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#Wozu sind eigentlich Augenbrauen gut? (Running Research – Denken beim Laufen) – Alpha Cephei

Wozu sind eigentlich Augenbrauen gut? (Running Research – Denken beim Laufen) – Alpha Cephei

Im heutigen Artikel will ich einer Frage nachgehen, die ich mir neulich beim Laufen stellte – wozu sind eigentlich die Augenbrauen gut? Allzuviele Haare hat der Mensch ja im Gegensatz zu anderen Säugetieren nicht – warum ausgerechnet über den Augen?

 

Laufen rund ums Jahr

Die Monate März bis Mai 2019 waren echte Läufermonate – Temperaturen zwischen 10° und 20° C, keine lang andauernden Regenperioden, eher trocken. Nichtläufer mögen annehmen, dass die schönste Laufzeit im Sommer ist, wenn es warm ist, aber tatsächlich ist der Sommer eher die schlimmste Zeit, denn gegen Hitze kann man wenig unternehmen. Im Winter, in der Kälte, kann man sich in Zwiebelschalen aus Kleidung hüllen und sich stets passend anziehen und ein Lauf bei -5° C ist mit Mütze, Halstuch und Handschuhen kein Problem (die Handschuhe braucht man nach ein paar Kilometern gar nicht mehr). Im Frühjahr und Herbst ist man oft in Shorts und T-Shirt passend angezogen. So ab 13° ist es mir warm genug dafür, bei Wind etwas darüber. Natürlich begegnen mir dann auch Läufer, die es offenbar wärmer mögen oder die Sonne nicht vertragen, und andere laufen auch bei 5°C noch in kurzer Hose – was ich nicht für schlau halte, weil kalte Sehnen und Gelenke sich leichter verletzen. Nicht umsonst laufen sich Profisportler zuerst in langer Kleidung warm. Aber jedenfalls scheinen sie nicht zu frieren.

Aber oberhalb von 23° C fängt es für mich an, anstrengend zu werden. Der erste Kilometer ist noch problemlos, aber die Muskeln produzieren Wärme, und die will abgeführt werden. Die Gefäße weiten sich, die Haut wird rot, und der Schweiß schießt aus den Poren. Oberhalb von 27° wird es richtig schwer, der Puls ist bei gleichem Tempo viel höher, die Pace entsprechend langsamer, und man verliert so viel Wasser, dass ich längere Strecken ab 8 km nicht mehr ohne Wasserflaschen schaffe. Ein großer Schluck für den Hals und ein kleiner zur Kühlung ins Gesicht und über den Kopf. Bei 30° und sommerlicher Schwüle gehe ich dann lieber schwimmen oder laufe im Dunklen mit Stirnlampe, was ich im Winter nach Dienst ja auch tun muss.

 

Die ersten Läufer

Unsere Vorfahren vor zehntausenden bis Millionen Jahren sahen sich nicht dem Zwang ausgesetzt, auch bei körperlicher Anstrengung gut gekleidet sein zu müssen und konnten ihren Körper optimal beim Laufen durch Wind und Luftzug kühlen. Schweiß kühlt effizient durch Verdunstungskälte, denn das Übergehen in den gasförmigen Zustand, das nicht erst beim Kochen einsetzt, sondern bei den schnellsten Molekülen auch schon bei weniger als Raumtemperatur, verbraucht eine große Menge an Wärmeenergie. Es braucht 1 Kalorie (=4,18 Joules), um 1 cm³ Wasser um 1° C zu erwärmen, aber 539 Kalorien (=2257 J) um 1 cm³ Wasser in Dampf zu verwandeln, und diese Wärme nimmt der verdunstende Schweiß mit, besonders wenn der Fahrtwind die feuchte Luft gleich mit sich fortträgt und trockene, frische Luft heran schafft, die das Wasser schnell aufnimmt. Insbesondere wenn keine Kleidung den Fahrtwind bremst. Und kein Fell.

Der Mensch ist offenbar bestens daran angepasst, sich beim Laufen zu kühlen, denn er hat kein Fell und kann schwitzen – andere Tiere können sich nur durch Hecheln, den Schatten suchen oder kühlendes Nass. Aber warum hat der Mensch das Fell verloren, das seine äffischen Vorfahren und Cousins noch trugen bzw. heute tragen? Sicher nicht fürs Joggen im Sommer…

Der Evolutionsbiologe Daniel Lieberman vertritt die Theorie, dass der Mensch sich in der afrikanischen Steppe zum Hetzjäger entwickelte. Weil er seinen Körper effektiver kühlen konnte als seine Beutetiere, konnte er diese in der Hitze so lange verfolgen, bis sie mangels Möglichkeit zur Kühlung überhitzte und zusammenbrach, selbst wenn sie auf kurze Distanz viel schneller als er war. Tatsächlich gibt es auch heute noch Völker in der Kalahari, die genau auf diese Weise ihrer Beute nachstellen.

 

Optimiert fürs Laufen

Neben dem Verlust des größten Teils der Körperbehaarung haben sich auch die Gliedmaßen an das Laufen angepasst. Die Achillessehne, die am weit nach hinten ausladenden Fersenbein ansetzt, wirkt wie ein Gummiband, dass sich beim Auftreten streckt und dadurch beim Antreten zusätzliche Federkraft liefert, die beim Gehen nicht genutzt wird. Beim Neandertaler war das Fersenbein kürzer und höher, der Federweg kürzer und damit war er wohl ein schlechterer Läufer als der Homo Sapiens. Einen ähnlichen Effekt erreichen die Sehnen in der Fußsohle, die sich beim Auftreten dehnen, wenn der Fußbogen sich unter dem Gewicht des Auftretens abflacht, und dies mildert die Stöße, die sich vor allem in die Kniegelenke fortpflanzen. Überhaupt sind die Gelenkflächen im Vergleich zu denen der Australopithecinen, unseren möglicherweise frühesten Vorfahren mit aufrechtem Gang, stark vergrößert, sie können daher Stöße besser verkraften als bei unseren Vorfahren.

