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#„Alles sieht gleich geil aus“

„Alles sieht gleich geil aus“

Herr Bleibtreu, stimmt es eigentlich, dass Sie Serien hassen?

Oliver Georgi

Redakteur in der Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Hassen nicht, aber es stimmt, dass ich nicht so wahnsinnig gerne Serien gucke. Endlose Nächte vorm Fernseher, das ist nichts für mich. Mir ist der neue Bond schon zu lang. Zwei Stunden geht, alles darüber hinaus belastet meine Aufmerksamkeitsspanne zu sehr.

Trotzdem spielen Sie, wie jetzt in „Blackout“ nach dem Roman von Marc Elsberg, immer wieder in Serien mit.

Ja, aber alles über acht Folgen ist schwierig. Ob bei Ferdinand von Schirachs „Schuld“, bei „Faking Hitler“ mit Lars Eidinger oder jetzt bei „Blackout“, die Serienproduktionen bewegen sich meistens zwischen sechs und acht Folgen. Ich komme ja noch aus einer Zeit, in der Klausjürgen Wussow Anrufe von Fans bekommen hat, wann er in der Schwarzwaldklinik einen Termin für eine Operation frei hat.

Der Schauspieler verschmilzt bei sehr langen Serienformaten in der Wahrnehmung des Publikums irgendwann mit seiner Figur. Bereitet Ihnen das Unbehagen?

Nicht nur das, man spielt ja auch über Jahre hinaus dasselbe. Ich mag es, mich einer Figur zu nähern, sie zu spielen, sie dann aber auch wieder abzuschließen. Noch eine Staffel und dann noch eine, das ist eher nichts für mich, dafür liebe ich die Abwechslung zu sehr. Meine Mutter hat mir schon früh erzählt: Das Schlimmste am Theater ist, wenn du einem Stück verhaftet bist, das du nicht magst, dann wird es plötzlich ein Riesenerfolg, und du spielst es drei Jahre lang.

Aufwendige Produktionen wie „Faking Hitler“ oder jetzt „Blackout“ wären früher im Kino gelaufen oder zumindest zur Primetime bei den Privatsendern. Heute werden solche Stoffe gleich für Streaminganbieter produziert wie in diesem Fall für Joyn. Ist das Fluch oder Segen für den deutschen Film?

Erst mal ein Segen. Schon deshalb, weil viel mehr Rollenfächer bedient werden können. Durch die Streamingkonzerne bekommen Schauspieler Engagements, die sonst keine Chance gehabt hätten. Auch für interessante Nebenfiguren, die so facettenreich geschrieben sind, wie es das früher nicht gab.

Es gab aber doch auch früher schon anspruchsvolle und trotzdem erfolgreiche Serien, die facettenreich und vielschichtig waren.

Ja, aber die blieben Solitäre. Bernd Eichinger hat das als einer von wenigen schon früh gewagt, etwa mit dem „Baader Meinhof Komplex“. Aber er wurde noch total angefeindet, als er 2005 aus dem „Untergang“ neben dem langen Kinofilm noch einen Dreiteiler fürs Fernsehen gemacht hat. Eigentlich war er damit aber Vorreiter für alles, was jetzt gerade im Streamingbereich passiert.

Spielt und dreht man fürs Netz anders als für einen Kinofilm?

Man dreht anders, vor allem aber schreibt man anders, weil man nicht mehr auf die klassische Struktur von Kinofilmen angewiesen ist, sondern viel mehr Zeit hat. Es ist wie früher beim Übergang von der Schallplatte auf die CD: Das Medium bestimmt das Produkt. Früher galt für viele Buchvorlagen: zu lang, zu kompliziert, nicht umsetzbar für einen Kinofilm. In gut geschriebenen Streamingserien kann man sich solchen Stoffen jetzt viel intensiver widmen, den Autoren kommt das eigentlich sehr zugute. Früher hat in Filmen oft der Unterbau gefehlt: Was machen die anderen Figuren, wie sind die Hintergründe? Solche Details mussten die Autoren oft weglassen, oder das Drehbuch ging gar nicht erst durch, weil man die Komplexität eines Romans in einem zweistündigen Film nicht abbilden konnte. Durch das Streaming haben solche Projekte heute eine viel größere Chance, realisiert zu werden.

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