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#Zwergplanet mit blauen Flecken

Zwergplanet mit blauen Flecken

Vor 220 Jahren wurde der Zwergplanet Ceres entdeckt – doch bis heute gibt dieser Himmelskörper im Asteroidengürtel noch immer Rätsel auf. Eines davon könnten nun Forscher gelöst haben: Sie haben herausgefunden, warum der Untergrund um einige frische Einschlagskrater auf Ceres so auffallend bläulich schimmert. Die Ursache liegt demnach in einer Kombination der dort vorkommenden Schichtsilikate und dem aus tieferen Schichten ausgeschleuderten Wassereis. Wenn dieses Eis an der Oberfläche verdampft, schäumt es die Silikate förmlich auf und hinterlässt ein poröses, bläulich schimmerndes Material.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Januar 1801 fiel Giuseppe Piazzi, dem Leiter der Sternwarte von Palermo, an der Schulter des Sternbilds Stier ein schwacher Lichtpunkt auf, dessen Position sich von Nacht zu Nacht veränderte. Er hatte Ceres entdeckt, das mit gut 1000 Kilometer Durchmesser größte Objekt im Asteroidengürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter. Doch näheres zu diesem Zwergplaneten brachten erst die Aufnahmen und Messdaten der NASA-Raumsonde zutage, die Ceres 2015 erreichte und bis 2018 umkreiste. Aus ihren Daten wissen wir unter anderem, dass Ceres unter seiner Kruste wahrscheinlich reichlich Wassereis besitzt, dass weißliche Salze an einigen Stellen an die Oberfläche quellen und dass es möglicherweise auch Eisvulkane auf diesem Zwergplaneten gibt.

Haulani
Bläulicher Auswurf rund um den Krater Haulani auf Ceres. (Bild: NASA/JPL-Caltech, UCLA/MPS/DLR/IDA/PSI)

Was verursacht die blauen Stellen auf Ceres?

Doch ein Merkmal von Ceres blieb bislang rätselhaft: Auf den Aufnahmen der Sonde fielen einige Stellen durch eine ungewöhnliche Blaufärbung des Untergrunds auf. Spektralmessungen zeigten solche Stellen mit hohem Blauanteil vor allem im Umfeld einiger jüngerer Einschlagskrater, darunter auch in einem mehrere tausend Quadratkilometer großen Gebiet am nur zwei Millionen Jahre jungen Krater Haulani. Was jedoch zu dieser bläulichen Färbung des Auswurfs rund um den Krater führte, war nicht auf den ersten Blick erkennbar. Allerdings deuteten die Spektraldaten darauf hin, dass an diesen Stellen sogenannte Schicht- oder Phyllosilikate vorhanden waren. Schichtsilikate sind auf der Erde in Form gesteinsbildender Minerale wie Glimmer, Biotit oder Muskovit weit verbreitet. Einige Schichtsilikate können Wasser in ihre Struktur aufnehmen und dann aufquellen.

Wie diese Silikate mit der bläulichen Färbung des Untergrunds zusammenhängen könnten, haben nun Forscher um Stefan Schröder vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in einem Laborexperiment untersucht. Dafür bildeten sie nach, was passiert, wenn bei einem Einschlag Wassereis aus dem tieferen Untergrund hochgeschleudert und aufgeschmolzen wird und sich dann in die Schichtsilikate einlagert. Sie gaben ein solches wasserhaltiges Schichtsilikat in eine Vakuumkammer bei minus 100 Grad Celsius und beobachteten, was dann geschah. „Ceres hat keine Atmosphäre, deshalb ist Wassereis an der Oberfläche nicht stabil und sublimiert rasch, geht also direkt von der festen Phase in die gasförmige über“, erläutert Schröder.

Aufgeschäumtes Mineral wirft mehr blaues Licht zurück

Das Gleiche geschah auch im Experiment: Das im Schichtsilikat eingelagerte Wasser gefror an der Oberfläche erst, dann sublimierte es. Doch wie sich zeigte, veränderte diese Sublimation auch die Struktur des Minerals – sie wurde quasi aufgeschäumt: Der entweichende Wasserdampf schuf unzählige Hohlräume, die von weniger als einen Mikrometer dünnen Bälkchen durchzogen waren. Durch diese blasige, fast schaumartige Struktur der Mineralprobe änderten sich auch die spektralen Eigenschaften, wie Messungen ergaben: Während das Mineral zuvor nahezu das gesamte Spektrum des Sonnenlichts zurückgeworfen hatte, wurden nun bevorzugt blaue Lichtanteile reflektiert. „Das ist vergleichbar mit dem Phänomen, dass uns der Himmel auf der Erde blau erscheint“, erklärt Schröder. Bei dieser sogenannten Rayleigh-Streuung werden die kurzwelligeren blauen Lichtanteile stärker gestreut als die grünen und roten Wellenlängen.

„Ganz ähnlich findet dieser Effekt an den Hohlräumen der Schichtsilikate auf Ceres statt, aus denen das Wasser entwichen ist“, so Schröder. „Vermutlich sind es vor allem die winzigen Hohlräume und die weniger als einen Mikrometer großen Filamente, durch die sie miteinander verbunden sind, die eine Rayleigh-Streuung ermöglichen.“ Damit könnten er und sein Team das Rätsel der blauen Stellen auf Ceres gelöst haben: Die Sublimation von Wasser aus den geschichteten Silikaten löst die Strukturveränderungen aus, die eine feinporöse, fast schaumige Staubschicht mit bläulicher Reflexion hinterlassen. Weil diese Poren mit ihren zarten Bälkchen aber im Laufe der Zeit erodieren und zerstört werden, finden sich diese blauen Stellen nur an frischeren Kratern.

Quelle: Stefan Schröder (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Berlin) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-020-20494-5

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