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#Auf dem schwankenden Hochseil der Gefühle

Auf dem schwankenden Hochseil der Gefühle

Nach über einem Jahr Corona, in dem die Theater fast durchgängig geschlossen waren, kann ich nur sagen: Sie haben gefehlt. Und zugleich muss ich feststellen, dass sie in keinem guten Zustand sind. Sie haben gefehlt, weil die Gesellschaft dringend Räume braucht, in denen sie ihre Probleme anders als in der toxischen Öffentlichkeit der sozialen Netzwerke verhandeln kann. Die Realität ist kompliziert und widersprüchlich, und darum braucht es eine Kunst der Darstellung, die dieser Komplexität gewachsen ist. Doch leider ist der Zustand der Theater bedenklich, weil in den Debatten, die die Theatermacher gerade mit sich selbst führen, dieselben groben Werkzeugen verwendet werden wie in den Auseinandersetzungen der dauererregten Öffentlichkeit. Die Theaterleute sprechen über ihre Häuser, als säßen sie in einem Oberseminar „Postkolonialismus“ und müssten zugleich in einem Sweatshop in Bangladesch arbeiten.

Aus der berechtigten Frage, wie fair die Arbeitsbedingungen sind, entstehen Generalangriffe, bei denen man den Eindruck bekommt, dass die deutschen Theater ein Hotspot des Rassismus sind, in dem Hungerlöhne bezahlt werden. Um diese Übertreibungen ein wenig zu mildern, könnte es hilfreich sein, die verschiedenen Dimensionen der Theaterproduktion auseinanderzuhalten. Die erste Dimension betrifft die Organisation des Theaters und ist vergleichbar mit den Regeln in anderen Betrieben. Es gibt keinen Grund, dass der Theaterbetrieb in Werkstätten, Verwaltung, Dramaturgie oder Leitung mit autoritärem Geschrei geführt wird. Ein Klima der Angst, wie es am Berliner Gorki Theater öffentlich wurde, ist falsch. Wer versucht, übergriffiges Verhalten mit der Freiheit der Kunst zu entschuldigen, missbraucht diese mühsam erkämpfte Freiheit, um charakterliche Fehler des Leitungspersonals zu verschleiern. Um das zu erkennen, braucht es aber keine besonders raffinierten Theorien, es würde das alltägliche Verständnis von Fairness und Mut ausreichen, um gegen übergriffige Situationen die Stimme zu erheben. Dass dieser Mut manchmal jahrelang auf sich warten lässt, ist ein Ausweis falscher Hierarchien und leider ein Armutszeugnis für die Emanzipation innerhalb der Theaterbetriebe. Hier gibt es also viel zu tun.

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