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#Fiasko: Ein wirkliches Desaster

Die neue französische Comedy von Igor Gotesman und Pierre Niney soll eine Comedy hinter den Kulissen sein. Schade, dass die Serie überhaupt nicht lustig ist.

„Ehrlich, ich weiß überhaupt nicht, wo ich anfangen soll“, teilte der Regisseur Raphaël Valande (Pierre Niney) zu Beginn der neuen Netflix-Serie «Fiasko» mit. „Bei diesen Dreharbeiten wurde alles, was zu einem Problem werden könnte, tatsächlich zu einem Problem“, fasst Jean-Marc Torrosian (Pascal Demolon) zum Start zusammen und ergänzt: „Selbst… Dinge, von denen man nie dachte, dass sie ein Problem sein könnten, werden zum Problem.“ Und damit hereinspaziert in die neue französische Comedy des amerikanischen Streamingdienstes Netflix. Trotz des angepeilten Genres Comedy steckt in diesen Sätzen leider mehr Wahrheit als Witz.

Im Mittelpunkt der neuen Serie von Igor Gotesman und Pierre Niney steht der junge Regisseur Raphaël Valande, der seinen Debütfilm zu Ehren seiner Großmutter drehen möchte. Doch am Set beginnen die Dreharbeiten schief zu laufen, das Unterfangen entwickelt sich zu einem Desaster. Zu allem Überfluss versuchen die Schauspieler auch noch, den Film zu sabotieren. Doch die siebenteilige Serie beweist einmal mehr, was in der Branche schon lange hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird: Netflix kann keine Comedy.

Schon der Anfang ist übertrieben in die Länge gezogen: Verschiedene Akteure äußern sich über zweieinhalb Minuten, dass das nachfolgende Projekt, das „Behind the Scene“-Redakteure dokumentierten, eine völlige Katastrophe wird. Mit solchen Stilmitteln sollte man achtsam umgehen, wie beispielsweise die britische Comedy-Serie «Man vs. Bee», in der Rowan Atkinson vor einem Gericht erscheint. Die bildundtonfabrik (btf) machte dies mit «How to Sell Drugs Online (Fast)» ebenfalls gut, in der Moritz den Unterschied zwischen seinem Business und das von gewöhnlichen Drogendealern vergleicht. Kurz, prägnant, knackig.

Es macht zwar Spaß, dass man nach dem Vorspann ein richtiges Filmset sehen kann, doch die gesetzten Witze sind unlustig. Der Produzent läuft durch die Kulissen und nennt den Kameramann Slice, der erwidert, er hieße eigentlich Jean Robert. Es folgt eine Szene zwischen dem Regisseur Raphaël und seiner Hauptdarstellerin Ingrid, indem sie über Raphaël Großmutter Huguette reden. Sie rettete im Zweiten Weltkrieg zahlreiche französische Juden vor den Nationalsozialisten. Schließlich dreht sich das Gespräch, dass Raphaëls Eltern früh verstarben und er bei Huguette aufwuchs. Er machte dann Witze darüber, dass seine Großmutter vielleicht auch seine Eltern getötet haben könnte. Also ein Meta-Witz, nur schade, dass der überhaupt nicht lustig ist. Es folgt ein Gespräch, dass Ingrid nicht besonders aufgeregt sei, da es schließlich nicht ihr erster Dreh sei. Raphaël antwortet dann, das sei auch nicht seiner. Nur um sich danach zu verbessern.

Schließlich beginnen die Dreharbeiten. Eine Assistentin weist Raphaël darauf hin, er müsse „Und bitte!“ sagen. Das sagt er recht leise, weshalb – man ahnt es schon, welcher Witz kommt – die Assistentin bittet, es lauter zu sagen. „Viel Lauter“, antwortet Raphaël und der Fernsehzuschauer beömmelt sich auf dem Sofa vor Lachen.

Der Hauptdarsteller des Film-im-Films läuft durch einen Schützengraben im Zweiten Weltkrieg, Schüsse, Explosionen und Nebeleffekte. Schließlich klettert er aus dem Graben über eine Leiter in das Wohnzimmer seine Frau Huguette und durch den Nebel stößt er schmerzhaft am Wohnzimmertisch an. Die von Vincent Cassel verkörperte Figur des Großvaters von Raphaël schreit vor Wut und fordert auf, dass kein Rauch mehr verwendet wird. Es folgt schließlich eine kurze Diskussion, ob man nicht ein bisschen weniger Nebel einsetzen könne. Das wird verneint, Raphaël gibt klein bei. Schließlich kommt der Co-Produzent und fragt, warum er sich so auf der Nase herumtanzen lässt. Neuer Versuch: Jetzt beschweren sich die Kameraleute, dass die Szenen schlecht aussehen.

Es folgten weitere solcher Szenen, deren Charme überhaupt nicht funktioniert. Raphaëls Bruder Tom kommt ans Set und fragt nach, ob dieser schon sein Drehbuch durchgelesen habe. Später bekommen die Zuschauer auch die echte Huguette zu sehen, die sich über Nichtigkeiten am Set beschwert. Die Lampenschirme am Kronleuchter seien nicht das Original. In der Pause kommt es wieder zu einer Konversation zwischen Ingrid und dem Regisseur, der ihr empfiehlt, Method-Acting zu betreiben. Die Anfang der 1950er Jahre entwickelte Schauspielmethode ist ein vollkommenes Aufgehen des Schauspielers in seiner Rolle. Nun schreit sie alle Personen hinter den Kulissen an, besonders witzig ist das nicht.

In einem Team-Meeting verwechselt Raphaël erst die verschiedenen Crew-Mitglieder, rastet dann ein wenig aus und schließlich kommen obszöne Wörter zum Einsatz. Ein Teil des Ensembles hat diesen Part gefilmt und möchte jetzt eine Bestechungssumme kassieren. Er würde es sonst „verschicken“, der etwas ältere Produzent fragt seine Assistentin nur, wie man das verschicken könne, wenn man keine Adresse angibt. Er redet sich noch raus, er verstünde dies – beim Behind-the-Scenes-Gespräch gab er seinen Fauxpas zu.

Nachdem Netflix mit «Lupin» ein tolles Projekt realisierte, wundert man sich schon, dass «Fiasko» eine solche Grütze ist. Die Franzosen haben durchaus lustige Comedy-Projekte geschaffen, doch die Serie von Igor Gotesman und Pierre Niney besticht durch vorhersehbare Witze, die zum großen Teil noch nicht einmal aufgehen. «Fiasko» ist tatsächlich ein Fiasko.

«Fiasko» ist seit Dienstag, den 30. April 2024, bei Netflix verfügbar.

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