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#Zuversicht nach „Katastrophensaison“

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Zuversicht nach „Katastrophensaison“

„Kühlschrank oder Fernseher?“ war eine der wichtigsten Fragen, die sich für das Beachvolleyball-Duo Thole/Wickler vor den Olympischen Spielen in Tokio stellte. Der 2,06 Meter große Gemütsmensch Julius Thole beugte sich dabei letztlich seinem Partner. Clemens Wickler, 15 Zentimeter kleiner und nicht nur auf dem Spielfeld eine Spur wuseliger unterwegs, wollte die Reise nach Fernost nicht ohne seine Playstation antreten – und dem damit verbundenen großen Bildschirm.

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Um die massenhaft freie Zeit im Appartement zwischen den Vorrundenspielen des olympischen Turniers auszufüllen, werde er „eigentlich nur Fifa“ spielen, erklärte der 26-Jährige, und zwar via globaler Verständigung mit seinen Kumpels in Deutschland. Sein zwei Jahre jüngerer Spiel-Partner Thole verriet derweil, er habe sich Ohropax eingepackt, um das Gebrülle seines Zimmernachbarn ausblenden zu können, während er selbst sich seinem ruhigeren Hobby, dem enträtseln von Sudoku-Aufgaben widmen will.

Es sind also durchaus unterschiedliche Typen, der in sich ruhende Netzspieler aus Hamburg und der hochaktive Abwehrspezialist vom Starnberger See, die sich seit 2018 gemeinsam im Sand tummeln, doch das muss nicht die schlechteste Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Duo im Beachvolleyball sein. „Ich habe mir Jonas Reckermann nicht ausgesucht, weil er mein bester Freund war, sondern der beste Blockspieler“, erklärte Julius Brink einmal den Anfang der Zusammenarbeit von Brink/Reckermann, die im Olympiasieg in London 2012 gipfelte.

„Einleitung des Beach-Erfolgs“

Ein Meilenstein für den Beachvolleyballsport, zumindest in Deutschland. Und wie es sich für bahnbrechende Ereignisse gehört, wissen die Vertreter der nächsten Generation noch genau, wo sie sich zum Zeitpunkt des Endspiels aufgehalten hatten. Wickler, damals 17, war seinerzeit auf dem Weg zu einem Beachvolleyball-Turnier in Bonn und guckte das Spiel im Volleyball-Internat in Frankfurt. „Wir haben extrem mitgefiebert“, erinnert er sich. Thole ergänzt mit dem Blick fürs Ganze: „Es war die Einleitung des Beach-Erfolgs in Deutschland.“ Dem vier Jahre später Laura Ludwig und Kira Walkenhorst mit ihrer Goldmedaille die Krone aufsetzten.

Von der Erfüllung einer Trilogie auszugehen, würden die WM-Zweiten von Hamburg 2019 freilich als vermessen ansehen: „Es gibt 18 Teams, die um die Medaillen mitspielen“, rechnet Clemens Wickler vor, womit er bei einer Teilnehmerzahl von 24 praktisch das gesamte Feld einschließt. „Wir sind uns bewusst, dass wir zu diesem Kreis dazugehören“. Mehr aber auch nicht.

Denn die Grundvoraussetzungen haben sich seit ihrem Silber-Coup am Rothenbaum extrem verschlechtert. Zum einen ist der Bonus der unverbrauchten Aufsteiger nicht mehr vorhanden. Ebenso wenig der Heimvorteil, wobei der angesichts des Publikums-Ausschlusses ohnehin keine Rolle spielen würde. Warum Clemens Wickler das aktuelle Jahr aber als „Katastrophensaison“ bezeichnet, liegt in persönlichem Pech, Krankheiten und Verletzungen begründet.

Er selbst musste sich einer Blinddarm-Operation unterziehen, nachdem er Ende März während eines Trainingslagers auf Fuerteventura mit starken Bauchschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Vier Wochen gingen so verloren. Kaum war Wickler genesen, zog sich Thole bei einem Turnier in Sotschi einen Bänderriss zu. „Nach drei Wochen stand ich wieder im Sand“. Doch 80 bis 100 Sprünge, die er als Blockspieler pro Match zu bewältigen hat, sind eine enorme Belastung für ein Fußgelenk. „Clemens ist topfit, aber Julius braucht körperlich noch ein bisschen Zeit, fasst Trainer Martin Olejnik das medizinische Bulletin zusammen.

Ihr größter Erfolg: Silber bei der WM in Hamburg 2019


Ihr größter Erfolg: Silber bei der WM in Hamburg 2019
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Bild: dpa

Den Deutschen kommt zugute, dass das Beachvolleyball-Turnier in Tokio sehr luftig geplant ist. Für die drei Vorrundenspiele, die sie auf der World-Tour in eineinhalb Tagen absolvieren würden, ist eine Woche Zeit. An diesem Sonntag (13.00 Uhr MESZ im F.A.Z.-Liveticker zur Olympia, in der ARD und bei Eurosport) starten Thole/Wickler gegen die italienischen Altmeister Daniele Lupo und Paolo Nicolai, die schon 2012 in London bei Olympia debütierten und 2016 in Rio Silber gewannen.

Danach geht es am Dienstag gegen die starken Polen Piotr Kantor und Bartosz Losiak, ehe erst am kommenden Samstag das Gruppenfinale gegen die Japaner Yusuke Ishijima, genannt Gottsu und Katsuhiro Shiratori ansteht. Die beiden Gruppensieger kommen ebenso weiter wie die zwei besten Dritten. Für die restlichen Dritten stehen Playoff-Spiele an, ehe mit dem Achtelfinale erst am 1. August die heiße Phase beginnt.

„Das ist ungewöhnlich lang“, sagt Thole über den Zeitplan, doch er lässt ebenso wie sein Partner keinen Zweifel daran, dass er für Olympia alles in Kauf nehmen würde: „Für uns beide geht ein Kindheitstraum in Erfüllung“, stellt Wickler klar: „Seit wir Beachvolleyball spielen, haben wir davon geträumt.“ Deswegen trösten sich beide mangels Vergleich auch damit, „dass wir ja nicht wissen können, was wir verpassen“, wie Wickler sagt: „Wir hätten auch am Stadtrand von Tokio das Feld selbst aufgebaut und gespielt, weil Olympia für uns so eine große Strahlkraft hat.“ Bleibt für Julius Thole eigentlich nur ein Wunsch offen: „Vielleicht beim nächsten Mal einen Kühlschrank mitnehmen.“

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