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#Zerlaufendes Rot und Kanonen

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Zerlaufendes Rot und Kanonen

Vor genau 450 Jahren fand am 7. Oktober 1571 im Ionischen Meer im heutigen Griechenland die Schlacht von Lepanto statt. Es zeugt von deren anhaltendem Mythos, dass nicht nur ein Gran Reserva Brandy nach der Schlacht benannt ist, sondern auch, dass noch 2001 der US-amerikanische Maler Cy Twombly auf der Venedig Biennale einen gigantischen, zwölfteiligen Lepanto-Zyklus zeigte. Da­bei war Lepanto, wo die Flotte der Heiligen Liga, bestehend aus dem Papsttum, Spanien und Venedig, überraschend die scheinbar übermächtigen Türken be­zwang, ein Pyrrhussieg. Denn obwohl die Liga die Schlacht gewann, verlor sie den Krieg und konnte die Ausbreitung der Osmanen im östlichen Mittelmeer nicht aufhalten. Im Gegenteil, nur zwei Jahre später sah sich Venedig zu einem Friedensschluss mit den Türken genötigt, zu demütigen Konditionen, da die einstige Königin der Meere den Verlust von Zypern, den Auslöser des Konflikts, akzeptierte und sich sogar zu enormen Reparationszahlungen verpflichtete.

Auf symbolischer Ebene war Lepanto jedoch ein weitreichender propagandistischer Erfolg. Der Heiligen Liga gelang es, die Schlacht zum Sieg des Christentums gegen die ungläubigen „Muselmanen“ zu stilisieren. Nach Jahrzehnten beständiger Niederlagen diente Lepanto als Zeichen, dass die scheinbar so unaufhaltsame Ausbreitung der unbezwingbaren Türken im Mittelmeerraum und damit die Islamisierung Europas doch noch aufzuhalten seien. Auch Jahrhunderte später wurde Lepanto im gesamten katholischen Europa gefeiert, und bis heute gibt es in vielen Kirchen das Lepantoläuten.

In Blut getränkte Schiffe

Der seit 1958 in Italien lebende Twombly muss mit der Bedeutung Lepantos vertraut gewesen sein, zumal gerade hier der Mythos nie abgeklungen ist. In Italien besitzt jede Stadt einen Lepanto-Platz, da noch im neunzehnten Jahrhundert die Heilige Liga der frisch geeinten Nation als identitätsstiftendes Sinnbild diente. Vor allem im Italienisch-Türkischen Krieg wurden 1912 die Parallelen stark gemacht. Auch Gaeta, ein Küstenort zwischen Rom und Neapel, in dem er bis zu seinem Tod 2011 wohnte, ist stolzer Besitzer einer in der Schlacht benützten Standarte. Für ihn, der sich seit langem für Schiffe und Seekriege interessierte, auch weil vor seinem Fenster ständig die US-Marine auf dem Weg zu ihrem Stützpunkt in Gaeta vorbeizog, muss Lepanto ein naheliegendes Thema für den Biennalebeitrag gewesen sein.

Cy Twombly, „Lepanto VIII“ (2001)


Cy Twombly, „Lepanto VIII“ (2001)
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Bild: Twombly Foundation/Museum Brandhorst

Allerdings zeigt Twombly in dem Zyklus gerade nicht das Gefecht zwischen Christentum und Islam. Es gibt in den Bildern keine Gegner und nicht einmal eine Schlacht. Stattdessen tauchen nur Opfer auf, brennende, wie von Kanoneneinschlägen durchlöcherte, in Blut getränkte Schiffe. Selten waren seine Bilder so gegenständlich wie hier, und nie sind sie so aggressiv, drastisch, ja obsessiv in ihrer Aufdringlichkeit. Im Spätwerk verliert seine gestische, sich mit dem Abstrakten Expressionismus auseinandersetzende Mal­­weise ihr luftiges und lyrisches Moment. Zarte Kritzeleien machen nun mit dickem Pinsel hingehauenen, groben Formen und Farbexplosionen Platz. Doch auch im Spätwerk findet sich kaum je die Intensität, ja Aggressivität von „Lepanto“, in dem die malträtierten Leinwände fast zu bluten scheinen.

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