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#Zur Fahndung ausgeschrieben

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„Zur Fahndung ausgeschrieben“

Der russische Bestsellerautor Dmitry Glukhovsky, der sofort nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine diesen auf Instagram und Youtube verurteilt hatte, wurde im Juni von seinem Vaterland zur Fahndung ausgeschrieben und dürfte auf absehbare Zeit die Heimat nicht wiedersehen. Glukhov­sky, der bei unserem Treffen in Frankfurt mitteilt, er lebe „irgendwo“ in Europa, sagt, er habe damit gerechnet, zunächst als „Ausländischer Agent“ eingestuft zu werden, doch angesichts der Reichweite von Instagram und seiner breiten Leserschaft unter jungen Russen wollte der Repressionsapparat offenbar ein stärkeres Zeichen setzen.

Glukhovsky hat viele Freunde in der Ukraine, von wo aus ihm Leser, die vor dem russischen Bombardement in die Metrostationen flüchteten, schrieben, sie lebten wie die Helden seiner dystopischen Trilogie „Metro 2033“. Der 43 Jahre alte Autor gehört heute zu denen, deren Werke in staatlichen russischen Buchläden nicht ausgelegt werden, sondern nur im Regal stehen dürfen. Das Moskauer Jermolowa-Theater nahm die erfolgreiche Bühnenfassung seines Romans „Text“ aus dem Repertoire, seine Moskauer Wohnung wurde versiegelt. Und seit Anfang Oktober gilt er obendrein tatsächlich als „Ausländischer Agent“.

Dmitry Glukhovsky: „Geschichten aus der Heimat“. Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann, Franziska Zwerg und M. David Drews. Heyne Verlag, München 2022.


Dmitry Glukhovsky: „Geschichten aus der Heimat“. Aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann, Franziska Zwerg und M. David Drews. Heyne Verlag, München 2022.
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Bild: dpa

Der Sammelband „Geschichten aus der Heimat“, der jetzt in vorzüglicher Übersetzung von Christiane Pöhlmann, M. David Drews und Franziska Zwerg bei Heyne herausgekommen ist, bündelt Er­zählungen, die in der Mehrzahl vor zehn Jahren entstanden sind, als das hoch­effektive Unterdrückungssystem noch als böse Zukunftsoption erschien. Die Texte, die gern Grausiges mit Komik verflechten, lesen sich wie Animationsfilmdrehbücher.

In der Geschichte „From Hell“ wird man Zeuge, wie ein Geologe durch Bodenbohrung in Sibirien auf das Tor zur Hölle stößt, aus dem Teufelswesen emporflattern – ein Bild für Russlands Rohstofffluch –, woraufhin Geheimdienstler versuchen, durch Drohungen und Bestechung den Forscher von einer Publikation dieses Funds abzubringen. In den diabolischen Maschinenraum kapitalistischer Kosten-Nutzen-Kalkulation ver­setzt die Anfangserzählung „Alles hat seinen Preis“, in der ein Moskauer Medizinunternehmen rechtlose Arbeits­migranten aus Tadschikistan für hocheinträgliche Organverkäufe buchstäblich ausschlachtet.

Amüsant extrapoliert Glukhovsky, wie Russlands Machthaber versuchen könnten, die ihren Plänen widerstrebende menschliche Natur mittels Hochtechnologie zu überlisten. Die Geschichte „Die Erscheinung“ skizziert das ebenso exemplarische wie frustrierende Leben einer jungen Frau in der russischen Provinz, die plötzlich von einer leuchtenden Wolke heimgesucht wird. In ihr erkennt die Heldin – als wäre sie eine moderne Nymphe Io, der sich Göttervater Zeus als Nebelbank nähert – ihren Traummann.

Der charmante Text, der von Präsident Putins früheren Jahren inspiriert ist, da der Kremlherrscher die erotischen Phantasien vieler Rusinnen beherrschte, vergegenwärtigt zugleich den im Land tiefverwurzelten Führerkult. Die magische Wolke, die in dieser Einöde viele Gebärfähige beglückt, erweist sich als echtes Allheilmittel, denn sie schwängert nicht nur und hilft so der Demographie auf, sondern bewirkt auch, dass den Frauen ihre traurige Welt schön erscheint.

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