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#Abstandsgebot sichert gesunde Verdauung

Abstandsgebot sichert gesunde Verdauung

Der Dickdarm beherbergt eine ungeheure Menge an Mikroorganismen, die für die Verdauung unerlässlich sind. Damit es zu keinen wechselseitigen Attacken zwischen der Darmflora und der obersten Zellschicht des Dickdarms – des Darmepithels – kommt, müssen Gewebe und Mikroorganismen trotz ihrer Abhängigkeiten auf Distanz gehalten werden. Diese Aufgabe übernimmt die Darmschleimhaut. Ohne klare Abgrenzung zwischen Darmflora und Darmepithel drohen chronische Entzündungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, weil das Immunsystem dann ständig in Scharmützel mit der Darmflora verwickelt ist.

Bislang glaubt man, dass der Schleim vorwiegend im letzten Abschnitt des Dickdarms produziert wird. Unklar ist, ob die Darmschleimhaut und der von ihr sezernierte Schleim lediglich eine Grenzschicht bilden oder weitere Aufgaben wahrnehmen. Offen ist auch, ob für Darmflora und Epithel überall die gleichen Abstandsregeln gelten oder ob es Unterschiede zwischen den einzelnen Bereichen des Dickdarms gibt.

Wissenschaftler um Kirk Bergstrom von der „Oklahoma Medical Research Foundation“ beantworten nun einige dieser Fragen in der Zeitschrift „Science“, und zwar bei Mäusen. Ihre Ergebnisse zeigen, dass nicht der letzte Abschnitt des Darms für die beste Abschottung zwischen Darmflora und Darmepithel verantwortlich ist, sondern der erste, näher am Dünndarm gelegene Teil. Es werden auch verschiedene Sorten von Schleim gebildet. Schleimproduktion und Bakteriengemeinschaft beeinflussen sich außerdem gegenseitig.

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Doppelte Schleimhülle bietet besseren Schutz

Bei Mäusen sorgt also die Darmflora selbst dafür, dass sie sofort nach dem Übertritt des Fäkalienbreis in den Dickdarm auf Distanz gehalten wird. Bergstrom und seine Kollegen stützen ihre Erkenntnisse auf eine neue Form der Bildgebung, bei der alle Abschnitte des Mäuse-Dickdarms gleichzeitig untersucht werden können, inklusive der jeweiligen Schleimzusammensetzung. Es zeigte sich, dass die Mäuse im aufsteigenden Ast des Dickdarms einen dickflüssigen Schleim produzieren, im absteigenden Ast, der zum After führt, dagegen einen dünnflüssigen. Der zähe Schleim kleidet nicht nur die Darmwand im aufsteigenden Ast aus, sondern hüllt auch sofort die aus dem Fäkalienbrei gebildeten Kot-Pellets mitsamt den eingeschlossenen Darmbakterien ein. Dadurch entsteht neben der Schleimhaut im aufsteigenden Ast eine weitere kompakte Barriere zwischen Darmflora und Darmepithel.

Im absteigenden Ast des Dickdarms wird diese Hülle dann um eine zweite Schicht aus dünnflüssigem Schleim ergänzt. Mäuse lösen das Abstandsproblem also mit einer doppelten Verpackung der Kot-Pellets. Der Schleim bewegt sich somit gemeinsam mit den Ausscheidungen durch den Darm.

Die Forscher um Bergstrom haben zudem festgestellt, dass die Zusammensetzung des zähen Schleims direkt von der Zusammensetzung der Darmflora abhängt. Beim dünnflüssigen Sekret ist das nicht der Fall. Umgekehrt hängt auch die Qualität der Bakteriengemeinschaft von der Qualität des Schleims ab. Damit bestimmen Schleim und Darmflora bei Mäusen die Stabilität der Barriere zwischen den Mikroorganismen und dem Darmepithel. Ohne die richtige Zusammensetzung auf beiden Seiten wird die Hülle durchlässig, was zu Entzündungen des Organs führt.

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Von Relevanz für chronische Darmerkrankungen

Die Forscher wollten bei ihren Tierversuchen auch wissen, was passiert, wenn die Schleimbildung in den beiden Abschnitten des Dickdarms gezielt gestört wird. Fällt die Schleimbildung im aufsteigenden Ast oder in beiden Ästen aus, driften viele Mikroorganismen aus den Kot-Pellets ins Darmlumen und kommen dem Darmepithel gefährlich nahe. Ein Ausfall im absteigenden Ast scheint dagegen weniger kritisch zu sein. Die Wissenschaftler konnten des Weiteren zeigen, dass die Behandlung mit Antibiotika oder die operative Verkürzung des Darms ebenfalls gravierende Auswirkungen auf die Schleimproduktion und damit auf die Stabilität der Barriere haben. Allerdings ließ sich die gestörte Schleimproduktion durch eine Transplantation des Stuhls wieder ankurbeln.

Noch ist offen, ob die Beobachtungen der amerikanischen Forscher auch für den menschlichen Darm gelten. Trotzdem setzen Bergstrom und seine Kollegen hohe Erwartungen in eine mögliche klinische Relevanz ihrer Erkenntnisse. Würde der Mensch tatsächlich über ein ähnliches System verfügen wie die Maus, könnten sich daraus wichtige Konsequenzen für die Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ergeben.

Auch die Diagnostik könnte sich ändern. Statt Patienten mit einer Colitis ulcerosa immer wieder mit invasiven Verfahren wie einer Darmspiegelung untersuchen zu müssen, könnte man das Fortschreiten der Erkrankung dann möglicherweise über eine Stuhlprobe bestimmen, schreibt Lijun Xia, einer der führenden Autoren der Studie, in einer Erklärung. Die Zusammensetzung des vorhandenen Schleims sollte dann Rückschlüsse auf die Gesundheit des Patienten geben können. Ob das tatsächlich möglich sein wird, hängt von weiteren Forschungsergebnissen ab.

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