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#Afghanistan: Soldaten sind keine Entwicklungshelfer

Afghanistan: Soldaten sind keine Entwicklungshelfer

Über Niederlagen redet man nicht gern. Für die Politik, die vom Vertrauen der Wähler in ihre Fähigkeiten lebt, gilt das noch mehr als im normalen Leben. Trotzdem ist es erstaunlich, dass der Abzug aus Afghanistan von keiner nennenswerten öffentlichen Debatte begleitet wird.

Fast zwanzig Jahre stand die Bundeswehr am Hindukusch. Nun musste sie abziehen, ohne dass die hochgesteckten Ziele des Einsatzes erreicht wurden. Man wüsste schon gerne, was die Regierung, was der Bundestag (Stichwort Parlamentsarmee), was die Parteien dazu zu sagen haben. Schwamm drüber? Oder können wir aus diesem Misserfolg etwas lernen für die Zukunft der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik?

Für Letzteres spricht, dass in Afghanistan nicht eine einzelne Mission gescheitert ist, sondern eine ganze Strategie. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 galt im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus das Prinzip der Vorwärtsverteidigung. Gruppen wie Al-Qaida sollten an ihren Rückzugsorten gestellt werden, um sie von weiteren Angriffen auf westliche Länder abzuhalten.

Spätestens mit der Flüchtlingskrise 2015 kam noch das Ziel hinzu, Migration durch die Stabilisierung von Herkunfts- und Transitländern zu verhindern; es spielt heute beim Mali-Einsatz eine wichtige Rolle. In Deutschland wurden diese Motive oft durch eine allgemeine Friedens- und Entwicklungsrhetorik verbrämt, im Kern aber wurden sie geteilt.

Al-Qaida-Führung hielt durch

Betrachtet man den Afghanistan-Einsatz aus diesem Blickwinkel, dann fällt die Bilanz ernüchternd aus. Al-Qaida konnte auch nach der westlichen Intervention noch viele Jahre Terroranschläge in aller Welt verüben und ist bis heute in Afghanistan präsent. Eine Studie im Auftrag des amerikanischen Kongresses kam Anfang des Jahres zum Ergebnis, dass die Organisation insgesamt geschwächt sei, ihre Führung trotz des militärischen Drucks aber in Afghanistan und Pakistan durchhalten konnte. Und ein voreiliger Abzug könne dazu führen, dass von Afghanistan innerhalb von eineinhalb bis drei Jahren wieder eine direkte dschihadistische Bedrohung für Amerika ausgehe.

Nicht viel besser sieht es in der Migrationsfrage aus, auch wenn diese nie der ausschlaggebende Grund für den internationalen Einsatz in dem Land war. In Deutschland sind Afghanen seit Jahren eine der größten Gruppen von Asylbewerbern, zuletzt standen sie an zweiter Stelle. Wie kann das sein? Wieso gelingt es dem Westen trotz gewaltigen Ressourceneinsatzes nicht einmal, die Mindestziele solcher Missionen zu erreichen? Afghanistan ist ja nicht das einzige Beispiel der jüngeren Zeit.

Staatliche Strukturen fehlen

Bei allen Unterschieden zwischen einzelnen Interventionen fällt eines ins Auge: Das Fehlen oder der Verlust von staatlichen Strukturen ist nur schwer auszugleichen. In Afghanistan wurden die Taliban entmachtet, es gelang aber nie, aus der dortigen Stammesgesellschaft einen halbwegs modernen Staat zu formen. Im Irak lösten die Amerikaner nach dem Sturz Saddams die Armee auf und bekamen es danach mit konfessionellen Aufständen zu tun. In Libyen half die NATO beim Kampf gegen Gaddafi, was das Land aber nur in einen Bürgerkrieg warf.

Das einzige halbwegs erfolgreiche Gegenbeispiel ist die Zerstörung des „Islamischen Staats“ in Syrien und im Irak, an der Deutschland auch beteiligt war. Hier konzentrierte man sich auf enge militärische Ziele: einen Luftkrieg mit schlagkräftigen Verbündeten am Boden, die mit Waffen ausgestattet wurden. In diesem Fall ging die Strategie auf. Der IS verlor seine Gebiete, seine Anschläge gingen spürbar zurück. Nur der Migrationsdruck besteht fort, was aber vor allem mit der verfahrenen Lage in Syrien zu tun hat.

Auslandseinsätze nur mit humanitärer Grundierung

Für Deutschland sind das schwierige Einsichten. Auslandseinsätze lassen sich bei uns in der Regel nur durchsetzen, wenn sie eine humanitäre Grundierung haben. Das Ziel, Gesellschaften wie die afghanische in eine aufgeklärte Zukunft zu führen, dient der Beruhigung des eigenen Gewissens, auch wenn es gar nicht der eigentliche Kriegsgrund ist.

Soldaten sind aber keine Entwicklungshelfer, das hat man jetzt an vielen Orten auf der Welt gesehen. Auch in Mali stellt sich die Frage, wie eine großteils afrikanische UN-Truppe von 13.000 Soldaten Frieden sichern, die Menschenrechte wahren und das kulturelle Erbe schützen soll, um nur ein paar Ziele des Auftrags zu nennen, der auch für die Bundeswehr gilt. Im halb so großen Afghanistan waren auf dem Höhepunkt 130.000 ausländische Soldaten, die meisten gestellt von der Weltmacht Amerika, und der Einsatz scheiterte trotzdem.

Vor allem aber können Auslandsmissionen der deutschen Politik nicht ersparen, sich ohne Scheuklappen mit Migration und Terrorismus zu befassen. Wenn das Land weniger irreguläre Migranten will und eine geringere islamistische Bedrohung, dann ist das in erster Linie eine Aufgabe für die (Asyl-)Gesetzgebung und die Sicherheitsbehörden. Die Bundeswehr kann nicht die Fehler der Flüchtlingspolitik ausgleichen, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden.

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