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#Ein Künstler, der auch Sport kann

Ein Künstler, der auch Sport kann

Am meisten erstaunt diese Lässigkeit. Bei Benjamin Patch sieht alles leicht aus. Und dazu lächelt er auch noch, sogar während des Spiels. Hochspringen, in der Luft scheinbar verharren, resoluter Armzug: Patch. Diagonalgriff mit Wucht ins Hinterfeld: Patch. Ass nach Sprungaufschlag exakt auf die Grundlinie: Patch. Und dann immer nachfedern, strahlen, abklatschen, Kaugummi kauend weiter strahlen.

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Achim Dreis

Am Donnerstagabend, im dritten und finalen Endspiel um die deutsche Volleyball-Meisterschaft, hatte der 2,05 Meter große Amerikaner in Diensten der Berlin Recycling Volleys mal wieder einen dieser Glanztage erwischt, wie er nur einem Sportler im Zenit seiner Schaffenskraft gelingen kann. Der Diagonalangreifer markierte 16 Punkte, darunter vier Asse, zum 3:0-Sieg seiner Berliner über den VfB Friedrichshafen und wurde als „wertvollster Spieler“ ausgezeichnet.

Es war der dritte Sieg in der Final-Serie, und damit hatten die Berliner den Titel sicher. Mal wieder. Zum fünften Mal nacheinander, klammert man die ausgefallene Meisterschaftsentscheidung des vergangenen Jahres aus. Zum siebten Mal in den vergangenen acht Spielzeiten gewannen die Berliner die Finals gegen Friedrichshafen. Der Klub vom Bodensee ist mit 13 Titeln zwar noch Rekordmeister, doch das Berlin-Trauma ist unübersehbar.

Lockerer Amerikaner, ernster Russe

In dieser Saison hatte der VfB trotz widriger Umstände eine beinahe makellose Hauptrunde gespielt, 19 von 20 Spielen gewonnen, auch zweimal gegen die Berliner. Die BR Volleys schafften es dagegen nur als Dritter in die Play-offs, drehten aber auf, als es darauf ankam. „Im letzten Moment so in Form zu kommen und dann diesen Titel zu gewinnen, das ist einfach unfassbar“, sagte Patch, der mit seinen 59 Punkten in den drei Endspielen gehörigen Anteil daran hatte. Kongenial in Szene gesetzt wird der 26-Jährige zumeist von Sergej Grankin, dem zehn Jahre älteren russischen Zuspieler, der auf den ersten Blick wie ein Gegenentwurf zu Patch wirkt.

Hier der lockere Amerikaner, da der ernste Russe. Doch die beiden Säulen der Volleys haben auch persönlich einen guten Draht zueinander. Grankin war im Januar 2019 aus Moskau nach Berlin gewechselt, mitten in der Saison. Der Olympiasieger von 2012 in der Volleyball-Diaspora Deutschland, eine Übergangslösung für ihn, so schien es. Doch der zunächst unterkühlte Mittdreißiger fühlte sich wohl, taute emotional auf.

Und das aus internationalen Könnern wie dem brasilianischen Mittelblocker Éder Carbonera und dem französischen Außenangreifer Samuel Tuia zusammengestellte Team folgte ihm und seinen Spielideen. Dabei sei Grankin, wie Patch lobend erwähnt, sich auch nicht zu schade, die Mitspieler um Lösungen zu bitten, wenn ihm mal nichts einfällt. „Er hat eine sehr starke Persönlichkeit“, sagte Patch der „Berliner Zeitung“ über seinen Kapitän: „Ich würde nie jemandem folgen, der nur vorgibt, ein Anführer zu sein.“

Schon aus diesen Worten lässt sich der freie Geist erspüren, der Patch antreibt, und tatsächlich versteht sich der Volleyballprofi nicht nur als Sportler. 1994 in Salt Lake City geboren, wuchs er als dunkelhäutiges Adoptivkind einer weißen Familie in der Mormonenhauptstadt des Bundesstaats Utah auf. Sein leiblicher Vater war ein ehemaliger American-Football-Profi, was seinen Bewegungsdrang eher erklärt als das strenge Glaubenskorsett der Mormonen. Als er 19 war, musste der Junge Missionsarbeit leisten, in Bundfaltenhose, mit Krawatte.

Klingt nach einer Menge Spaß

Der junge Benjamin entschloss sich, diese Mauern einzureißen, und weitere noch dazu. Auch dem Bild des hypermaskulinen Sportprofis wollte er nicht länger entsprechen. Der amerikanische Nationalspieler wechselte zunächst nach Italien, wurde dort aber nicht glücklich, kam 2018 nach Berlin und hatte in der etwas chaotischen deutschen Hauptstadt unmittelbar den Eindruck, sich selbst finden zu können. Er töpfert, fotografiert, jobbt als Model, versteht sich als Künstler, der auch Sport kann und dessen Persönlichkeit vielschichtig ist.

In einem Interview mit dem „Tagesspiegel“ erwähnte er eher beiläufig, queer zu sein. Nicht homosexuell. Offen. Dass das Bekenntnis eines Sportlers, nicht klassisch heterosexuell zu leben, eine Schlagzeile wert war, irritierte ihn nicht weiter. Seiner sportlichen Performance gab der Befreiungsschlag einen weiteren Schub. Und bei der Vereinsführung war es kein Thema. Geschäftsführer Kaweh Niroomand verlängerte den Vertrag mit seinem besten Angreifer bis Mitte 2024. Auch Grankin bleibt mindestens bis Mitte 2023 in Berlin. Klingt nach einer Menge Spaß bei den Volleys in den kommenden Jahren.

Klare Sache: Die Berlin Recycling Volleys holen den Meistertitel.


Klare Sache: Die Berlin Recycling Volleys holen den Meistertitel.
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Bild: dpa

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