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#An der Oder fürchten sie die zweite Welle

„An der Oder fürchten sie die zweite Welle“

Manchmal ist das Fischsterben weit weg. Dann nämlich, wenn Henry Schneider nicht daran denkt. Aber ir­gendwann kommt es wieder auf, in einem Gespräch oder weil ein Journalist fragt, so wie jetzt. Schneider sagt, es sei eigentlich schlau, sich ernste Gedanken zu machen: ob es für ihn noch tragbar ist, das Fa­milienunternehmen weiter zu betreiben. Nur: „Darüber nachzudenken ist belastend“, sagt er. „Und je näher es kommt, desto emotionaler ist es.“ Schneider weiß nicht, was noch alles auf ihn zukommen wird. Er weiß nur, dass das Fischsterben wieder passieren kann.

Der 43-Jährige ist Fischer an der Oder, er führt seine Fischerei in der fünften Familiengeneration. Wenn er davon spricht, dass „es“ näher kommt, meint er das Zusammenspiel, das im vergangenen Sommer das Leben in der Oder auf 500 Kilometern in weiten Teilen ausgelöscht hat. Eine gigantische giftige Algenblüte tötete Anfang August Schätzungen zufolge etwa 50 Prozent aller Fische und 80 Prozent aller Muscheln im Fluss. An­wohner und Helfer sammelten über Tage mehrere Hundert Tonnen Kadaver ein.

Die Oder hatte Pech damals. Die Prymnesium parvum ist eine Brackwasser-Alge und nicht heimisch in Flüssen. Wind muss die Mikroalge von der Ostsee in die Oder getragen haben. Normalerweise überlebt eine solche Alge nicht, wenn sie nicht im Meer landet. Aber in der Oder waren die Bedingungen bestens: Der Fluss hatte Niedrigwasser aufgrund der Hitze, dazu war er gestaut, flussaufwärts in Polen liegen viele Staustufen. Und es war Salz im Fluss. Viel zu viel Salz aus Einleitungen der polnischen Industrie.

Die Fischer haben sich das Fischen selbst verboten

Rund sieben Monate sind seither vergangen. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um nachzufragen: Wie geht es den Menschen, die vom Fluss leben, inzwischen? Doch Menschen wie Schneider denken über die Katastrophe nicht in der Vergangenheitsform. Sie ist für sie drohende Zu­kunft. Man muss sie viel eher fragen: Wie bereiten sie sich darauf vor? Und warum müssen sie das überhaupt, ist das Zusammenspiel doch geklärt?

Henry Schneiders Anlegestelle: Über den Brieskower See fährt er auf die Oder.


Henry Schneiders Anlegestelle: Über den Brieskower See fährt er auf die Oder.
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Bild: Julia Zimmermann

 „Wir hätten nie gedacht, dass so was passiert. Eher hätte ich gedacht, die Oder trocknet aus“, sagt Schneider. Seine Fischerei liegt in Brieskow-Finkenheerd, ein paar Kilometer südlich von Frankfurt (Oder) am Brieskower See, der in die Oder mündet. Wäre das Fischsterben nicht gewesen, wäre Schneider jetzt draußen auf dem Wasser. Doch die Fischer gehen seitdem fast nicht mehr raus. „Das Schlimme ist, man kann nichts machen“, erklärt er. „Wenn mein Auto kaputt ist, gehe ich in eine Werkstatt, und die repariert es, ganz einfach. Hier kann ich nichts machen. Hier ist die Politik gefragt.“ Schneider vergleicht den Fluss gern mit Eigentum, und das passt, denn nach selbständigem Fischereirecht darf er auf 175 Kilometern der Oder fischen – zumindest bis zur deutsch-polnischen Grenze mitten im Fluss; den Fischern ist dieser unsichtbare Übergang heilig.

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