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#Zwei Offenbacher Kirchengemeinden haben ein gemeinsames Haus bezogen

Lukas- und Matthäusgemeinde in Offenbach haben nach ihrer Fusion ein gelungenes Ensemble aus Alt- und Neubauten bezogen. Die Architekten weisen einen Weg im Umgang der Kirchen mit ihrem Gebäudebestand.

Die Krise der Kirchen hat dramatische Folgen für deren Immobilien. Wegen des massenhaften Austrittes ihrer Mitglieder müssen sich Bistümer und Landeskirchen in Deutschland in den nächsten 60 Jahren von etwa 30 Prozent ihres teilweise denkmalgeschützten Gebäudebestandes trennen. Zu diesem Schluss kommen Karl-Heinz Schmiemann, Justiziar des Erzbistums Hamburg, und Adalbert Schmidt, evangelischer Oberlandeskirchenrat in Hannover, in einem gemeinsamen Aufsatz. In dem Bestand von etwa 40.000 Immobilien hat sich zudem ein gigantischer Sanierungsstau aufgebaut.

Die Evangelische Kirche Hessen-Nassau will ihren Gebäudebestand „in den kommenden Jahren“, wie es etwas vage heißt, sogar halbieren – und damit auch ihre Bauunterhaltungsmittel. Der „qualitative Konzentrationsprozess“, dem sich die EKHN verschrieben hat, bedeutet für die einzelnen Gemeinden und deren Mitglieder, von liebgewonnenen, zur spirituellen Heimat gewordenen Orten Abschied zu nehmen.

Wie es möglich ist, mit diesem Umstand sensibel umzugehen und dennoch ein Signal des Neuanfangs zu setzen, zeigt auf vorbildhafte Weise das neue Ensemble der Lukas- und Matthäusgemeinde in Offenbach. Die verantwortlichen Architekten vom Frankfurter Büro Meixner Schlüter Wendt widerstanden der sonst in ihrer Zunft häufigen Versuchung, ein exaltiert-spektakuläres Formengewitter zu planen. Stattdessen entwickelten sie im Dialog mit der Gemeinde eine dreiteilige Gebäudeskulptur aus offenen und geschlossenen, jeweils längsrechteckigen Räumen.

Das differenzierte Raumgefüge verschafft der Gemeinde nicht nur zahlreiche neue Möglichkeiten, sondern verhilft ihr darüber hinaus zu einer zuvor nicht gekannten Sichtbarkeit im Stadtraum. Wie auf einem Zeitstrahl von Westen nach Osten sind die neuen Raumteile Andenken, Weiterbauen und Aufbruch zugleich. Changierend zwischen wuchtiger Expressivität und asketischem Purismus schaffen sie es, der 2016 aus zwei selbständigen Gemeinden fusionierten Kirchengemeinschaft im Süden Offenbachs ein neues und gleichzeitig Erinnerungen bergendes Zuhause zu geben.

Verweise auf Altes und Neues Testament

Der mittig zwischen zwei Bestandsgebäuden und den Neubauteilen platzierte Kirchplatz – mit einem mächtigen Straßenaltar an der Grundstücksgrenze als Blickfänger – präsentiert sich als Verbindung von Alt und Neu. Einer feierlichen Plattform gleich, setzt er die bescheidene Lukaskirche, einen im Winter 1950 geweihten, größtenteils in Eigenleistung errichteten Notbau, grandios in Szene. Der Platz dient als Verteiler, aber auch als Ort für Open-Air-Gottesdienste, Gemeindefeiern und Veranstaltungen für den Stadtteil. Östlich schließt sich das kontrastierend dunkel gestrichene Gemeindezentrum an, dessen abgestufte Höhen verschiedenen Funktionen folgen. Effektvoll vor einer Sichtbetonwand und von einem Oberlicht erhellt werden im neuen Gemeindesaal zwei verwittert wirkende Rotsandstein-Figuren präsentiert. Sie gehörten zu der Erstausstattung des 1962 errichteten, nach der Fusion verkauften und inzwischen abgerissenen Matthäusgemeindezentrums.

Zwei Bestandsgebäude und Neubauteile, zwischen ihnen ein Kirchplatz


Zwei Bestandsgebäude und Neubauteile, zwischen ihnen ein Kirchplatz
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Bild: Christoph Kraneburg

Den Höhepunkt des Ensembles bildet die introvertierte „Außenkirche“ mit architektonischen Verweisen auf Altes und Neues Testament. Vom Straßenraum nur durch ein schlicht-weißes Kreuz und ein Abknicken der emporschießenden massiven Betonstruktur kenntlich, ist der von hohen Wänden vierseitig umschlossene Kubus nach oben hin offen. Bestimmend ist mal seidenweich-glatter, mal schroff-rauer Sichtbeton: Durch das gleiche Material verschmelzen wie bei einem Formkoffer Mauern und liturgisches Mobiliar – Ambo, Altar und eine zu Empore und Oberlicht emporwuchtende Himmelsleiter.

Bis auf eine an einen Hortus Conclusus erinnernde Pergola mit wild rankendem Wein sowie die in den Neubau transferierte Glocke der Lukaskirche – deren Turm wollte man nicht weiteren statischen Belastungen aussetzen – gibt sich die Außenkirche eher schmucklos. Allein das mächtige Oberlicht funktioniert als Lichtfänger und erhellt Altar und Ambo mit einem geheimnisvoll warmen Schimmer. Derzeit versammelt sich die Gemeinde zu Gottesdiensten in der Außenkirche unter textilen Sonnensegeln – und verwendet dabei die sorgsam aufbewahrten Altargegenstände der Matthäusgemeinde.

Die Räume reagieren auf Transformation

Allerdings zeigen sich in der Lukaskirche deutliche Setzungsrisse aufgrund des sandigen Baugrunds. So der Bau aufgegeben werden muss, könnte ihn eine modifizierte Außenkirche ersetzen. Da schon Vorrichtungen für ein festes Dach vorhanden sind, ist die Metamorphose des ohnehin reizvollen Raums in ein geschlossenes Gotteshaus mit vertretbarem Aufwand möglich.

So stellen die neuen Räume einen weichen Übergang dar. Sie reagieren auf Transformation und sind bereit, sich weiter zu transformieren. Sorgfältige Details, solide Materialien und kalkuliert komponierte Sichtbeziehungen schaffen eine einladende, unprätentiöse Atmosphäre. Bereits mit der zu etwa einem Drittel ihrer ursprünglichen Größe geschrumpften Dornbuschkirche in Frankfurt hatte das Büro Meixner Schlüter Wendt bewiesen, dass mit einem Weniger an physischer Kirche ein Mehr an gelebter Kirche möglich ist. Auch im Süden Offenbachs mussten Gebäude aufgegeben werden. Es werden nicht die letzten sein. Doch mit baukünstlerisch überzeugender Architektur, die gleichzeitig auch emphatische Qualitäten besitzt, sollte intensiviertes Gemeindeleben wieder möglich sein.

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