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#Abschied in schwierigen Zeiten

Abschied in schwierigen Zeiten

Juliette Gréco (1927 bis 2020): Eine Frau ohne Alter

Ein Sommerabend in Wilz in Luxemburg. Juliette Gréco hat ihr Konzert beendet und gönnt sich auf der Terrasse des Hotels noch einen Cappuccino. An den anderen Tischen sitzen ein paar späte Zuhörer. Wir stehen auf und applaudieren. Sie um ein Autogramm zu bitten scheint uns zu bourgeois. Bevor sie mit dem Auto nach Paris fährt, geben wir uns als frühe Stammgäste des „Le Tabou“ zu erkennen, eines Kellerlokals im Künstlerviertel Saint-Germain-des-Prés. Im schrottreifen Volkswagen waren wir damals dorthin gefahren und hatten im Auto übernachtet, nur um ihr zuzuhören. „Die Gréco“ mit ihren schwermütigen Chansons „Si tu t’imagines“ oder „L’éternel féminin“ trat stets in Schwarz auf, das Gesicht weiß, die Augen schwarz geschminkt.

Auf der Freilichtbühne von Wilz waren wir ihr so nah wie damals in Paris, Jahrzehnte zuvor. Wir sind mit ihr alt geworden, obwohl es immer schien, als ob die Frau da oben auf der Bühne ohne Alter wäre. Sie war eine Frau, die sich wandelte und alles überwindet, vor allem sich selbst. Es waren vor allem wir Jungen, die ihre Konzerte besuchten, weil wir spürten: Hier steht eine Frau, die ehrlich mit sich selbst ist. Und sie sagte es mit einer Klarheit, wie sie nur die französische Sprache kennt. In diesem Jahr ist sie gestorben, in ihrem Haus in Ramatuelle in Südfrankreich. Die Trauerfeier in Paris organisierte ihre Enkelin Julie-Amour Rossini. Sie war ihr sehr nahe, nachdem Grécos Tochter Laurence-Marie verstorben war. Zuletzt lebte Juliette Gréco zurückgezogen, Konzerte wurden abgesagt. Sie wolle als Siegerin gehen, erklärte sie, nicht als Besiegte.

Herbert Feuerstein (1937 bis 2020): Nicht einmal Fan von sich selbst

Als den Machern von Radio Luxemburg immer mehr Hörer wegblieben, schrillten in der Villa Louvigny im Luxemburger Stadtpark die Alarmglocken. Frank Elstner und seine Mannschaft hatten noch Traumquoten eingefahren – den Nachfolgern schien kaum etwas zu gelingen. In den Sendern der Nachbarländer war die Ehrfurcht vor dem Hochamt Radio längst einer lockeren Präsentationsform gewichen. In den Studios durfte geraucht werden, Versprecher der Moderatoren galten als besondere Form des Glücks. Ein Radiomoderator hatte die Qualitäten eines Vorstandssprechers mitzubringen, mindestens drei Fremdsprachen zu beherrschen und mehr als eine Idee zu haben, wie man eine defekte Kaffeemaschine wieder in Gang setzt. Ein solcher Mann – von Frauen war damals noch nicht die Rede – schien Herbert Feuerstein zu sein. Er war trotz seiner nur 1,65 Meter der Größte. Im Gespräch mit dem Programmchef offenbarte er weitere Talente. Er konnte lesen und schreiben, kannte Heinrich Böll, hatte einen Führerschein und war schon einmal in Mexiko gewesen.

Der verstorbene Journalist, Kabarettist und Entertainer Herbert Feuerstein war trotz seiner nur 1,65 Meter der Größte, schreibt Rainer Holbe.


Der verstorbene Journalist, Kabarettist und Entertainer Herbert Feuerstein war trotz seiner nur 1,65 Meter der Größte, schreibt Rainer Holbe.
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Bild: dpa

Für den Posten eines Radioredakteurs war er empfohlen worden, von einem, der noch größer war: Harald Schmidt. Denn als Sidekick in „Schmidteinander“ hatte sich Feuerstein bestens bewährt. Der spätere Late-Night-Talker hatte die von Feuerstein erdachten Pointen für sich reserviert, für „den Zwerg“ blieb nur das Grobzeug übrig. Doch beim WDR in Köln hatte man längst erkannt, dass das Duo Schmidt/Feuerstein besonders geschätzt wurde: Hier der Zyniker Schmidt, dort der verschmitzte Feuerstein, der nicht einmal Fan von sich selbst sein wollte: „Ich kann mich nicht sonderlich leiden.“ Wollte Schmidt ihn womöglich loswerden? Jedenfalls kam Feuerstein zu Radio Luxemburg – und bestieg ein brennendes Schiff.

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