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#Worum in Glasgow zum Schluss gestritten wird

Worum in Glasgow zum Schluss gestritten wird

Frans Timmermans hält ein Bild seines Enkels in die Höhe, er ist ein Jahr alt ist. Wenn das Paris-Abkommen 2050 ausläuft sei er 31. „Wenn wir scheitern, wird er in einer Welt leben, in der um Essen gekämpft wird”, sagt der für Klimafragen zuständige Vizepräsident der EU-Kommission im Plenum der Weltklimakonferenz am Freitagnachmittag. Die Klimaverhandlungen seien etwas persönliches, nichts politisches. Er, Timmermans, lebe nicht auf Palau oder Barbados, beides Inseln, die schon heute vom Untergang bedroht sind, aber es gehe in wenigen Jahren um viele andere Länder. „Unsere Aufgabe ist es heute, das 1,5 Grad-Ziel am Leben zu halten”, sagt er. Die Zeit laufe davon, sagt Timmermans, aber es sei noch nicht zu spät. Und er meint beides: Um die Klimaziel tatsächlich noch zu erreichen und bei dieser COP26 genannten Klimakonferenz, bei der die Verhandlungen auch nach ihrem offiziellen Ende am Freitagabend weitergehen.

Die Ermahnung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres am Donnerstag, es reiche nicht nur aus, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, richtete sich an die britische Präsidentschaft. Über Nacht wurden viele informelle Verhandlungen in den unterschiedlichen Verhandlungssträngen geführt. Was am Freitagmorgen dabei rauskam, sorgte für viel Kritik – von Umweltorganisationen, aber auch von Staaten wie den USA. Die Regeln seien aufgeweicht worden. So hieß es zwar weiterhin, es solle einen weltweiten Ausstieg aus der Kohle geben, allerdings mit der Einschränkung, dass dies nicht für Kraftwerke, die klimaschädliches Kohlendioxid abscheiden, gilt. Beim Appell an die Staaten, ihre Förderung für alle fossilen Energieträger einzustellen, wurde eingeschränkt, dass nur „ineffiziente“ Subventionen gemeint seien.

Am Mittag folgte die Aussprache, bei der sich einerseits das Einbremsen bestimmter Länder wie Saudi-Arabien zeigte, die eine „ausgeglichene Entscheidung” forderten, aber auch ambitioniertere Verhandler wie die EU oder die Schweiz sich für höhere Ziele aussprachen. Der Vertreter Kanadas sagte, sein Land sei sicherlich nicht immer vorbildlich gewesen, aber das habe sich geändert, man verfolge ambitionierte Ziele. Das sei womöglich ein Vorbild für andere Staaten. Der Klimabeauftragte der amerikanischen Regierung, John Biden, appellierte auch zu raschem Handeln. Er kündigte an, dass die USA ihre finanziellen Mittel im Bereich der Klimaanpassung verdoppeln wollen.

Deutschland will Ausgaben bis 2025 verdoppeln

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte in einer Pressekonferenz am Nachmittag, die Klimaanpassung sei so wichtig wie nie zuvor. Bis 2025 wolle Deutschland die Ausgaben verdoppeln. Es gelte jetzt, den Entwurf vom Nachmittag zu verteidigen. So sei es ein „Paradigmenwechsel”, dass im Abschlussdokument erstmals von konkreten Maßnahmen die Rede sei wie dem weltweiten Kohleausstieg. „Die Welt wird letztlich nicht durch Konferenzen gerettet, sondern durch den Umbau von Energiesystemen”, so Schulze. Sie hob auch hervor, dass erstmals das eindeutige 1,5 Grad-Ziel in dem Papier stehe – also weitergehend als in „Paris“, wo von einer Klimaerwärmung unter zwei Grad möglichst hin zu 1,5 Grad die Rede war.

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Wichtiger noch als die Rahmenerklärung, die zwar einen wichtigen Symbolcharakter hat, aber nicht bindend ist, dürften die Verhandlungen um das Regelwerk des Paris-Abkommens sein. Der Artikel 6 des 2015 geschlossenen Abkommens über den internationalen Emissionshandel sollte bereits 2019 in Madrid definiert werden, die Klimakonferenz scheiterte aber daran. Inzwischen sind die meisten sogenannten Klammern, also offene Streitpunkte mit einer Vielzahl von Lösungsansätzen, verschwunden, es liegen Entscheidungswege für die Minister vor. Hauptanliegen der EU ist es, zu verhindern, dass es zur Doppelanrechnung von Zertifikaten kommt und sich bestimmte Staaten durch Schlupflöcher ihre nationalen Beiträge zur Emissionssenkung klein rechnen. Problematisch wird von Brüssel auch bewertet, dass alte Zertifikate des CDM-Mechanismus, der seinen Anfang schon mit dem Kyoto-Protokoll Ende der neunziger nahm, teilweise übernommen werden sollen. Davon erhoffen sich Länder wie China und Indien Vorteile.

Doch auch die EU und die USA stehen in der Kritik. Zwar wollen sie deutlich mehr Adaptionszahlungen leisten, versperren sich aber gegenüber einer Art Transaktionssteuer für Klimazertifikate. Wird etwa in Brasilien mit deutschem Geld ein Klimaschutzprojekt umgesetzt, das CO2 einspart, soll zwar sichergestellt sein, dass die entstehenden Zertifikate nur dem Geberland, also Deutschland, gutgeschrieben werden; aber für die Transaktion wünschen sich die Länder eine Abgabe. Das lehnen die EU und die USA jedoch ab.

Es ist davon auszugehen, dass die Gespräche der Minister noch bis in die Nacht hinein dauern werden. Es ist die Zeit des Kuhhandels, auch zwischen den Verhandlungssträngen – dieses gegen jenes. Dann dürfte es zu später Stunde einen neuen Entwurf geben, zu dem sich die Länder positionieren müssen. Zeichnet sich Zustimmung ab, müsste das Plenum zustimmen – wenn nicht, wird weiter verhandelt. Beobachter und Verhandler sprechen aber davon, dass sie die Beratungen als vielversprechend und deutlich zielführender als in Madrid bewerten. Mit Einschränkungen herrscht Optimismus in Glasgow.

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