Nachrichten

#Antwerpen kämpft gegen die Drogen

„Antwerpen kämpft gegen die Drogen“

Nirgendwo in Europa wurde im Vorjahr mehr Kokain be­schlagnahmt als im Hafen von Antwerpen. Es waren 110 Tonnen, wie der belgische Zoll meldete – wieder ein neuer Rekord. Der Marktwert lag bei etwa acht Milliarden Euro. Jahr für Jahr steigt die Menge sprunghaft an, 2013 waren es noch 4,7 Tonnen. Das andere große Einfallstor für Ko­kain, Rotterdam, hat der belgische Ha­­fen längst überholt, dort waren es 50 Tonnen. Verliert Belgien den Kampf gegen die organisierte Kriminalität – oder sind die Funde schon das Resultat eines ­härteren Vorgehens der Behörden?

Thomas Gutschker

Politischer Korrespondent für die Europäische Union, die Nato und die Benelux-Länder mit Sitz in Brüssel.

Am Dienstag machte sich Ylva Johansson, die EU-Innenkommis­sarin, selbst ein Bild von der Lage in Antwerpen, und sie versuchte gar nicht erst, das Problem kleinzureden. „Die Gefahr, der wir heute durch organisierte Kriminalität ausgesetzt sind, ist so groß wie die Bedrohung durch den Terrorismus“, sagte die Schwedin. Die Korruption, die Un­terwanderung der Wirtschaft, die Straßenkriminalität und die steigende Unsicherheit – all das sei ein „ge­fährliches Gift“ für die Gesellschaft. Johansson erinnerte an den Fall ei­nes elf Jahre alten Mädchens, das Anfang Januar versehentlich in Antwerpen erschossen worden war – das erste Todesopfer in einer langen Reihe gewaltsamer Attacken zwischen kriminellen Banden, die die Stadt seit Monaten in Atem halten.

Die belgische Innenministerin Annelies Verlinden, die Johansson begleitete, hob dagegen die Anstrengungen der Regierung im Kampf gegen Rauschgiftkriminalität hervor. Derzeit werden jedes Jahr 40.000 Container, die in Antwerpen an­kommen, mit speziellen Scannern auf Rauschgift untersucht. Das sind zehn Prozent der Lieferungen mit ho­hem Risiko, was sich aus der Herkunft ergibt: Südamerika, besonders Ecuador, Kolumbien und Panama, wo das meiste Kokain produziert oder verschifft wird. Der belgische Zoll hat fünf weitere Scanner ge­kauft, die im ersten Halbjahr 2024 erwartet werden. Damit soll es dann möglich sein, alle Hochrisiko-Con­tainer zu kontrollieren.

Besonderes „Screening“ am Hafen

Auch das Personal im Hafen soll einem besonderen „Screening“ un­terzogen werden. Organisierte Banden bestechen Mitarbeiter mit hohen Summen, sogar beim Zoll selbst, um das Rauschgift zu exfiltrieren, bevor Container überprüft oder an ihre Endkunden ausgeliefert werden. Fachleute sagen, dass Antwerpen da­für besonders anfällig sei, weil – an­ders als in Rotterdam – die Automatisierung noch nicht so weit fortgeschritten sei. Im vorigen Jahr seien 135 Personen festgenommen worden, sagte Innenministerin Verlinden, die den Gangs im Hafen ge­holfen haben sollen. Verbessert werden soll auch die Überwachung des gesamten Hafengebiets mit Kameras, die Personen biometrisch identifizieren können. Das Gelände umfasst eine Fläche von 120 Quadratkilo­metern, so groß wie die Stadt Kiel.

Der belgische Justizminister ­Vin­cent Van Quickenborne glaubt, dass die Mafiastrukturen zerschlagen werden können, wenn es gelänge, 20 Prozent des Kokains zu beschlagnahmen, nach seiner Rechnung 220 bis 250 Tonnen. Dass sich die Menge schon in den vergangenen zwei Jahren fast verdoppelt hat, hängt auch mit den Ermittlungen gegen den Kryptodienst SkyECC zusammen. Im März 2021 waren internationale Er­mittler gegen den Anbieter vor­ge­gangen, nachdem sie zuvor live mitverfolgen konnten, wie Nachrichten zwischen Kriminellen ausgetauscht wurden. Allein 6000 Benutzer hielten sich in Belgien auf, die meisten im Umfeld des Hafens von Antwerpen. Die belgische Polizei nahm bisher 1400 Personen fest und beschlagnahme 110 Millionen Euro.

Johansson und Verlinden kündigten an, dass sie Ende Februar gemeinsam nach Ecuador und Kolumbien reisen und dort Vereinbarungen über eine engere Zusammenarbeit der Be­hörden schließen wollen. Die Kommissarin verwies auf die erfolgreiche Kooperation mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ende November hatten Ermittler dort und in vier EU-Staaten, darunter Belgien, ein „Super-Kartell“ zerschlagen, das ein Drittel des Kokainhandels in Europa kontrolliert haben soll. In Dubai wurden sechs Personen verhaftet, die als „Hochwertziele“ eingestuft waren. Al­lerdings ließ Verlinden erkennen, dass sie da durchaus noch Raum für eine engere Zusammenarbeit sieht. Was sei der Wert all der Anstrengungen, fragte sie rhetorisch, „wenn Tonnen von Kokain in Südamerika in Container verladen werden und ­rei­che ­Drogenbarone ihre Luxusleben weiter ungestört in Dubai verbringen ­können“.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!