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#400 Stiche und eine ge­brochene Nase als leichte Körperver­letzung?

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400 Stiche sollen nötig gewesen sein, um die Wunden des Opfers zu nähen. Die gebrochene Nase wird heilen, der kahle Kopf wieder Haare tragen, doch das Martyrium der 18-Jährigen ­Debora Michailowa aus der bulgarischen Stadt Stara Sagora wird einen langen Nachhall haben – und das nicht nur für das Opfer selbst, sondern für das gesamte Land. Nach allem, was bisher bekannt ist, war Debora Michailowas Peiniger zugleich ihr einstiger Liebhaber: Ein 26-Jähriger mit kriminellem Hintergrund, der sich die Losung „Freiheit oder Tod“ auf einen Arm hat tätowieren lassen.

Michael Martens

Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Wien.

Ende Juni soll er seine frühere Freundin überwältigt, ihr mit einem Messer systematisch tiefe Schnittwunden zugefügt und ihr den Kopf geschoren ­haben. Die Mutter des Mädchens wurde mit der Aussage zitiert, der Täter habe zuvor einfach an der Haustür geklingelt: „Nach meiner Ansicht war Eifersucht das Motiv. Sie waren für vier Monate zusammen. Vorher hatten wir keine Anzeichen für Gewalt. Es gab keine Drohungen.“

Die Tat wäre an sich schon erschütternd genug, doch landesweite Proteste erhoben sich vor allem deshalb, weil die lokale Justiz anfangs offenbar versuchte, den Vorfall als Bagatelldelikt abzutun. So wurde der mutmaßliche Täter zwar vorüber­gehend festgenommen, aber schon nach 72 Stunden wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Empörung richtet sich seither auch gegen die Richterin Tatjana Koewa, die verfügt hatte, dass der Verdächtige wieder freizulassen sei, da er dem Opfer nur „geringfügige physische Verletzungen“ zugefügt habe.

Empörung über das Urteil

„Wir sind entsetzt, dass 400 Stiche und eine ge­brochene Nase als ,leichte Körperver­letzung‘ eingestuft wurden“, teilte die Bulgarische Stiftung für Frauen mit. „Wie wurde und wer hat entschieden, dass es nur eine leichte Verletzung war?“, zitieren bulgarische Medien eine Freundin des Opfers. Im Krankenhaus sei das Personal schockiert gewesen über den Zustand der jungen Frau.

In Sofia, Stara Sagora und vielen weiteren Städten Bulgariens kam es daraufhin zu Demonstrationen gegen eine als unfähig oder korrupt empfundene Justiz. „Schlafen Sie gut, Richterin Koewa?“, hieß es auf einem Protestplakat. Die ungewollt zu landesweiter Berühmtheit gelangte Richterin verteidigte ihre Entscheidung anfangs: Die Verletzungen des Opfers seien schließlich nicht lebens­gefährlich gewesen. Das steigerte die Empörung nur weiter. Unter dem wachsenden öffentlichen Druck wurde der mutmaßliche Täter, der alle Vorwürfe von sich weist, Ende Juli schließlich doch wieder verhaftet – nun mit Verweis auf Morddrohungen, die er dem Opfer schon Ende Juni geschickt haben soll.

Dass Journalisten von der vorherigen Anhörung ausgeschlossen wurden, steigerte das ohnehin geringe Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz dabei nicht. Fragwürdig sind allerdings auch die vorverurteilenden Berichte einiger bulga­rischer Medien, in denen die Unschuldsvermutung übergangen und der mutmaßliche Täter stets mit vollem Namen genannt wird. Auch Fotos des „Metzgers von Stara Sagora“ werden ohne jede Einschränkung verbreitet.

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