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#Alleine hoch hinaus

Alleine hoch hinaus

Ohne Flaschensauerstoff auf den Mount Everest, den mit 8848 Metern höchsten Berg der Welt zu steigen, das haben seit Reinhold Messner und Peter Habeler, denen das 1978 zum ersten Mal gelang, nur etwa hundert Bergsteiger geschafft. Noch schwieriger ist es, im Winter den Gipfel des Mount Everest zu erreichen, wenn oft starke Stürme um den Berg peitschen und die Temperaturen im Gipfelbereich minus 50 Grad erreichen. 1980 schafften das zum ersten Mal die Polen Krzysztof Wielicki und Leszek Cichy und seither nur eine Handvoll weiterer Bergsteiger. Im Winter, allein, ohne Flaschensauerstoff und auf einer kaum begangenen, weil schwierigen Route auf den Mount Everest klettern zu wollen, das braucht nicht nur eine gehörige Portion Phantasie, sondern auch Leidensfähigkeit und Risikobereitschaft.

Zuallererst braucht es aber Chuzpe, diese Idee überhaupt laut auszusprechen. Jost Kobusch, 29 Jahre alt, tat das 2019. Und er ließ sich auch nicht von dem Plan abbringen, als er in Bergsteigerkreisen Kopfschütteln erntete und verständnislos über den „Schaumschläger“ gelästert wurde. Reinhold Messner nannte Kobusch vor Kurzem wenig schmeichelhaft einen „Weltmeister im Ankündigen“. Vor wenigen Tagen legte er in einem Interview mit der „Nepali Times“ nach: „Was Kobusch macht, ist PR. Er hat gesagt, dass er nur eine einprozentige Chance hat. Wenn das so ist, sollte er besser in den Alpen bleiben, dort kleinere Dinge erfolgreich machen oder erst einmal auf die herausfordernden Sechs- oder Siebentausender steigen.“ In gewisser Weise ist diese Kritik auch ein Ritterschlag. Messner hat von Kobusch Notiz genommen. Ganz unbegründet ist die Kritik jedoch nicht: Die PR hat funktioniert. Bergsteiger auf der ganzen Welt beobachten, was dieser Typ aus Deutschland am Everest treibt.

Oscar-Nominierung für Kobusch

Jost Kobusch wuchs im Teutoburger Wald auf. Maximale Höhe: 446 Meter. Mit dem Klettern begann er als Zwölfjähriger, es sollte ihn von seiner Höhenangst befreien. Als er im Alter von 17 Jahren zum ersten Mal auf der Zugspitze stand, fuhr er mit der Bahn hinauf, wie er einmal in einem Interview bekannte. Nach dem Abitur ging er zu den Gebirgsjägern der Bundeswehr. Nach sechs Monaten quittierte er den Dienst. Auf Befehl bergsteigen, das war nicht seins. Kobusch ist lieber allein am Berg unterwegs. 2014 stieg er solo auf die Ama Dablam (6814 Meter), er war der Jüngste, dem das allein gelang. 2016 schaffte er es auf die Annapurna (8091 Meter). Laut dem Expeditionsarchiv Himalayan Database war Kobusch erst der siebte Deutsche, der den Gipfel der Annapurna erreichte. Für seinen Aufstieg nutzte er zuvor von Sherpas verlegte Fixseile. Im Jahr 2017 fand er im Alleingang und als Erster einen Weg auf den Gipfel des 7296 Meter hohen Nangpai Gosum II, was ihm sogar eine Nominierung für den renommierten Piolet d’Or, den Oscar des Bergsteigens, einbrachte.

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Über sein aktuelles Projekt am Everest hatte ein erfahrener Höhenbergsteiger vor zwei Jahren noch gerätselt: „Ich weiß gar nicht, wie er überhaupt auf den Lho La raufkommen will.“ Auf dem 6006 Meter hohen Pass, der die Grenze von Nepal zu Tibet bildet, beginnt der Westgrat des Mount Everest, über den sich dann eine Aufstiegsmöglichkeit durch das Hornbein-Couloir in der Nordwand eröffnet. Bei seinem ersten Versuch am Everest im Winter 2019/20 schaffte es Kobusch weit über den Lho La hinaus, immerhin bis 7360 Meter. Bis zum Gipfel fehlten da noch fast 1500 Höhenmeter, doch der Gipfel war beim ersten Versuch auch noch nicht sein Ziel gewesen. Er wolle versuchen, so weit wie möglich aufzusteigen, hatte er damals vor dem Aufbruch nach Nepal im Herbst 2019 angekündigt. Und er wolle so viele Erfahrungen sammeln wie möglich, um beim nächsten Mal eine größere Höhe erreichen zu können. Der Mount Everest als Trainingsberg.

Auf jeglichen Komfort wird verzichtet

Zwei Jahre später folgt nun der nächste Versuch. Seine aktuelle Expedition hat Kobusch, der wegen der besseren Trainingsbedingungen inzwischen in den französischen Bergsteigerort Chamonix, an den Fuß des Mont Blanc (4807 Meter), gezogen ist, auf das Notwendigste reduziert. War er vor zwei Jahren noch mit Koch, Küchenhelfer und mehr als einer Tonne Gepäck unterwegs, verzichtet er in diesem Winter auf diesen Komfort. Auf dem Khumbu-Gletscher in 5730 Metern Höhe, wo sich schon in fünf Monaten wieder ein Zeltdorf mit rund 2000 Bewohnern und mehreren Helipads erstrecken wird, das Basislager der Everest- und Lhotse­-Expeditionen, steht jetzt nur sein kleines gelbes Kuppelzelt. Dort übernachtet Kobusch, bevor er aufsteigt und wenn er vom Berg zurückkommt.

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Der GPS-Tracker, den er mit sich führt, registrierte am 4. Januar eine Höhe von 6457 Metern. Auf Instagram informiert Kobusch seine Follower über seine Fortschritte und die aktuellen Verhältnisse am Berg. „Hier fliegt so einiges an Eis und Lawinen herunter! Also immer schön am linken äußeren Rand bleiben (rechts gibt es dieses Jahr ne Spalte) und schnell sein!“, schrieb er vor wenigen Tagen. Sollte ihm das eine Warnung sein? Die ganze Idee ein Himmelfahrtskommando?

In diesem Winter peilt Kobusch die 8000er-Marke an. Derzeit erholt er sich von den Strapazen der vergangenen Tage in einer Lodge zwischen den Weilern Gorak Shep und Lobuche in etwa 5000 Metern Höhe. Sie ist sein Basislager. In den nächsten Tagen will er von dort aus wieder aufbrechen.

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