#Zu zehnt in der Riesen-WG
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„Zu zehnt in der Riesen-WG“
Wie genau es dazu kam, dass ich für meinen Bachelor in einer Wohnung mit neun Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen landete, kann ich gar nicht mehr genau rekonstruieren. Es war wohl eine Mischung aus Abenteuerlust und Verzweiflung.
Abenteuerlust, weil zehn Menschen in einer Wohnung, zehn Freundeskreise und auch zehnmal so viele Zugänge zu Partys bieten. Ich hungrig darauf war, mich im Studium neu zu erfinden und mein Leben von Grund auf neu zu gestalten. Zehn Menschen mit Bier um einen Küchentisch, schienen mir eine gute Grundlage dafür.
Verzweifelt war ich wahrscheinlich, weil es grundsätzlich in einer Großstadt in Deutschland schwer ist, ein WG-Zimmer zu finden, auch in Erfurt. Besonders schwierig ist die Suche für Bachelor-Erstis, die gerade mal 20 Jahre alt sind und niemanden in der neuen Stadt kennen. Bekannter- (und aus heutiger Sicht auch verständlicher-) weise wollen nur wenige mit Menschen zusammenwohnen, die gerade erst bei den Eltern ausziehen und im Zweifel nicht wissen, wie man ein Badezimmer putzt.
Günstig und groß
Was auch immer überwog – zu Beginn meines Bachelorstudiums zog ich in Erfurt in ein Zimmer in einer 10er WG. Mein 20-jähriges Ich war froh darüber, überhaupt eine Bleibe gefunden zu haben und darüber, dass das Zimmer ziemlich günstig und trotzdem groß war.
Die Wohnung der Wohngemeinschaft maß sicherlich mehr als 300 Quadratmeter. Bevor die Räume zur Mega-WG umgebaut wurden, befanden sich darin Büros. Davon zeugte noch einiges, beispielsweise war die ganze Wohnung mit grellen Neonröhren ausgestattet. Das gesamte Haus war voller solcher Wohngemeinschaften. Weil alles in Deutschland seine Ordnung haben muss, waren sie durchnummeriert. Ich lebte in der WG 7.
An einen L-förmigen Flur reihten sich in der WG 7 zehn Zimmer zwischen zehn und 30 Quadratmetern auf. Im Knick des Ls befanden sich die Küche und ein Gemeinschaftsraum. Dessen Mittelpunkt war ein Sofa von fraglicher Sauberkeit. Von der Küche und den Bädern abgesehen, war die ganzen Wohnung mit Teppichboden ausgelegt. Der Teppich schluckte den Schall und über die Jahre auch sehr viel Bier, Schnaps und Essenreste.
Fischgeruch und Tiefkühlpizza
Die ersten Monate in der Riesen-WG vergingen wie im Rausch: Neun neue Menschen mit neun Lebensgeschichten prasselten auf mich ein: Zwischen Ofengemüse und WG-Partys kam ich im langersehnten Studi-Leben an. Immer wieder sorgte meine Wohnsituation für unschlagbare Anekdoten: Einmal wachte ich morgens auf und die ganze Wohnung roch nach Fisch. Im Badezimmer fand ich ein Kinderfahrrad mit vollkommen verbogenen Reifen voller Algen – meine betrunkenen Mitbewohner hatten es aus dem Fluss „gerettet“ und wollten es nun reparieren. Passiert ist das natürlich nie.
Ein anderes Mal, saßen wir am Wochenende zu mehreren genüsslich auf dem Sofa und warteten darauf, dass sich der Übernachtungsgast eines Mitbewohners endlich aus dem Zimmer traute und wir unser Urteil abgeben konnten.
Ohnehin war diese WG ein Ort, an dem man gut andere Menschen und ihre Eigenheiten analysieren konnte: Ich beobachtete über Monate bei einem Mitbewohner, dass man durchaus lange überleben kann, ohne jemals selbst zu kochen. Man kann sich nämlich von Tiefkühlpizza ernähren oder bei den anderen durchschnorren.
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