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#Als Expat im Corona-Musterland

„Als Expat im Corona-Musterland“

Ende Juni 2021 war es endlich so weit. Nachdem Johannes Krause, seine Frau und ihre drei Kinder drei Jahre zuvor aus beruflichen Gründen den Umzug von Stuttgart in die taiwanische Hauptstadt Taipeh gewagt hatten, wollte die Familie nach langer Zeit mal wieder ihre Heimat besuchen. Im Bewusstsein, dass eine zwei Wochen lange Corona-Quarantäne in den eigenen vier Wänden nach ihrer Rückkehr nach Taiwan auf sie warten würde. Doch ausgerechnet während ihrer drei Tage in Stuttgart änderte die taiwanische Regierung die Regeln und ordnete nach der Rückkehr der Familie eine Hotelquarantäne an.

Konkret: Ein Taxifahrer, geschützt durch eine große Abtrennfolie im Auto, Maske und Handschuhe, brachte alle fünf nach einer Testung am Flughafen in ein 16 Quadratmeter großes Zimmer. Danach wurde ein Tisch als Blockade vor die Tür gestellt. „Nach der ersten Woche ist uns wirklich die Decke auf den Kopf gefallen. Das war brutal anstrengend“, erinnert sich Johannes Krause. Das Essen, das dreimal am Tag gebracht wurde, stellte den alltäglichen Höhepunkt dar. Immerhin: Eine Bekannte der Familie durfte Spielzeug vorbeibringen. Mit Bauklötzen, Youtube-Videos und Filmabenden schlug die Familie die Zeit tot. Nach den 14 Tagen war jedoch klar: „Darauf lassen wir uns kein zweites Mal ein“, sagt Krause per Whatsapp-Videoanruf, während er durch die Straßen Taipehs läuft. Seine Freiheit weiß er nun ganz anders zu schätzen.

Der Inselstaat Taiwan im Westpazifik direkt vor dem chinesischen Festland erregte in der Corona-Pandemie große Aufmerksamkeit: Von Beginn der Pandemie an bis zum 4. April 2021 wurden in Taiwan nur insgesamt 1047 Fälle identifiziert, umgerechnet also 4,55 Fälle je 100.000 Einwohner – und das ohne Lockdown. In Deutschland waren es im selben Zeitraum 3489 Fälle je 100.000 Einwohner und in den USA 9356. Heute, fast zweieinhalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie, erreicht der Inzidenzwert ein Rekordniveau nach dem anderen. Leben und arbeiten in der Corona-Pandemie als Entsendeter in Taiwan: Ist das also ein Traum oder eher ein Albtraum?

Dem Chef widersprechen? Das gehört sich nicht!

Tatsächlich führten die Krauses in der meisten Zeit ein weitgehend normales Leben. Johannes Krause, Ende 30, arbeitet für einen Energieversorger und nahm 2018 das Angebot seines Arbeitgebers an, für die Anbindung an das Taiwannetz verantwortlich zu sein und Lobbyarbeit für potentielle Wind-Offshore-Anlagen zu betreiben.

Schon ohne Corona ist das Expat-Leben ein Abenteuer. Schon der Umzug lief anders als geplant: Es dauerte acht Wochen, bis der Container mit dem Hab und Gut der Familie in ihrer neuen, 120 Quadratmeter großen Wohnung in einem Hochhaus im Norden Taipehs ankam. Ein kleiner Trost: „Meine Frau und ich mussten zwar auf einer Luftmatratze schlafen, aber immerhin ist der Blick auf den Nationalpark Yangmingshan schön“, sagt Krause.

Mehr noch: Eine fremde Sprache, ein komplett neues Umfeld und die höfliche Zurückhaltung vieler Taiwaner – an all das musste sich die Familie erst einmal gewöhnen. Gerade für die Kinder war der kulturelle Tapetenwechsel alles andere als einfach: Der heute vier Jahre alte Valentin besucht einen staatlichen Kindergarten, der acht Jahre alte Clemens eine staatliche Schule – und beide brauchten aufgrund der Sprachbarriere eine längere Zeit, um Anschluss zu finden. Leichter war es für die heute zehn Jahre alte Tochter von Krause: „Auf der Europäischen Schule von Marta waren auch deutsche Kinder, für sie war es deswegen etwas einfacher, Freunde zu finden“, sagt der Ingenieur. Seine Frau Elena, auch Ende 30, fand in Taiwan – vermutlich aufgrund fehlender Mandarinkenntnisse – gar keinen Job.

Ein hohes Konkurrenzdenken

Was für Krause zunächst befremdlich wirkte, war auch die aus seiner Sicht eher konservative Arbeitskultur. „Ein Taiwaner würde niemals vor der Gruppe dem Chef widersprechen oder dir direkt sagen, dass du einen Fehler gemacht hast“, sagt Krause. Was ihn ebenso zunächst irritierte: „Viele Taiwaner sagen bei einer Terminanfrage über Outlook unter Vorbehalt zu, meinen damit aber eigentlich eine Absage. Die Direktheit, die ich aus Stuttgart gewohnt bin, habe ich manchmal vermisst.“

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