#„Alles wegen der Russen“
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Europas beste Fechterinnen und Fechter sehen sich gezwungen, in zwei Wochen, vom 16. bis zum 18. Juni, zu einer kurzfristig angesetzten Europameisterschaft anzutreten, aller Voraussicht nach in Plowdiw, Bulgarien. Viele von ihnen müssen ihre mit Blick auf die Olympiaqualifikation seit Langem abgestimmte Trainings- und Wettkampfplanung über den Haufen werfen und sind die Leidtragenden eines seit Wochen ausgetragenen Machtkampfes zwischen dem über viele Jahre vom russisch-usbekischen Milliardär Alischer Usmanow alimentierten Internationalen Fechtverband FIE und dem Europäischen Fechtverband EFC.
Larissa Eifler, deutsche Junioren-Europameisterin im Säbelfechten, bringt die Situation, die sie zur Absage eines Trainingslagers in Italien und zur Umplanung ihres Wettkampfkalenders zwingt, so auf den Punkt: „Das ist dauerhafter, zusätzlicher Stress und das alles wird wegen der Russen veranstaltet. Um es klar zu sagen: Es geht gar nicht, eine EM, ein für die Olympiaqualifikation so entscheidendes Turnier, mal eben zu verlegen.“
Visaerteilung ist ausgeschlossen
Die FIE hatte Anfang März entschieden, russische und belarussische Fechter wieder zu internationalen Wettkämpfen zuzulassen. Allerdings war der Wettkampfkalender bereits im vergangenen Jahr verabschiedet worden. Die EM, die vom EFC ausgetragen wird, deren Status als Olympia-Qualifikationsturnier aber unter FIE-Hoheit steht, sollte demnach im Rahmen der European Games in Krakau (21. Juni bis 2. Juli) stattfinden.
Deren Organisatoren hatten als Reaktion auf die durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) empfohlene Wiederzulassung russischer und belarussischer Sportler angekündigt, man gebe eher die Veranstaltung zurück als Russen und Belarussen im Schatten des anhaltenden Angriffskriegs gegen die Ukraine zu den Wettkämpfen zuzulassen. Eine Visaerteilung durch die polnische Regierung ist ausgeschlossen. Polen gehört zu den 35 Staaten, die sich gegen eine Rückkehr russischer und belarussischer Sportler positioniert hat.
Chaotisch und unprofessionell
Wie die F.A.S. Mitte Mai berichtete, versuchte die FIE gleichwohl, von der EFC eine Zusage zur Visaerteilung für die Spiele in Krakau zu erreichen. Als der Versuch gescheitert war, entzog die FIE den Einzel-Wettkämpfen den Status als Olympia-Qualifikation und stellte Forderungen an die EFC.
Wie es in einem der F.A.Z. vorliegenden Schreiben vom an Usmanows Stelle als FIE-Interimspräsident agierenden Emmanuel Katsiadakis an den EFC-Präsidenten Giorgio Scarso vom 26. Mai heißt, „muss die EM (Einzelwettbewerbe) vor der Fecht-WM in Mailand ausgetragen werden“. Das Weltturnier ist für Ende Juli angesetzt. Weitere FIE-Forderung: Die EM habe „in einem Land stattzufinden, das Russen Visa erteilt“. Die Lösung: Plowdiw.
Alischer Usmanow (rechts) alimentiert den Fecht-Verband seit vielen Jahren.
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Bild: picture alliance/dpa
Der bulgarische Fechtverband hatte, als in der F.A.Z. Anfang April ein Artikel zu Usmanows Wirken erschienen war, darum gebeten, seine Position zum einstweilen verhinderten FIE-Mäzen zu veröffentlichen: „Wir sind absolut überzeugt, dass Herr Usmanow eine herausragende Sportfigur ist und ein Philantrop historischen Ausmaßes.“ Jede Einschränkung seines Wirkens sei „unfair und absurd“.
Usmanows Rückkehr muss angesichts des weiter geltenden Ausschlusses russischer Funktionäre zurückstehen. Aber Plowdiw kann nun als EM-Gastgeber einspringen.
Umplanung nach Hörensagen
Die Ad-hoc-EM findet gegen den mehrheitlichen Willen der EFC-Führung statt, die eine Ansetzung in ihrem Namen auf einer Sitzung am Montag verweigerte und auf dem Standpunkt steht, die FIE verletze die eigenen Statuten.
Die FIE, so der Wille von EFC-Chef Giorgio Scarso, solle nun zumindest Kosten übernehmen und den EFC von möglichen Schadenersatzforderungen der Europaspieleveranstalter in Krakau freihalten. Den Fechterinnen und Fechtern ist die Neuansetzung derweil noch nicht offiziell mitgeteilt, sie planen auf der Basis von Hörensagen um.
Mit den Athleten hat noch niemand gesprochen.
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Bild: Picture Alliance
„Wir bekommen diese Änderungen an den Kopf geknallt, wir sind die letzten, die davon erfahren – und es ist immer noch nicht offiziell“, sagt Larissa Eifler. „Ich würde das als unprofessionell bezeichnen. Wir hatten die Saison seit August geplant. Das Chaos begann mit der Empfehlung des IOC. Ich hatte gehofft, dass es nicht so schlimm wird – dass es so chaotisch wird, damit hätte ich niemals gerechnet.“
Sie wird am EM-Wochenende 24 Jahre alt, einen Verzicht auf Plowdiw kann sie sich nicht leisten: „Das Turnier ist deutlich wichtiger als ein Weltcup oder ein Grand Prix. Ich liege gut im Rennen, im vergangenen Jahr war ich unter den besten Acht der EM, nun muss ich die Punkte verteidigen. Ich muss bei der EM ein gutes Ergebnis erzielen – der Druck ist da.“
Ob russische Konkurrenz anreist, ist offen. Auf der von der FIE abgesegneten Liste zugelassener Fechterinnen und Fechter fehlen die als Offiziere und Unteroffiziere im Sold der in der Ukraine mordenden Armee stehenden russischen Fechtstars. Solange diese nicht antreten dürfen, hatte ihr Verband mitgeteilt, boykottiere man internationale Wettkämpfe.
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