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#Zu Besuch im Isabella Stewart Gardner Museum in Boston

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Wilhelm Bode war frus­triert. Der Direktor der Berliner Gemäldegalerie beklagte 1903 in einem Zeitschriftenbeitrag: „Wo in Versteigerungen oder im Kunsthandel der Streit über ein wertvolles Kunstwerk entbrennt, kann man ziemlich sicher sein, dass die Amerikaner als Sieger daraus hervorgehen.“ Die Käufer aus den USA waren nach Bodes Worten die „Schrecken der europäischen Museen und Sammler“. 1896 hatte er versucht, Tizians Ölgemälde „Raub der Europa“ aus einer britischen Privatsammlung zu erwerben. Doch gegen Isabella Stewart Gardner hatte er keine Chance. Mit einem Kaufpreis von 20.000 Pfund – damals ein Rekord für Tizian – übertrumpfte die Sammlerin aus Boston den deutschen Museumsmann. Auch als der Louvre und die Londoner National Gallery im Pariser Auktionshaus Drouot 1892 das Ölgemälde „Das Konzert“ von Jan Vermeer ersteigern wollten, saß Gardner zum Entsetzen der Museumskuratoren im Saal und behielt beim Bietgefecht die Oberhand.

Amerikanische Bankiers, Ölbarone, Stahlmagnaten, Eisenbahntycoons und Kaufhausbesitzer hatten mit ihren zügellosen Finanzspekulationen und mit der rasanten Industrialisierung der USA riesige Vermögen angehäuft. Aufgrund ihres Reichtums sahen sie sich als die Aristokraten der Neuen Welt und wollten standesgemäß wohnen. Da sie keine jahrhundertealten Schlösser besaßen, bauten sie sich palastartige Anwesen im Stil der italienischen Renaissance oder des französischen Barock. Das Repräsentationsbedürfnis führte im Inneren der Häuser zu einem überbordenden historistischen Luxus, der mit originalen alten Meistern aufgewertet wurde.

Italienreisende  im Kaufrausch: Zur Sammlung der Dargestellten gehört Anders Zorns Gemälde „Isabella Stewart Gardner in Venedig“ von 1894.


Italienreisende im Kaufrausch: Zur Sammlung der Dargestellten gehört Anders Zorns Gemälde „Isabella Stewart Gardner in Venedig“ von 1894.
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Bild: Picture Alliance

Die Sammler des sogenannten Gilded Age, des vergoldeten Zeitalters, begehrten wie Isabella Stewart Gardner nichts so sehr wie alte europäische Kunst, die den Mangel an eigener kultureller Tradition ausgleichen sollte. Eine bedeutende Kunstsammlung zu besitzen war für die neureichen Millionäre Ausdruck ihres Erfolgs, ihrer Kultiviertheit und gesellschaftlichen Stellung. Dabei profitierten sie davon, dass um 1900 verarmte Adelige vor allem in Italien, Frankreich und Großbritannien Geld brauchten und sich von ihren ererbten Schätzen trennen mussten. Die Sammler aus Übersee erwarben in ihrem Kaufrausch nicht nur lastwagen-, sondern waggonweise Kunst und Kunsthandwerk aus Europa.

Sie führte einen Löwen an der Leine

In New York waren Ende des 19. Jahrhunderts Benjamin Altman, Henry Clay Frick, Henry Marquand und John Pierpont Morgan die Platzhirsche unter den auf hochkarätige Altmeistergemälde spezialisierten Sammlern. Die aus New York stammende, aber in Boston lebende Isabella Stewart Gardner war ihre schärfste Konkurrentin. Als Erbin eines großen Familienvermögens und Ehefrau eines reichen Kaufmanns konnte sie finanziell aus dem Vollen schöpfen. Die Grande Dame der Bostoner Gesellschaft und wichtigste Mäzenin der Stadt verkehrte mit Künstlern, Kunsthistorikern, Schriftstellern und Musikern. Zu ihrem Selbstverständnis gehörte eine gewisse Exzentrik, die etwa dafür sorgte, dass sie in der Öffentlichkeit auch schon mal mit einem ausgewachsenen Löwen an der Leine spazieren ging. Gardner bereiste die Welt und hielt sich häufig in Europa auf. Mit Kunstverstand und Sammelleidenschaft erwarb sie mehr als 10.000 Werke, wofür sie insgesamt 2,4 Millionen Dollar ausgab, nach heutigem Wert etwa 76 Millionen Dollar.

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