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#„Alien-artiger“ Hirnaktivität auf der Spur

„„Alien-artiger“ Hirnaktivität auf der Spur

Sie sind hochintelligent, obwohl sie nicht einmal annähernd mit uns verwandt sind. Wie funktioniert das fremdartige und doch so leistungsstarke Gehirn der Oktopusse? Einblicke kann nun raffinierte Technik gewähren: Forscher haben Kraken Elektroden ins Gehirn implantiert sowie ein Aufzeichnungsgerät für die neuronale Aktivität in ihren Körpern untergebracht. In Verbindung mit Videoaufnahmen der sich frei bewegenden Tiere konnten sie so bereits erste Hinweise auf spezielle Hirnaktivitätsmuster gewinnen. Vor allem zeichnet sich nun Potenzial für die weitere Forschung ab, sagen die Wissenschaftler.

Acht wuselnde Arme mit Saugnäpfen, drei Herzen, blaues Blut… Viele Merkmale der Oktopusse wirken geradezu Alien-artig. Der Grund dafür ist, dass sich die Entwicklungslinie der Kopffüßer bereits früh in der Evolutionsgeschichte von der unserer Vorfahren getrennt hat. Die Kraken werden den Weichtieren zugeordnet – sie sind also mit Muscheln oder Schnecken verwandt. Erstaunlicherweise besitzen sie aber dennoch ein Merkmal, das sie mit den hochentwickelten Vertretern der Säugetiere verbindet: Oktopusse sind erstaunlich clever – sie können lernen, knifflige Aufgaben lösen und sogar Werkzeuge gebrauchen. Klar ist: Ihre Intelligenz basiert auf einem komplexen Gehirn, das im Lauf der Evolutionsgeschichte offenbar ebenfalls eine große Leistungsfähigkeit hervorbringen konnte.

Wie das speziell aufgebaute Nervengebilde allerdings funktioniert – etwa die acht Arme steuert oder „denkt“, ist bisher unklar. Beim Menschen und Wirbeltieren lassen sich Hirnfunktionen durch die Messung von Hirnströmen untersuchen und mit Verhaltensweisen verknüpfen. Doch bisher schien dies bei den Oktopussen kaum möglich. Denn an den glitschigen und wabbeligen Weichtieren lässt sich kaum etwas befestigen. Außerdem würden sie alle Fremdkörper auf ihrer Körperoberfläche sofort abreißen. “Mit ihren acht kräftigen und äußerst flexiblen Armen können sie jede Stelle ihres Körpers erreichen”, sagt Erst-Autorin Tamar Gutnick vom Okinawa Institute of Science and Technology. „Also brauchten wir eine Möglichkeit, die Geräte völlig außer Reichweite zu bringen. Deshalb haben wir sie in die Tiere eingebaut“, so die Forscherin.

Implantiert, statt angehängt

Das Team passte dafür kleine und leichte Datenlogger an, die ursprünglich für die Überwachung der Hirnaktivität von Vögeln während des Flugs entwickelt wurden. Das Team machte diese Geräte wasserdicht, ohne sie stark vergrößern zu müssen und stattete sie mit speziellen Batterien aus, die eine kontinuierliche Aufzeichnung von bis zu zwölf Stunden ermöglichten. Als Modelltier suchten sich die Forscher die relativ große Krakenart Octopus cyanea aus, um das System gut unterbringen zu können. Sie betäubten dazu drei Exemplare und setzten ihnen das Aufzeichnungsgerät in einen Hohlraum in der Muskelwand des Mantels ein. Verbunden wurde es mit feinen Elektroden, die in einen Bereich des Krakengehirns implantiert wurden, der als vertikaler Lappen und medianer oberer Frontallappen bezeichnet wird.

Nach Abschluss der Operation und dem Verschluss der Öffnung wurden die Kraken in ihr Heimatbecken zurückgebracht und erwachten aus der Narkose. Anschließend wurden sie dann zwölf Stunden lang durch Videokameras überwacht. Parallel zu ihren Verhaltensweisen wie Schlafen, Fressen und Bewegungen, zeichnete das Gerät dann die Muster der Gehirnaktivität auf. Anschließend wurden die Logger und die Elektroden den Versuchstieren wieder operativ entfernt und die Forscher konnten die Daten auslesen und mit den Videoaufzeichnungen synchronisieren.

Vielversprechender Machbarkeitsnachweis

Wie das Team berichtet, stellten sie mehrere unterschiedliche Muster der Hirnaktivität fest, von denen einige denjenigen von Säugetieren ähnelten. Sie stellten allerdings auch spezielle, sehr lang anhaltende und langsame Schwingungsmuster fest, die bisher noch nicht beschrieben worden waren. Konkrete Rückschlüsse auf Zusammenhänge mit bestimmten Verhaltensweisen seien zwar noch nicht möglich, sagen die Forscher. Doch wie sie betonen, handelt es sich bei ihrer Studie zunächst vor allem um einen Machbarkeitsnachweis, der das Potenzial des Verfahrens verdeutlichen soll.

Sie planen nun, das System anzuwenden, während die Tiere spezielle Aufgaben lösen. “Dabei soll der Bereich im Fokus stehen, der mit Lernen und Gedächtnis in Verbindung gebracht wird. Wir hoffen, dass wir das sehr bald tun können“, sagt Gutnick. Den Forschern zufolge könnte die Methode bei unterschiedlichen Vertretern der Kopffüßer zum Einsatz kommen und somit dazu beitragen, Einblicke in die Grundlagen ihre speziellen kognitiven Fähigkeiten zu gewinnen. Etwa wie sie interagieren oder die Bewegung ihres Körpers und ihrer vielen Arme kontrollieren. “Dies ist eine wichtige Studie – aber nur der erste Schritt”, sagt Seniorautor Michael Kuba von der Universität Neapel Federico II. “Tintenfische sind so clever, aber wir wissen bisher nur wenig darüber, wie ihre Gehirne funktionieren. Mit dieser Technik haben wir jetzt die Möglichkeit, in diese Organe zu schauen, während sie bestimmte Aufgaben erledigen. Das ist wirklich aufregend und spannend”, so der Wissenschaftler.

Quelle: Okinawa Institute of Science and Technology (OIST) Graduate University, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.2139/ssrn.4309084

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