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#Wie Öko-Landbau umliegende Felder beeinflusst

In der ökologischen Landwirtschaft werden nur wenige Pestizide genutzt. Stattdessen setzen Bio-Bauern verstärkt auf biologische Schädlingsbekämpfung durch Nützlinge. Wie sich das auf umliegende Felder auswirkt, hat nun eine Studie in Kalifornien erhoben. Demnach steigt der Pestizideinsatz auf konventionellen Feldern, wenn in der Nähe ein ökologisch bewirtschaftetes Feld liegt. Vereinzelte Bio-Felder zwischen zahlreichen konventionellen Feldern können dadurch sogar den Gesamtverbrauch an Pestiziden erhöhen. Liegen viele ökologisch bewirtschafteten Felder nebeneinander, sinkt dagegen der Pestizidverbrauch.

Ein wichtiges Ziel der ökologischen Landwirtschaft ist es, den Einsatz von Pestiziden zu verringern. Statt chemischer Insektenvernichtungsmittel kommen beispielsweise Nützlinge zum Einsatz, die die Schädlinge auffressen. Auch Pilze und Unkraut werden bevorzugt ohne chemische Hilfsmittel bekämpft. Probleme können allerdings entstehen, wenn ökologisch und konventionell bewirtschaftete Anbauflächen benachbart sind, wie es heute in vielen Regionen der Fall ist. Wenn Pestizide oder Samen gentechnisch veränderter Pflanzen auf Bio-Felder wehen, kann das deren Zertifizierung gefährden. Andersherum beklagen konventionelle Landwirte teilweise, dass sich Unkrautsamen und Schädlinge von Bio-Betrieben auf ihre Felder ausbreiten und ihre Ernte gefährden. Systematisch erhoben wurden solche Effekte allerdings bislang nicht.

Wechselseitige Einflüsse

Ein Team um Ashley Larsen von der University of California in Santa Barbara hat nun für rund 14.000 landwirtschaftliche Flächen im kalifornischen Kern County ausgewertet, wie sich ökologisch und konventionell bewirtschaftete Felder gegenseitig im Hinblick auf den Pestizideinsatz beeinflussen. In Kern County werden zahlreiche Nutzpflanzen angebaut, darunter Weintrauben, Zitrusfrüchte, Mandeln, Pistazien, Karotten, Tomaten, Kartoffeln, Wassermelonen sowie verschiedenes Stein- und Kernobst. Viele dieser Pflanzen sind sehr anfällig gegenüber Insekten und Krankheiten, sodass einige der dortigen Anbauregionen zu denen mit dem höchsten Pestizidverbrauch in den USA zählen. Konventionelle und ökologische Betriebe grenzen oft direkt aneinander.

Das Forschungsteam analysierte für den Zeitraum von 2013 bis 2019, wie viele Pestizide Jahr für Jahr auf den einzelnen Feldern verwendet wurden und wie dies mit ihrer Lage im Verhältnis zu anderen ökologischen und konventionellen Felder zusammenhing. „Wir stellten fest, dass ökologisch wirtschaftende Erzeuger davon profitieren, wenn ihre Anbauflächen von anderen ökologischen Feldern umgeben sind, die ebenfalls den Einsatz von Pestiziden verringern“, berichtet das Team. Auf Feldern des Biolandbaus, die von anderen ökologisch bewirtschafteten Feldern umgeben sind, kommen den Ergebnissen zufolge 0,3 Prozent weniger Pestizide zum Einsatz als wenn sie von Feldern der konventionellen Landwirtschaft umgeben sind – wahrscheinlich, weil sich in diesem Fall stabilere Populationen von Nützlingen etablieren können.

Ökolandbau sorgt indirekt für mehr Pestizide

Für konventionelle Betriebe stellten Larsen und ihr Team dagegen einen gegenteiligen Effekt fest: „Je mehr ökologisch bewirtschaftete Felder in der Umgebung sind, desto höher ist der Pestizideinsatz“, erklären die Forschenden. Die Erhöhung beträgt zwar nur durchschnittlich 0,03 Prozent, doch da es bislang viel mehr konventionelle als ökologische Betriebe in Kern County gibt, überwiegt der negative Effekt. Die zwischen konventionellen Feldern verteilten Flächen des Ökolandbaus sorgen somit paradoxerweise dafür, dass insgesamt mehr Pestizide zum Einsatz kommen, als wenn alle Betriebe konventionell wirtschaften würden. Auch in Regionen, in denen statt Obst und Gemüse vor allem Getreide angebaut wird, könnten sich laut Larsen und ihren Kollegen ähnliche Effekte zeigen.

Als mögliche Erklärung führt das Forschungsteam an, dass sowohl Nützlinge als auch Schädlinge von pestizidfreien Ökolandbau-Feldern auf konventionelle gelangen. Unter konventionellen Anbaubedingungen haben Nützlinge allerdings schlechtere Überlebenschancen, sodass sie die Schädlinge anders als auf den ökologischen Feldern nicht mehr in Schach halten können. Das wiederum erfordert von den konventionellen Landwirten einen verstärkten Einsatz von Pestiziden. Ob diese Erklärung tatsächlich zutrifft, hat die aktuelle Studie allerdings nicht erhoben. „Die Analyse dokumentiert, wie der Pestizideinsatz von den Merkmalen benachbarter landwirtschaftlicher Betriebe abhängen kann, aber sie klärt nicht den Mechanismus auf, der diesen Mustern zugrunde liegt“, schreibt Erik Lichtenberg University of Maryland in einem begleitenden Kommentar zur Studie, der ebenfalls in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde.

Negative Effekte minimieren

Mit Simulationen modellierten die Forschenden ergänzend zu ihren Analysen, wie sich die Pestizidmenge verändern würde, wenn die räumliche Verteilung der ökologisch und konventionell bewirtschafteten Anbauflächen angepasst würde. „Unsere Simulation deutet darauf hin, dass die räumliche Bündelung ökologischer Anbauflächen Spillover-Effekte, die zu einem Anstieg des Netto-Pestizideinsatzes führen, vollständig abmildern kann“, schreiben sie. Eine solche Clusterbildung könnte auch kollektive Ansätze zur Schädlingsbekämpfung vereinfachen.

Lichtenberg betont, dass weitere ökologische und ökonomische Feldforschung erforderlich ist, um den Mechanismen auf den Grund zu gehen und negative Auswirkungen des Ökolandbaus zu minimieren. „Es ist wichtig, die mobilen Schädlinge zu kennen, die die Landwirte zu bekämpfen versuchen, und die Faktoren, die die räumlichen Muster von ökologischen und konventionellen Feldern bestimmen, sowie die Wahl zwischen alternativen Schädlingsbekämpfungsstrategien. Mit der weiteren Ausdehnung der ökologischen Anbauflächen werden negative Wechselwirkungen, wie sie von Larsen et al. untersucht wurden, wahrscheinlich zunehmen. Wirksame Maßnahmen zur Minimierung solcher Nebeneffekte erfordern ein besseres Verständnis ihrer Entstehung.“

Quelle: Ashley Larsen (University of California, Santa Barbara, USA) et al., Science, doi: 10.1126/science.adf2572

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