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Zoll-Streit mit den USA: Harley-Händler hofft auf Einigung

Die Ankündigung, dass auf Motorräder von Harley-Davidson hohe Einfuhrzölle erhoben werden sollen, hat bei Matthias Meier ein Déjà-vu ausgelöst. Die Situation kenne er bereits aus dem Frühjahr 2018, sagt der Geschäftsführer der Harley-Davidson Factory Group. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben einer der größten Harley-Davidson-Händler in Europa und betreibt Filialen in Frankfurt, Wiesbaden, Wetzlar, Saarbrücken und Hannover.

Als die EU-Kommission während des ersten Handelsstreits mit US-Präsident Donald Trump eine drastische Erhöhung der Zölle auf Motorräder von Harley-Davidson ankündigte, war das für Meier eine böse Überraschung. Dieses Mal könne er sich mental darauf vorbereiten, sagte Meier Anfang April der F.A.Z. Seit Donnerstag ist klar, dass die ursprünglich für Mitte April angekündigte Zollerhöhung frühestens in drei Monaten kommt: Nachdem Trump am Mittwochabend angekündigt hatte, diverse Zölle auf Produkte aus Europa um 90 Tage zu verschieben, beschloss die EU-Kommission am Donnerstag, die geplanten Gegenzölle gleichfalls für 90 Tage auszusetzen. „Wir wollen Verhandlungen eine Chance geben“, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Sollte sich kein Kompromiss finden, würden in drei Monaten auf den bisherigen Einfuhrzoll von sechs Prozent für Harley-Davidson-Motorräder 25 Prozentpunkte aufgeschlagen. In einer ersten Reaktion auf die im März in Kraft getretenen US-Zölle auf Stahl und Aluminium hatte die EU-Kommission sogar Zölle von 50 Prozent auf die Räder von Harley-Davidson und andere symbolträchtige Waren, wie amerikanischen Whiskey, angekündigt. Auf diesen drastischen Schritt wurde dann aber doch verzichtet. Das geht aus einer zu Beginn dieser Woche für Beratungen der EU-Regierungen vorgelegten Liste hervor, die der F.A.Z. vorliegt. Eine Anhebung auf 50 Prozent hätte für die meisten Harley-Davidson-Modelle einen Preisaufschlag von 5000 bis 6000 Euro bedeutet.

„Zölle kennen am Ende nur Verlierer“

Der Hersteller hat in den vergangenen zweieinhalb Monaten bereits vorsorglich seine Zentrallager in Europa aufgefüllt, um nach Inkrafttreten etwaiger Zölle weniger Motorräder nach Europa verschiffen zu müssen. Gefertigt werden sie nicht nur in den USA, sondern auch in Thailand. Dorthin wurde vor Jahren ein Teil der Produktion verlagert, um Strafzölle zu umgehen, doch die EU wertet die Motorräder weiterhin als US-Ware.

Mit dem Aufschub steigen die Chancen für einen Kompromiss. Dennoch bleibt dem Harley-Händler Meier nicht viel mehr übrig, als auf eine politische Lösung zwischen der EU und den USA zu hoffen. Nach Ansicht des Geschäftsinhabers steht Harley-Davidson für den „American Way of Life“, für Freiheit und Individualität. Das sei der Grund, warum die Motorräder auf die Liste der von der EU geplanten Gegenzölle stünden. Die seit 1903 existierende Marke „war schon immer unpolitisch“, sagt Meier. Deshalb befürchtet er keinen Boykott der Kunden wie bei anderen US-amerikanischen Produkten.

In Meiers Geschäften bilden der Werkstattservice und der Verkauf von Funktions- und Alltagskleidung ein zweites Standbein. Rund 70 Prozent der Umsätze entfielen aber auf den Verkauf der Motorräder, sagt er. Für manche Kunden bedeute der Kauf einer Harley-Davidson, sich einen Lebenstraum zu erfüllen, andere legten sich alle fünf bis sechs Jahre eine neue Maschine zu. Dadurch, dass der Handelskonflikt seit Wochen in den Medien präsent sei, könne er kurzfristig sogar einen positiven Effekt verzeichnen. Viele, die über einen Kauf nachgedacht hätten, zögen diesen nun vor, um durch den Handelsstreit verursachten Preiserhöhungen zuvorzukommen.

Matthias Meier ist Sprecher des Harley-Davidson-Händlerverbands Europa. In anderen europäischen Ländern gebe es die gleichen Sorgen, sagt er. Harley-Davidson verkaufe pro Jahr 25.000 Motorräder in der EU, davon 7000 in Deutschland. Langfristig wünscht Meier sich eine Freihandelszone zwischen den USA und Europa. Das Worst-Case-Szenario wäre eine Preisspirale, die sich nach oben schraubt: „Zölle kennen am Ende nur Verlierer.“

Diesem Satz würde wohl auch der Vorstandsvorsitzende von Harley-Davidson zustimmen, Jochen Zeitz. Für den 62 Jahre alten Deutschen wird ein Nachfolger gesucht, wie das Unternehmen am Dienstag bestätigte. Zeitz habe schon Ende 2024 den Wunsch geäußert, die Führung des Unternehmens nach fünf Jahren abzugeben, werde aber bis zur Berufung eines Nachfolgers im Amt bleiben, hieß es in der Mitteilung. Der frühere Puma-Chef habe das Unternehmen durch turbulente Zeiten geführt.

Amcham über Aussetzung der Zölle erleichtert

Neben symbolträchtigen Produkten wie Harley-Davidson-Motorrädern oder Jeans würden die von der EU geplanten Gegenzölle zahlreiche weitere Waren treffen. Die in Brüssel vorgelegte Liste ist 66 Seiten lang. Einige Beispiele daraus sind Spielkarten, die mit einem Zoll von zehn Prozent belegt werden könnten, Mais (25 Prozent), Rundkornreis und Orangensaft (ebenfalls 25 Prozent), Schlauchboote (zehn Prozent), Lippenstifte (zehn Prozent) und Eyeliner (25 Prozent). Auch klassische Stahl- und Aluminiumprodukte sind darunter, wie auf der US-Seite auch.

Jürgen Ratzinger von der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt äußerte auf F.A.Z.-Anfrage Verständnis dafür, dass die EU auf die Zollankündigungen Trumps reagieren will. Doch eine Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen müsse verhindert werden.

Die Amerikanische Handelskammer in Deutschland (Amcham) zeigte sich über die beiderseitige Aussetzung der Zölle erleichtert. „Ziel muss sein, langfristig und verlässlich die für beide Seiten gewaltigen wirtschaftlichen Vorteile der Partnerschaft zu bewahren, am besten auszubauen, und das Vertrauen wieder zu stärken. Eine der größten Herausforderungen für die Unternehmen ist die politische Unsicherheit“, teilte Amcham-Präsidentin Simone Menne mit.

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