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#Allein hinter Plexiglas

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Allein hinter Plexiglas

Eins sei anders bei diesem zweiten Lockdown, sagt Daniel Nawenstein. „Die Panik ist nicht mehr so groß.“ Nawenstein betreibt zusammen mit seiner Frau Heidi das peruanische Restaurant „La Cevi“ im Frankfurter Hipsterviertel Nordend. „Kurz vor Fine Dining“ – so beschreibt er seine Küche. Nawenstein gehört nicht zu den Gastronomen, die der zweite Lockdown in Existenznöte bringt, der „sehr gute Sommer“ hat ihn zumindest erst mal gerettet. Was die Leute in ihrem Urlaub dieses Jahr nicht bekommen konnten – das Gefühl, eine Auszeit vom Alltag zu haben, etwas Exotisches zu erleben –, das hätten sie sich bei ihm in seinem mit viel peruanischer Tradition und Patriotismus betriebenen Restaurant geholt. Trotzdem ist Nawenstein so wütend wie die meisten seiner Kollegen. Einen Monat, sagt er, hätte er noch gebraucht, dann wäre er wieder schuldenfrei gewesen. Wäre nicht der Lockdown gekommen.

Sarah Obertreis

Nawenstein gehört zu den Gastronomen, die Branchenkenner Erich Nagl von der auf Restaurants, Bars und Hotels spezialisierten Steuerberatung ETL Adhoga für ihre Professionalität lobt. Nagl erzählt, auch er sei erst mal in eine Schockstarre verfallen, als er vom zweiten Lockdown hörte. Doch nun, ein paar Tage nach der ersten Ankündigung, hat sich die Laune des Experten deutlich gebessert. „Ich betrachte es jetzt differenzierter“, sagt er und bringt damit ein bisschen Ruhe in die immer noch aufgeheizte Stimmung in der Branche. Die Geschäfte, erzählt Nagl, seien nicht nur bei Nawenstein im Sommer überraschend gut gelaufen, das sei bei vielen seiner Mandanten so gewesen. „Der Hunger und das Bedürfnis nach Kulinarik waren groß“, sagt er. Und: „Ich glaube nicht, dass der November für viele Insolvenzen in der Branche sorgen wird.“

Nagl ist sich in seinem Optimismus so sicher, weil die angekündigten Hilfen der Bundesregierung großzügig sind: Gastronomische Betriebe sollen bis zu 75 Prozent ihres durchschnittlichen wöchentlichen Vorjahresumsatzes im November erstattet bekommen. Zehn Milliarden Euro will der Bund insgesamt für diese Überbrückungshilfen bereitstellen. „Ein sehr faires Angebot“ nennt es Nagl.

Hilfsgelder und ein kurzer Lockdown

Viele der Gastronomen reagieren deutlich zurückhaltender. Der Branchenverband „Leaders Club“ teilt mit, die Hilfen seien zwar besser als „diverse Sperrstunden und Einschränkungen“, aber noch besser sei ein möglichst kurzer Lockdown. „Wenn das alles so umgesetzt wird wie versprochen, ist das völlig in Ordnung“, erklärt Nawenstein, aber er ist immer noch skeptisch.

Versöhnlicher tritt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband auf, seit am Donnerstag die Details zu den Hilfen bekanntgeworden sind und klar ist: Das Angebot ist tatsächlich so großzügig, wie es die Regierung angekündigt hatte, besonders für die Gastronomie, weil der Wareneinsatz in normalen Zeiten einen großen Teil ihres Umsatzes verschlingt. „Das sind gute und mutmachende Nachrichten für unsere notleidenden Betriebe“, teilte Dehoga-Präsident Guido Zöllick mit.

Schutz vor Viren: Daniel Nawenstein hat in seinem Restaurant La Cevi in Frankfurt bemalte Plexiglasscheiben aufgestellt.


Schutz vor Viren: Daniel Nawenstein hat in seinem Restaurant La Cevi in Frankfurt bemalte Plexiglasscheiben aufgestellt.
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Bild: Frank Röth

Nawenstein würde solche Worte nicht in den Mund nehmen. Er gehört zu den Gastronomen, die sich alle Mühe gegeben haben, die Corona-Auflagen umzusetzen und sein Restaurant zu einem „Schutzgebiet“ vor dem Virus zu machen, wie er es nennt. Etwa 6.000 Euro habe er investiert, zum Beispiel in die Plexiglasscheiben, die nun bunt angemalt im ganzen „ La Cevi“ verteilt stehen – und in zwei Luftfilteranlagen, die mit Hilfe von Desinfektionsmitteln die gefürchteten Aerosole an ihrer Verbreitung hindern sollen.

„Gott sei Dank habe ich mir keine Heizpilze gekauft“, sagt Nawenstein. Er fühlt sich unfair behandelt. „Die Kollegen, die sich nicht an die Auflagen gehalten haben, mehr Plätze im Sommer und im Winter zur Verfügung hatten, kommen mit ihrem gesparten Geld jetzt bestimmt wunderbar durch den Shutdown“, sagt er resigniert.

Nawenstein weiß noch nicht genau, was er mit seinem auf einmal gästefreien Gastronomenleben anfangen soll. Wahrscheinlich wird das „La Cevi“ wieder auf eine Karte mit peruanischen Gerichten zum Mitnehmen umstellen. Seit dieser Woche ist klar: Die Einnahmen der Restaurants aus dem To-go-Geschäft müssen die Gastronomen nicht mit den Überbrückungshilfen verrechnen. Viel ändern wird das wahrscheinlich nicht an der Lage des „La Cevi“. „Kurz vor Fine Dining“ wollen die Menschen zelebrieren, nicht mitnehmen. Zumindest das hat Nawenstein im ersten Lockdown gelernt.

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