Arminia Bielefeld ist bereit für Bayer Leverkusen

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Mensch Mitch: Wo immer Michél Kniat helfen oder mit anpacken kann, ist der mit Vornamen nur „Mitch“ genannte Rheinländer aus Eschweiler bei Aachen gern zu Diensten. So hat der 39 Jahre alte und 1,91 Meter lange Cheftrainer des Drittligavierten Arminia Bielefeld schon mehrmals Fußballfans, die ihren Zug zu verpassen drohten, vom Stadion zum Bahnhof gefahren oder den Tagungsraum nach der jüngsten Mitgliederversammlung des größten ostwestfälischen Klubs nebst anderen Arminen aufgeräumt.
„Da kann ich doch nicht sagen, das sollen andere machen, weil ich hier der Cheftrainer bin“, sagt Kniat über seine Hilfsbereitschaft auch jenseits des Fußballplatzes.
Dass die Fußballkarriere dieses meist fröhlichen, schlagfertigen Mannes als sperriger Innenverteidiger zwischen 2004 und 2017 in den Gefilden zwischen anfangs drittklassiger Regionalliga wie beim KFC Uerdingen und schließlich fünftklassiger Bremen Liga als Spielertrainer des Blumenthaler SV verlief, hat gewiss dazu beigetragen, dass sich Kniat seine Bodenständigkeit und Unmissverständlichkeit im Reden und Handeln bis heute bewahrt hat.
Bereits vier höherklassige Teams besiegt
Der aufstrebende Trainer mit der Prolizenz der Europäischen Fußballunion kommt einem Job in der zweiten Bundesliga näher, ist doch der von der obersten Klasse bis in die dritte Liga abgestürzte DSC Arminia auf einem guten Weg, vielleicht schon zum Ende dieser Spielzeit den Aufstieg schaffen zu können.
Das wäre dann das zweite Meisterstück des Trainers, der an diesem Dienstag mitsamt seinen Spielern vor einem weiteren Highlight im DFB-Pokalwettbewerb steht: Nach vier Heimsiegen über das Zweitligateam von Hannover 96 (2:0) und die Erstligamannschaften von Union Berlin (2:0), dem SC Freiburg (3:1) und Werder Bremen (2:1) startet die Arminia im Halbfinale nach einer eher missglückten Drittliga-Generalprobe beim 2:2 gegen die zweite Mannschaft von Hannover 96 zur Gipfeletappe auf der mit rund 26.000 Zuschauern ausverkauften Bielefelder Alm: dem Duell mit dem deutschen Meister und derzeitigen Bundesliga-Zweiten Bayer 04 Leverkusen (20.45 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zum DFB-Pokal, in der ARD und bei Sky).
Kniat: „Längst nicht mehr naiv“
Kniat lässt sich auch angesichts dieses kaum besiegbaren Gegners seinen Optimismus nicht nehmen. „Ich weiß ja“, sagt der Coach gegenüber der F.A.Z., „dass Leverkusen von hundert Spielen neunundneunzig gewinnen wird, aber ich gehe mal davon aus, dass das eine Spiel genau das nächste sein wird.“

Angst kennt dieser Vorarbeiter seiner in dieser Pokalsaison furchtlosen Mannschaft nicht. Seine Spieler, hebt Kniat hervor, seien „längst nicht mehr naiv“. Warum nicht? „Du darfst nicht einfach einem Gegenspieler hinterherlaufen, auch wenn er höherklassig Fußball spielt. Du musst immer das Ziel haben, den Ball zu erobern und als nächstes ein Tor zu erzielen.“
Klingt simpel, hat aber schon oft geklappt. Auch deshalb sagt Kniat: „Wenn der erstklassige Kollege zehn oder fünfzehn Meter läuft, müssen meine Spieler vielleicht zwanzig Meter laufen, um auf dessen Niveau zu kommen. Wir sind uns jedenfalls nie zu schade, diese zehn oder zwanzig Meter mehr zu machen.“
Das Ziel „ist in uns drin“
Kniats Faustpfand ist auch der in fast jedem Auftritt der jungen Bielefelder Mannschaft spürbare Zusammenhalt in seinem ambitionierten Ensemble. „Das Ziel, Pokalspiele zu gewinnen und möglichst hochzugehen, haben wir alle“, hebt der Trainer hervor, „das ist in uns drin.“
Kniat weiß aber auch, dass seine relativ jungen Profis, unter denen der Torwart Jonas Kerken, Linksverteidiger Louis Oppie und die Mittelfeldmotoriker Stefano Russo und Marius Wörl herausragen, „ihr Maximum erst in drei oder vier Jahren über eine lange Saison erreichen können. Jetzt gibt es noch Schwankungen.“ Sichtbar im Drittligaalltag, nicht aber im Pokalwettbewerb, in dem die Arminen ihr Topformat bisher jedes Mal erreichen konnten.
Kniat, im Sommer 2023 vom ostwestfälischen Klassenkonkurrenten SC Verl gekommen, war robust genug, sein schweres erstes Drittligajahr zu überstehen, in dem ein neu zusammengestellter Kader bis zum vorletzten Spieltag um den Klassenverbleib kämpfen musste. Heute sagt er: „Einem Verein, der krisenhafte Jahre hinter sich hat, wieder auf die Beine zu helfen, ist cool. Wenn wir mit dieser Mannschaft aufsteigen sollten, weiß ich auch, dass der DSC Arminia in der zweiten Liga eine gute Rolle spielen kann.“
Cheftrainer als „pausenlos Dazulernender“
Der Menschenfänger mit der rheinischen Frohnatur, der aber auch mal dazwischenfunkt, wenn sich einige seiner loyalen Gefolgsleute hängen lassen, lebt seine Maxime vor: „Du musst im Fußball mit Spaß trainieren, sonst verlierst du deinen Kopf und hast keinen Bock mehr auf das Spiel.“ Dazu weiß Kniat, dass auch er noch immer ein „pausenlos Dazulernender“ ist. Seine Schwächen seien glücklicherweise die „Stärken“ seines Trainerteams, das virtuos mit den Möglichkeiten der digitalen Technik umzugehen versteht.
Kniat aber gibt zu, „bis heute kein Laptop bedienen und keine Videoanalyse im Detail vorbereiten“ zu können. „Ich gucke mir lieber Fußballspiele live an, ehe ich fünfzehn Begegnungen auf dem Monitor sehe.“ Ohne seine Kollegen, sagt der Cheftrainer ein wenig kokett, „wäre ich ein Trainer in der Kreisliga“. Das wäre aber schade bei all dem praktischen wie theoretischen Know-how, das sich dieser entscheidungsfreudige Lebenskünstler ohne die ultimative Expertenattitüde längst angeeignet hat.
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