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#Als Eintracht Frankfurt wie von einem anderen Stern spielte

„Als Eintracht Frankfurt wie von einem anderen Stern spielte“



Der FC Bayern gegen Eintracht Frankfurt – das war vor 30 Jahren ein Spitzenspiel. Über einen kurzen, aber prägenden Sommer des Frankfurter Höhenflugs.

Es läuft die 87. Minute im Frankfurter Stadion, als Jay-Jay Okocha den Ball im Strafraum des Karlsruher SC bekommt. Was der Nigerianer an diesem Augustabend im Jahr 1993 dann mit dem Ball anstellt, ist Bundesliga-Geschichte. Okocha schlägt einen Haken. Karlsruhes Torwart – ein gewisser Oliver Kahn – lässt sich mit der Finte nicht reinlegen. Noch nicht. Beim zweiten Haken des Frankfurters rutscht Kahn aus, landet auf dem Hosenboden. Mittlerweile sind Karlsruher Verteidiger hinzugekommen. Okocha lässt sie auch aussteigen, macht sie lächerlich.

Er schlägt einen dritten Haken, einen vierten. Und knallt den Ball schließlich vom Elfmeterpunkt aus in den Kasten. Es ist ein Jahrhunderttor, das vielleicht schönste der Frankfurter Bundesliga-Geschichte. Jörg Dahlmann, der die Zusammenfassung für den damals jungen Sender Sat.1 kommentiert, fordert die Zuschauer auf, sich von den Sitzen zu erheben, und spricht vom „Besten, was der Fußball zu bieten hat“. Am Ende gewinnt Frankfurt mit 3:1, es ist der fünfte Sieg im sechsten Spiel in dieser Saison. Keiner spielt schöner als die Eintracht, keiner schießt mehr Tore. Der Boulevard prägt die Zeile vom „Fußball 2000“, den die Hessen zelebrieren. Okochas damaliger Mitspieler Maurizio Gaudino muss lachen, als er heute, 30 Jahre später, auf die Szene angesprochen wird. „Wir dachten alle: Jetzt schieß doch endlich! Der hätte richtig Ärger mit uns bekommen, wenn der das Tor nicht gemacht hätte.“

Frankfurt hatte noch mit dem Tiefschlag der Saison 1992 zu kämpfen

So mancher denkt in diesen Tagen, in denen Frankfurt und die Bayern erstmals seit damals wieder an der Tabellenspitze stehen, an jene Tage zurück. Wenn die beiden Teams sich an diesem Samstagabend (18.30 Uhr, Sky) in München zum Spitzenspiel treffen, sind die Vorzeichen dennoch andere. Die Bayern des Jahres 1993 waren noch nicht so übermächtig, warteten damals seit drei Jahren auf einen Titel. Die Meisterschaft sollten zwischen 1990 und 1995 fünf verschiedene Klubs gewinnen. Die Frankfurter etwa hätten es beinahe 1992 geschafft und mussten die Schale in einem dramatischen Saisonfinish noch den Stuttgartern überlassen, für die Gaudino damals auflief.

Vieles sprach im Sommer 1993 dafür, dass die Hessen in dieser Spielzeit aber endlich dran sein würden. Der neue Trainer Klaus Toppmöller schaffte es, die Star-Truppe um Okocha, den ghanaischen Torjäger Anthony Yeboah, Gaudino und Weltmeister Uwe Bein zu einer Tormaschine zu formen. Toppmöller ist gerade mal 41, was damals für Trainer als blutjung gilt, erlebt seine erste Saison in der Bundesliga und liefert auch abseits des Platzes Schlagzeilen.

Klaus Toppmöller war zuletzt bis 2008 als Trainer von Georgien aktiv.

