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#Aufstieg einer glühenden Trumpistin

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Aufstieg einer glühenden Trumpistin

Elise Stefanik hatte keinen Platz in der oberen Reihe erhalten. Die Impeachment-Anhörungen im Repräsentantenhaus im Herbst des Jahres 2019 fanden im größten Ausschusssaal Washingtons statt. In der hinteren, erhöhten Reihe saßen die Spitzen beider Fraktionen. Die vordere Reihe befand sich indes auf der Ebene des Publikums. Hier saß die damals 35 Jahre junge Abgeordnete und verfolgte, wie ihre männlichen Kollegen Adam Schiff, dem Chefermittler der Demokraten, nicht nur eine Kampagne gegen Donald Trump vorwarfen, sondern auch die Verletzung parlamentarischer Regeln.

Doch auch Stefanik konnte die Aufmerksamkeit Trumps, der die Ermittlungen gegen ihn vom Oval Office aus verfolgte, auf sich lenken. „Sie unterbrechen nun zum fünften Mal eine demokratisch gewählte Abgeordnete“, ging sie den Ausschussvorsitzenden Schiff an, der ihr das Wort entzogen hatte. Stefanik sprach laut, gestikulierte wild und formulierte scharf. Als Trump wenige Wochen später vom Senat freigesprochen wurde, lud er zu einer prächtigen Feierstunde ins Weiße Haus ein. Auch Stefanik war geladen. Triumphierend spendete der Präsident Lob für all jene, die sich für ihn starkgemacht hatten. Die Angesprochenen mussten währenddessen aufstehen. Über Stefanik, die mit ihrem knallroten Kleid aus der Männerriege herausragte, sagte er: „Elise! Mir war ja schon früher aufgefallen, dass du Talent hast.“ Was er aber erst jetzt wisse: „Wenn du deinen Mund aufmachst, gibt es keine Überlebenden!“ Stefanik strahlte.

Die Republikaner haben sich gewandelt

Das ist noch keine eineinhalb Jahre her. Trump hat die Abgeordnete nicht vergessen. Seit Wochen hat der frühere Präsident vom Bundesstaat Florida aus daran gearbeitet, Liz Cheney, seine Intimfeindin in Washington, zu stürzen. Nun, da er Kevin McCarthy, den Führer der Minderheitsfraktion, dazu gebracht hat, die Nummer drei in seinen Reihen abzusetzen, soll Stefanik deren Führungsposition erhalten. Trump hatte sich schon in der vergangenen Woche für sie ausgesprochen, da sie ein „starker und kluger Kommunikator“ sei.

Nun folgte auch McCarthy. Am Mittwoch könnte der Wechsel erfolgen. Dem Minderheitsführer blieb keine Wahl. Die vergangenen Tage waren eine Machtdemonstration Trumps: Er führt die Fraktion; die Mehrheit der Abgeordneten folgt seiner Ansicht, dass ihm der Wahlsieg „gestohlen“ worden sei. Auch McCarthy, der nach der Erstürmung des Kapitols durch Trumps Mob kurzzeitig zu ihm auf Distanz gegangen war, redet ihm nun wieder nach dem Mund. Wer es wagt, zu widersprechen, wie Cheney, die Tochter des früheren Vizepräsidenten, die ihre Partei aus den Fängen des Populisten befreien will, wird erledigt.

Die Republikaner haben sich gewandelt. Die Abgeordnete Stefanik aus dem Bundesstaat New York auch. Sie war noch vor fünf Jahren eine moderate Republikanerin, typisch für den Nordosten Amerikas. Die Tochter eines Holzhändlers aus Albany zählte zu jenen Republikanern, die 2016 entsetzt waren, als Trump aus den Vorwahlen siegreich hervorging. Sie hatte den moderaten John Kasich unterstützt. Sie vermied es, Trumps Namen in den Mund zu nehmen, und sprach stets nur „vom Kandidaten meiner Partei“. Im Jahr 2014 hatte sie erstmals ein Abgeordnetenmandat errungen – mit 30 Jahren als damals jüngste Frau, die in den Kongress gewählt wurde. Stefanik galt als neues Gesicht ihrer Partei – als unideologisch, modern und wählbar für Zentristen. Sie hat Politikwissenschaft in Harvard studiert und unter Präsident George W. Bush einige Zeit für dessen stellvertretenden Stabschef im Weißen Haus gearbeitet.

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In ihrer Fraktion schloss sich Stefanik 2015 dem moderaten Flügel an. Das Abstimmungsverhalten Cheneys, das Interessengruppen genau analysieren, war deutlich konservativer als das Stefaniks. Wie konnte die junge Frau sich in so kurzer Zeit zu einer glühenden Trumpistin wandeln, die in Interviews geradezu wortgleich Formulierungen des früheren Präsidenten verwendet?

Eine Antwort erhält man in ihrem Wahlkreis im Norden des Bundesstaats New York. Die Gegend am Ontariosee, die an Kanada und Vermont grenzt, war lange Zeit eine typische Wechselwählerregion. Der Wahlkreis ist ländlich und kleinstädtisch geprägt. Barack Obama gewann hier zweimal, Trump aber auch. Stefanik errang im November des vergangenen Jahres ihren vierten aufeinanderfolgenden Wahlsieg – nach einer langen Phase, in der die Demokraten den Kongressabgeordneten stellten.

Wie sehr sich die republikanische Wählerschaft auch im nördlichen New York in den vergangenen Jahren verändert hat, wurde im Wahlkampf deutlich, als es auf dem Ontariosee zu „boat rallys“ kam, bei denen sich Hunderte Besitzer kleinerer Boote zu Trump-Kundgebungen auf dem Wasser versammelten. Stefanik folgt ihrer Wählerschaft. Cheney ist da konservativer. Sie sagt, es sei es nicht wert, im Fraktionsvorstand zu bleiben, wenn dies bedeute, Trumps Lügen verbreiten zu müssen.

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