 

Anatomie des Fußes. Hinten an der Ferse das Fersenbein (Calcaneus – hier nicht beschriftet), an dem die Achillessehne (Tendocalcaneus) ansetzt. Der ganze Fuß hat eine Hohlform, die von Muskeln und elastischen Bändern stabilisiert wird und damit federnd den Stoß beim Laufschritt aufnimmt. Bild: Wikimedia Commons, Henry Gray (1918), gemeinfrei.

Der Gluteus Maximus, der große Gesäßmuskel, der den Oberkörper beim Gehen und Laufen aufrecht hält, ist beim Menschen gegenüber Australopithecus stark vergrößert, zum Gehen bräuchte er nicht so groß zu sein. Spezielle Augenmuskeln sorgen dafür, dass bei heftigen Kopfbewegungen die Augen weiterhin auf ein Ziel fixiert bleiben, der “vestibulookuläre Reflex“. Und die Zweibeinigkeit erlaubt eine effizientere Bewegung bei verschiedenen Geschwindigkeiten – Vierbeiner müssen ihre Atmung der Schrittkadenz anpassen, da die Bewegung der Vorderbeine den Brustkorb bei der Ausdehnung behindert. Da mit zunehmendem Tempo der Sauerstoffverbrauch steigt, gibt es bei Vierbeinern ein optimales Tempo, bei dem die durch die Schrittkadenz vorgegebene Atemfrequenz genau den Sauerstoffbedarf deckt. Der Mensch ist seinem freien Brustkorb flexibler in der Atmung bei verschiedenen Geschwindigkeiten.

Tja, und damit kommen wir dann zur Körperbehaarung. Zum Schwitzen haben wir den größten Teil der Haare verloren oder stark ausgedünnt. Die Haare auf dem Kopf schützen offenbar vor der Sonne (insbesondere in unserer äquatornahen Herkunftsgegend in Ostafrika). Achselhaar mindert die Reibung zwischen den Armen und dem Körper, die beim Laufen viel größer ist als beim Gehen – die ausladende Bewegung der Arme hilft, den Körperschwerpunkt beim ausgreifenden Laufschritt auf konstanter Geschwindigkeit zu halten, was Kräfte spart. Die Schambehaarung leistet ähnliches in der Lendengegend. Die Wimpern schützen natürlich nicht nur beim Laufen (aber auch beim Laufen) die Augen vor Insekten und allem, was einem sonst ins Auge geraten könnte.

Und die Augenbrauen? In diversen Artikeln liest man, dass diese wichtig zur Kommunikation gewesen seien (und es noch sind), man kann mit ihnen drohen, sie überrascht anheben, ängstlich oder entsetzt nach oben reißen; außerdem sollen sie bei Sonnenschein Schatten spenden (was tiefe Augenhöhlen oder die Überaugenwülste der Neandertaler viel besser konnten) – das mag alles stimmen, aber auch unser Mund dient nicht nur der Kommunikation und entstand zunächst einmal aus anderem Anlass. Die eigentliche Funktion der Augenbrauen dürfte ursprünglich darin gelegen haben, den Schweiß, der bei Anstrengung die Stirn herunter rinnt, daran zu hindern, gleich ins Auge zu laufen, denn dieser wird beim Ausdauerlauf durch die starke Verdunstung bald salzig und brennt im Auge, wie beim letzten Lauf feststellen durfte; daher unterstütze ich meine Augenbrauen bei Wärme mit einem Stirnband, sonst läuft die Brühe an den Brillenbügeln entlang und die Gläser hinunter.

 

Ist da was dran?

Liebermans Theorie ist nicht unumstritten, die meisten Naturvölker hetzen ihre Beute heute nicht zu Tode, und Fleisch war wohl generell eher nicht die Hauptkomponente der Urzeitdiät, sondern vielmehr Obst, Nüsse und Wurzeln und was sich sonst so sammeln ließ. Die Savanne, in der sich der Mensch entwickelte, war häufig mit hohem Gras bewachsen (ein möglicher Grund, den aufrechten Gang zu entwickeln, um weiter sehen zu können), in welchem die Hetzjagd schwierig und anstrengend ist – wegen des Widerstandes des Bewuchses und der Versteckmöglichkeiten der Beutetiere. Dennoch scheinen die aufgezählten Anpassungen tatsächlich dem Laufen geschuldet zu sein, warum auch immer. Schon Kinder bewegen sich am liebsten laufend vorwärts, und die Kindheit ist ja auch dazu da, die für das spätere Leben nötigen Fähigkeiten zu lernen. Kurzum, wie der tschechische Langstrecken-Weltrekordläufer Emil Zátopek es einst vortrefflich auf den Punkt brachte: Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.

Vielleicht habe auch ich genau deswegen so viel Freude an der Lauferei, dass ich mir das Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kann und verletzungsbedingte Laufpausen als Höchststrafe empfinde. Keine andere Sportart (neben Laufen schwimme ich regelmäßig und fahre auch ein wenig Rad) ergibt einen solchen Kick, der sich erst hinterher einstellt, während der Lauf selbst oft ein wenig masochistische Anflüge annimmt. Und so quäle ich mich auch in der Sommerhitze durch schattige Flußauen und Wälder, und wundere mich darüber, wozu Augenbrauen eigentlich gut sein könnten. Ich denke, ich habe die Antwort gefunden.

 

Referenzen

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Quelle

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