Foto: Ronald Wittek, dpa (Archivbild)

Klaus Toppmöller machte die Stars der Frankfurter Eintracht zu einer Tormaschine

Der ehemalige Torjäger des 1. FC Kaiserslautern holt zu Motivationszwecken einen Adler in die Kabine, tönt, dass ihm „niemand etwas erklären“ könne, wenn es um Fußball geht, und provoziert nach dem siebten Spieltag bereits den Münchner Platzhirsch: „Bye-bye, Bayern!“ Die Münchner hatten da gerade in Bremen verloren, während Frankfurt fünf Punkte vorne stand. Bei Gaudino ist sofort die Begeisterung zu spüren, wenn er über diese Zeit spricht: „Bei Uwe Bein musstest du einfach nur laufen. Ich wusste immer: Irgendwann wird der Ball zu mir kommen. Und bei Yeboah konntest du keinen Fehlpass spielen.“ 

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Einer der heute bekanntesten Fans der Frankfurter ist da gerade mal elf Jahre alt. Bastian Roth ist heute unter dem Namen „Basti Red“ bekannt. Der Podcaster betreibt einen Fußball-Blog über seinen Lieblingsklub. Und der heißt – na klar – „Fußball 2000“. An diesen magischen Sommer vor 30 Jahren hat er nicht nur positive Erinnerungen: „Das ist alles sehr zweischneidig. Auf der einen Seite gab es natürlich diesen tollen Fußball. Auf der anderen Seite war schon damals irgendwie klar: Das fliegt uns irgendwann um die Ohren.“ Irgendwann heißt in diesem Fall sogar: recht bald. Ende September reißt bei Tony Yeboah, mit neun Toren in neun Spielen der Top-Torjäger der Liga, das Innenband. Gaudino erinnert sich: „Das war bei einem Zusammenprall mit unserem eigenen Verteidiger. Das war ein Schock für uns.“ Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es Diskussionen darüber gegeben, ob Yeboah den damals gültigen Tor-Rekord von Gerd Müller knacken könnte. Es ist symptomatisch für die Eintracht, die als launische Diva der Bundesliga gilt: Im Zweifel machen es sich die Frankfurter selbst schwer. Und schon der Herbst wird ungemütlich für die Hessen, die in der Tabelle ordentlich Federn lassen. Die Herbstmeisterschaft holt der Klub noch, aber nur um in der Rückrunde durchgereicht zu werden. Im April muss Toppmöller gehen.

Maurizio Gaudino wechselte 1993 von Stuttgart zu Eintracht Frankfurt.

Foto: Wilfried Witters, Witters

Maurizio Gaudino über die 1993-Eintracht: „Wir haben uns selber geschlagen“

Auch das ist „Fußball 2000“, wie Bastian Roth sagt: „Das zeigt auch, was Frankfurt ist. In dem Verein gibt es nichts Normales, es ist entweder total geil oder schlimm. Insofern ist ‚Fußball 2000‘ schon mit einem Augenzwinkern versehen. Denn eigentlich war das der Anfang vom Ende.“ Auch bei Gaudino selbst ist die Erinnerung zwiegespalten: „Wenn wir so weitergespielt hätten, wären wir bis zum Schluss oben geblieben. Aber es ging bald um persönliche Eitelkeiten. Wir haben uns selber geschlagen.“ Tatsächlich sollte es in den kommenden Jahren steil bergab gehen. Jupp Heynckes, der anschließend als Trainer verpflichtet wurde, überwarf sich mit Okocha, Gaudino und Yeboah und legte allen nahe, den Klub zu verlassen – was sie auch taten. „Es gibt dieses Foto, das alle drei gefrustet am Trainingsplatz zeigt“, erinnert sich Roth. Gaudino meint, dass „heute alle Beteiligten mit der Situation besser umgehen würden, reifer“. Es sei um Kleinigkeiten gegangen, wegen denen man sich zerstritten hatte. „Es war ein bescheuerter Eklat.“ Wenig später steigt der Verein zum ersten Mal aus der Bundesliga ab, bis heute ging es viermal runter ins Unterhaus. Im Jahr 2000 kann sich der Klub gerade noch retten – nur um ein Jahr später wieder runterzumüssen.

Dass der Verein, der im Sommer 2022 die Europa League und 2018 den DFB-Pokal gewann, mittlerweile einen derartigen Höhenflug erfährt, sei deswegen umso wertvoller, so Roth. Vor allem die letzten Jahre waren ein einziger Rausch mit dem Klassenerhalt in der Relegation, dem Pokalsieg, den Europapokal-Nächten. Dass nun, 30 Jahre nach Okochas Tor, endlich wieder ein Spitzenduell mit den Bayern anstehe – ein Bonus. „Eigentlich hatten wir im Jahr 2020 jetzt unseren ‚Fußball 2000′“, so Roth. Es muss ja nicht gleich ein Tor mit vier Haken gegen Oliver Kahn sein.

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