Strand, wo man von mir als gute Deutsche erwartet, den einen oder anderen Sonnenbrand als Accessoires zum Abendessen beim Italiener zu tragen. Aber seien wir ehrlich: Es ist einfach nicht das Gleiche. Vor allem weil wir heute ständig damit beschäftigt sind, alles aus unserem Urlaub zu dokumentieren. Zumindest ich kann selbst im Urlaub nicht mehr wirklich abschalten, was möglicherweise auch Berufskrankheit sein könnte. Ständig halte ich nach guten Motiven Ausschau, trage mein Stativ mit mir rum, weise meinen Freund an, mich aus dieser oder jener Perspektive zu fotografieren, recherchiere, wo es am besten schmeckt, wo man am schönsten übernachten kann und welcher Ort noch nicht in jedem Reiseführer genannt wurde. Ich poste Fotos und Videos auf Instagram, schaue, was auf unserem eigenen Kanal los ist und wenn mir mal heillos langweilig ist, schmeiße ich TikTok an. Ein digitaler Entzug würde mir vermutlich mal richtig gut tun, aber dann müsste ich mich schon in ein Schweigekloster einmieten (note to self).

Denn ich habe erst dieses Jahr verstanden, dass ich das Sommerferiengefühl nicht dort finde, wo es die schönsten Strände und das blauste Wasser gibt, sondern hier in Deutschland, zwischen Freibädern und Pommes-Ständen, Baggerseen, dem Duft von Kiefern und dem ohrenbetäubenden Geschrei von Kindern in der Ferne.

Ich weiß noch, wie ich es 2020 im Sommer, nach der ersten Pandemie-Welle, versäumte, Urlaub zu buchen. Während die meisten, vom Reisefieber befallen, in den europäischen Süden strömten oder zumindest die schönsten Ferienhäuser an Nord- und Ostsee ergatterten, saß ich unter der Woche am Rechner und arbeitete. Am Wochenende lag ich an Berliner und Brandenburger Seen rum und sinnierte darüber, dass ich den Sommer 2021 auf jeden Fall besser planen müsse. Es war ein bisschen frustrierend, manchmal langweilig – und eigentlich wahnsinnig schön. Denn ich habe erst dieses Jahr verstanden, dass ich das Sommerferiengefühl nicht dort finde, wo es die schönsten Strände und das blauste Wasser gibt, sondern hier in Deutschland, zwischen Freibädern und Pommes-Ständen, Baggerseen, dem Duft von Kiefern und dem ohrenbetäubenden Geschrei von Kindern in der Ferne. Diese Orte sind nicht annähernd so spannend und atemberaubend wie die beliebten Sommerurlaubsziele in Europa – aber die haben mir ja im Kindesalter schon nicht die Ferien versüßt.

Daher fahre ich auch im Sommer 2021 wieder nicht in den Süden, sondern bleibe in Deutschland, lege mich an irgendeine Instagram-untaugliche Kieskute und genieße die Langweile.

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